Tanz mit mir - Roman
rief sie. »Ich habe eine Überraschung für Sie!«
»Die habe ich schon gesehen«, erwiderte Katie.
Angelica starrte sie überrascht an. »Tatsächlich?«
»Ja, ich habe es durch die Glastür hindurch gesehen – Sie haben mit einem Mann getanzt.«
»Das ist ein Teil der Überraschung«, erklärte sie, erholte sich von ihrem Schreck und lockte Katie mit dem Zeigefinger heran. »Der erste Teil ist aber dies hier.« Sie ging beschwingt zu den Stühlen hinüber und griff nach einer gelben Selfridges-Tüte. »Ich denke, dass es allmählich an der Zeit ist, Ihren Tangounterricht auf eine neue Ebene zu heben, da Sie nun die Grundschritte alle beherrschen. Zuallererst möchte ich, dass Sie kurz in die Toilette verschwinden und dieses Kleid anziehen.«
»Noch ein Kleid?«, fragte Katie ungläubig und dachte an das atemberaubende schwarze, über und über mit Glitzersteinen besetzte Kleid, das immer noch in ihrem Kleiderschrank hing
und neben all ihren eintönigen, düsteren Büroanzügen wie ein gefangener Schmetterling wirkte. »Aber Sie waren schon viel zu großzügig zu mir. Ich dachte …«
Angelica schüttelte den Kopf. »Nein, das andere Kleid ist für das, was wir hier machen, viel zu theatralisch. Der Schnitt dieses Kleides hier ist viel erotischer, und man kann sich einfacher darin bewegen. Los, gehen Sie schon und probieren Sie es an!«
»Aber was ist mit diesem Mann?«, fragte Katie und nahm die Tüte nervös entgegen. »Muss ich mit ihm tanzen? Ich bin nämlich nicht sicher, ob …«
»Sie sind nicht mein einziger Tanzschüler«, entgegnete Angelica streng. »Und jetzt ab mit Ihnen!« Sie tippte mit dem Zeigefinger demonstrativ auf ihre Armbanduhr.
Zögerlich machte sich Katie auf den Weg in die eiskalten Toiletten.
Wenn alle Stricke reißen sollten, könnte ich immer noch den Gemeinderat dazu überreden, den Saal an Filmcrews zu vermieten, dachte Katie, als sie den Blick über die mit Spinnweben überzogenen Rohre und Leitungen schweifen ließ, die an den Wänden entlangliefen. Sogar die Klempnerarbeiten waren mit Stil und einem Auge fürs Detail verrichtet worden, und der einheitliche blaugraue Anstrich tat der Eleganz keinen Abbruch.
In der Plastiktüte wirkte das Kleid nicht besonders groß, sondern eher wie ein Hauch von schwarzem Jerseystoff. Als Katie es über den Kopf streifte, glitt es über ihren Körper und saß perfekt an Schultern und Hüften. Der tiefe V-Ausschnitt vorn schmeichelte ihrem hellen Hals und den Rundungen ihrer Schultern.
Katie betrachtete sich im Spiegel und war halb überrascht, halb erschrocken darüber, wie sinnlich sich das Kleid an ihren Körper schmiegte und das bisschen, was sie an Kurven zu bieten hatte, zur Geltung brachte. Der Stoff war schwer, hob
sich aber dennoch, als sie sich umdrehte, um im Spiegel den gleichen tiefen V-Ausschnitt auf dem Rücken zu betrachten.
Das Kleid flog so sexy hoch, dass Katie sich noch in die andere Richtung drehte, nur um zu sehen, wie es sich anfühlte. Und es fühlte sich phantastisch an, wie der Stoff immer wieder ihre Knie sanft berührte. Deshalb drehte sie sich noch einmal in die andere Richtung, lugte neckisch über die Schulter zurück und betrachtete ihr Spiegelbild.
Eine temperamentvollere Katie blickte ihr entgegen. Vor Überraschung hätte sie fast lachen müssen.
In der Tüte befand sich außerdem eine Haarspange mit einer großen roten Seidenblume, mit der Katie die eine Seite ihres Ponys zurücksteckte. Im Saal hatte die Musik wieder eingesetzt, und nach einem letzten Blick in den Spiegel (woher hatte sie bloß all die Kurven?) stolzierte sie aus der Toilette. Sie nahm eine vollkommen andere Haltung an, damit das Bäuchlein, das noch von Jacks Geburt stammte, nicht mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde als ihre Schultern.
Angelica klatschte begeistert, als sie sie erblickte, obwohl Katie noch etwas anderes in ihrem Gesicht entdeckte – einen Schatten dessen, was sie vor Katie zu verbergen versuchte. Doch es musste eine sehr starke Gefühlsregung sein, da sie in ihrem Blick klar zu erkennen war, obwohl ihre roten Lippen wohlwollend lächelten.
»Sie sehen umwerfend aus!«, rief sie. »Umwerfend! Dieses Tangokleid gehört von nun an Ihnen.«
»Aber das kann ich doch nicht …«
Angelica winkte ab. »Ich trenne mich gerade von einigen meiner alten Kleider. Ich habe schon für Lauren eine ganze Kiste mit Kleidern gepackt, mit denen sie sich herausputzen kann. Aber, wie ich schon gesagt habe, ich kann Ihnen
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