Tanz mit mir - Roman
verstaubten Fensterrollos. Sie stellte sich vor, wie es wohl zu Hause aussah.
Hannah würde durch das Haus laufen und einen großen
Wirbel darum machen, welche Schuhe sie für die Schule anziehen sollte. Jack würde wahrscheinlich umherwanken und lautstark fordern, im Auto in seinen Kindersitz gesetzt zu werden. Er liebte es, im Auto zu sitzen. Katie hätte die beiden am liebsten in die Arme geschlossen.
»Hallo?«, meldete sich Ross. Er klang nervös, und sobald sie seine Stimme hörte, war aller Zauber mit einem Schlag verschwunden.
»Hi, ich bin’s«, antwortete sie.
»Stimmt etwas nicht?«
»Nein … nein, ich wollte einfach nur …« Katie schluckte. »Ich wollte nur fragen, ob alles in Ordnung ist.«
»Alles bestens «, erwiderte Ross und klang ein wenig verärgert. »Ich bin gerade dabei, die Kinder fertig zu machen, um Hannah in die Schule zu bringen und Jack … Hannah! Hannah, leg das sofort wieder hin! Ja, sofort! Was ist denn, Katie? Was habe ich denn jetzt schon wieder vergessen?«
Oh nein, dachte sie, während ihr das Herz ganz schwer wurde. Er denkt, ich will ihn kontrollieren.
»Nichts«, antwortete sie. »Ich wollte einfach nur sagen …«
… wie dankbar ich dir dafür bin, dass du unseren Kindern zeigst, wie sehr wir sie lieben? Wie sehr ich mir wünschte, bei euch zu sein? Wie leid es mir tut, so eine dumme Kuh zu sein?
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Katie eine Bewegung hinter der Glastür und drehte sich mit ihrem Schreibtischstuhl herum. Jemand ging den Flur entlang und kam auf ihr Büro zu, wobei sich die Schritte verlangsamten, je näher sie kamen.
Eddie Hardings fettes, rundes Gesicht tauchte in der Tür auf, und er zwinkerte ihr mit seinem Glubschauge zu. »Privatgespräch?«, schien sein Gesichtsausdruck ganz deutlich zu fragen.
Sobald sich ihre Blicke trafen, legte sich in Katies Kopf ein Hebel um, und sie wechselte in den Kate-Arbeitsmodus. Sie
hatte gelernt, die Gedanken an zu Hause einfach abzuschalten und sich stattdessen auf die vor ihr liegende Aufgabe und deren Erledigung zu konzentrieren.
» Was wolltest du sagen?«, fragte Ross abgelenkt. »Hannah, geh sofort von dem Wasserkessel weg! Ich habe dir schon einmal gesagt, dass …«
»Hör mal, es tut mir leid, es ist gerade ganz schlecht, ich rufe dich später noch einmal an«, erklärte Katie und legte auf. »Guten Morgen, Eddie«, fuhr sie fort.
»Ihnen auch einen wunderschönen Morgen, Kate«, erwiderte Eddie. Er versuchte, eine mitfühlende Miene aufzusetzen, doch Kate ließ sich nicht täuschen. »Ist Ihr Baby krank?«
»Nein, ich wollte nur gleich zu Beginn eine Nachricht an die Rechtsabteilung weiterleiten«, erklärte sie und hantierte geschäftig mit ein paar Papieren. »Ich denke, beim Bau des Einkaufszentrums könnte es ein Problem geben mit einem Pachtgrundstück. Und was die Sozialwohnungen angeht …«
»Darüber würde ich mir nicht allzu viele Gedanken machen«, entgegnete Eddie zuversichtlich. »Bezüglich eines Enteignungsbeschlusses habe ich schon ein wenig meine Muskeln spielen lassen. Schließlich geht es ja hier bei der finanziellen Unterstützung nicht nur um ein paar Kröten, nicht wahr?« Er tippte an seine fettig glänzende Nase.
Katie wurde übel – und der Grund war nicht allein der zu starke Kaffee.
Wenn du dieses Projekt gut und gründlich erledigst, versprach sie sich, wirst du schnell befördert und kannst Eddie Hardings schleimigen Fängen entkommen.
Nur eine Straßenecke von Katies Büro entfernt, legte Lauren gerade die Patientenakten für die Termine dieses Morgens bereit und versuchte, sich keine Sorgen darüber zu machen,
dass Mrs. Carlyle, die erste Patientin des heutigen Tages, schon wieder wegen ihres Fußes kam, obwohl sie erst letzten Freitag bei Dr. Carthy gewesen war. Sie wollte versuchen, daran zu denken, kurz vor Beginn der Sprechstunde um neun Uhr vor der Eingangstür nachzusehen, falls die Patientin dort schon warten sollte. Mit einem schmerzenden Fuß wollte niemand gern im kalten Wind stehen.
Lauren arbeitete zwar erst seit einem Jahr in der Aufnahme der Longhampton Park Surgery, doch schon in dieser kurzen Zeit hatte sie die Praxis in einen fröhlicheren Ort verwandelt, auch wenn man krank war.
An ihrem ersten Tag hatte sie schon vor der Mittagspause einen Teil von Dr. Carthys Pflichten übernommen. Seine Computerkenntnisse beschränkten sich darauf, den Rechner anzustellen und wieder herunterzufahren, wenn der Computer nicht tat, was er wollte. Die
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