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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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das für Firmen? Und wer sind all diese Männer? Turofsky, Turgov, Turlington, Turek? »Turk«, stellt Amanda fest, als der Name unvermittelt aus den Tiefen ihres Bewusstseins auftaucht. »Turk«, wiederholt sie, und diesmal explodiert der Name auf ihrer Zungenspitze. »Verdammt, ich weiß, dass du das bist.« Der Mann, mit dem sich der echte John Mallins eingelassen hatte, bevor er verschwunden war. »Was machst du hier?«
    Amanda späht zwischen die schmalen Leisten des Bühnenbodens, um zu sehen, ob sich dahinter ein weiteres Geheimnis verbirgt. Doch der Zwischenraum ist zu eng und dunkel, um irgendetwas zu sehen, und auch heftiges Schütteln zeitigt keine Ergebnisse. »Was soll’s«, meint sie und schlägt das Holzteil mit Wucht gegen die Tischkante, sodass es in zwei Teile zerbricht. Aus den Resten der Puppenbühne ragt eine Ecke glänzenden Papiers, das Amanda, behutsam darauf bedacht, es nicht zu zerreißen, herauszieht und umdreht. »Gütiger Gott, was ist das?«, keucht sie und sinkt auf den von Splittern übersäten Teppich zurück.
    Was Amanda sieht, ist ein Foto.
    Und auch wenn dieses Foto verblasst, zerkratzt und zerknittert ist, ist das Motiv doch unverkennbar. Es ist das Bild eines Mannes mit einem kleinen Mädchen auf dem Schoß. Beide lächeln glücklich, als hätten sie einen Witz gemacht, den nur sie verstehen. Der Mann ist der Mann, den ihre Mutter erschossen hat. Das Mädchen ist seine Tochter Hope.
    Was macht ihre Mutter mit diesem Bild? Wie ist es in ihren Besitz gekommen? Wie lange hat sie es schon versteckt?
    Dem Anschein nach ist das Foto mindestens drei oder vier Jahre alt. Hope ist etwa neun oder zehn, obwohl ihr Gesicht sich kaum verändert hat, wie Amanda vor ein paar Tagen feststellen konnte: dieselben dunklen Haare, dieselben stechenden Augen. Ihr Vater sieht dünner und besser aus als auf dem in der Zeitung veröffentlichten Passfoto, obwohl ein Knick im Papier seine Wange teilt wie eine Narbe.
    »Turk?«, fragt Amanda das lächelnde Gesicht. »Das bist doch du, oder nicht?«
    Sein Lächeln scheint breiter zu werden, als wollte er sie verhöhnen.
    Was stimmt nicht mit diesem Bild, fragt sich Amanda.
    »Ich werde es herausfinden, darauf kannst du dich verlassen«, erklärt sie dem Foto und mustert es ein weiteres Mal ergebnislos auf mögliche Hinweise. Es ist, was es ist: ein Vater und seine Tochter, die unter einem großen Baum in irgendeinem Garten sitzen; ihre Kleidung ist sommerlich, aber unscheinbar; es gibt keine erkennbaren Gebäude im Hintergrund, keine seltenen Blumen vor ihren Füßen, und der blaue Himmel könnte überall sein. »Ich werde herausfinden, wer du bist, egal ob du dich George Turgov, Rodney Turek, Milton Turlington, Walter Turofsky oder sonst wie nennst. Ich werde herausfinden, was du mit John Mallins gemacht hast. Und ich werde herausfinden, wie meine Mutter an dieses Foto gekommen ist«, erklärt sie mit einer Entschlossenheit, die sie selber erstaunt. »Und wenn es mich umbringt.«

24
    Keine fünf Minuten später hat sich Amanda zu dem violetten Pullover eine schwarze Jeans angezogen und hastet, die Handtasche über die Schulter geworfen, das Handy am Ohr, die Treppe hinunter. »Geh dran, verdammt«, murmelt sie und hantiert in der Halle umständlich mit ihren Stiefeln herum. »Los, Ben, ich hab nicht die ganze Nacht Zeit.«
    Nach dem vierten Klingeln wird ihr Anruf abgenommen.
    »Hallo?«, fragt eine verschlafene Stimme. Eine Frauenstimme, wie Amanda schlagartig klar wird, und ein frischer Schub Adrenalin überdeckt das leichte Stechen der Enttäuschung.
    »Hi, Jennifer. Tut mir Leid, dass ich so spät noch anrufe. Ich muss Ben sprechen.«
    »Wer ist da?«
    »Hier ist Amanda«, erwiderte sie. Ohne ihre Verärgerung zu kaschieren. Was ist los mit der Frau? Wer sollte Ben um diese Zeit sonst anrufen?
    »Wer?«
    »Hol mir einfach Ben an das verdammte Telefon, Jennifer. Dies ist ein Notfall.«
    »Sie möchten Ben und Jennifer sprechen? Wollen Sie mich verarschen?«, und dann ist die Verbindung unterbrochen.
    »Ben und Jennifer – Scheiße!«, brüllt Amanda in die folgende Stille, während in ihrem Kopf ungewollt Bilder des einst berüchtigten Hollywood-Paares aufflackern. »Oh, das ist perfekt. Perfekt.« Sie wischt die Bilder mit einer Handbewegung beiseite, wählt erneut, diesmal besonders sorgfältig darauf bedacht, die richtige Nummer einzutippen, wobei sie allerdings die Vorwahl vergisst – vor acht Jahren musste man für ein Ortsgespräch noch keine

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