Tanz, Pueppchen, Tanz
zusammengewürfelter
Haufen – ein alter jüdischer Rentner sitzt eingeklemmt zwischen zwei schwarzen Frauen mittleren Alters, ein glatt rasierter Lateinamerikaner mit Anzug und Krawatte neben einem jungen Mann mit Pferdeschwanz, Jeans und T-Shirt, eine schwarze Frau mit weißen Haaren hinter einer weißen Frau mit schwarzen Haaren; Korpulente und Schlanke, Beflissene und Blasierte. Und alle haben eins gemeinsam – die Verachtung in ihrem Blick, als sie von den Fotos zu dem Angeklagten schauen.
»Was geschah, nachdem er Sie gebissen hat?«
Caroline Fletcher blickt zögernd auf ihre Füße. »Er hat mich auf den Rücken gedreht und Sex mit mir gehabt.«
»Er hat Sie vergewaltigt?«, formuliert der Ankläger ihre Antwort sorgfältig um.
»Jawohl. Er hat mich vergewaltigt.«
»Er hat Sie vergewaltigt«, wiederholt Tyrone King. »Und was dann?«
»Als er fertig war, hab ich im Salon angerufen und gesagt, dass ich ein bisschen später kommen würde, und er hat mir das Telefon aus der Hand gerissen und es mir an den Kopf geworfen.«
Was zum Anklagepunkt des Angriffs mit einer tödlichen Waffe geführt hat, denkt Amanda und schreibt eine ernst gemeinte Frage unter ihre Einkaufsliste. Sie haben den Salon angerufen und nicht die Polizei?
»Er hat Ihnen das Telefon an den Kopf geworden?«, wiederholt der Ankläger in einer Art, die schnell zur ermüdenden Marotte wird.
»Ja. Es hat mich seitlich am Kopf getroffen und ist dann auf den Boden gefallen und zerbrochen.«
»Was geschah danach?«
»Ich habe mich umgezogen und bin zur Arbeit gegangen. Er hat mir das Kleid zerrissen«, erinnert sie die Geschworenen. »Also musste ich mich umziehen.«
»Und haben Sie die Vorfälle der Polizei gemeldet?«
»Jawohl.«
»Wann war das?«
»Ein paar Tage später. Er fing wieder an, mich zu schlagen, und ich hab ihm gesagt, wenn er nicht aufhören würde, würde ich zur Polizei gehen, und er hat nicht aufgehört, also habe ich es getan.«
»Was haben Sie der Polizei erzählt?«
Caroline Fletcher wirkt verwirrt. »Na, was der Beamte Ihnen schon erzählt hat.« Sie meint Sergeant Dan Peterson, den Zeugen vor ihr, einen Mann, der derartig kurzsichtig ist, dass sein Gesicht beinahe während der gesamten Zeugenaussage buchstäblich in seinen Notizen verschwunden war.
»Sie haben ihm von der Vergewaltigung berichtet?«
»Ich hab ihm erzählt, dass Derek und ich gestritten haben, dass Derek mich immer schlägt und so, und dann hat er ein paar Fotos gemacht.«
Tyrone King hebt seine langen, eleganten Finger und bedeutet seiner Zeugin, eine Pause zu machen, in der er etliche weitere Fotos findet, die er Caroline Fletcher zeigt. »Sind das die Fotos, die der Polizeibeamte gemacht hat?«
Caroline verzieht das Gesicht, als sie die verschiedenen Bilder betrachtet. Ziemlich überzeugend, denkt Amanda und fragt sich, ob ihre Aussage einstudiert ist. Haben Sie keine Angst, Gefühle zu zeigen, kann sie Tyrone King mit seinem verführerischen Bariton förmlich flüstern hören. Die Sympathie der Geschworenen ist entscheidend.
Amanda blickt in ihren Schoß und versucht, die Fotos mit den Augen eines Geschworenen zu sehen. Nichts allzu Vernichtendes. Ein paar Kratzer auf der Wange der Frau, die auch die tastenden Finger ihrer kleinen Tochter hinterlassen haben könnten, ein kleine rote Stelle an ihrem Kinn, ein verblassender violetter Fleck am Oberarm, den man sich bei allem Möglichen hätte zuziehen können. Kaum der Stoff für eine schwere Körperverletzung. Nichts, was ihren Mandanten direkt belastet.
»Und dann hab ich ihm erzählt, dass Derek mich gebissen hat«, fährt Caroline unaufgefordert fort. »Und er hat Fotos von meinem Rücken gemacht und mich gefragt, ob Derek mich auch sexuell genötigt hätte, und ich habe gesagt, ich wüsste nicht so genau.«
»Sie wussten nicht so genau?«
»Nun, wir waren seit drei Jahren zusammen. Wir hatten ein Baby. Ich war mir über meine Rechte nicht im Klaren, bis Sergeant Peterson sie mir erklärt hat.«
»Und dann haben Sie beschlossen, Anzeige gegen Derek Clemens zu erstatten?«
»Ja. Ich habe also Anzeige erstattet, und die Polizei hat mich nach Hause gefahren, und dann haben sie Derek verhaftet.«
Ein Telefonklingeln unterbricht die natürliche Geräuschkulisse im Raum. Eine Melodie ertönt. Camptown ladies sing dis song – Doodah ! Doodah . Und dann noch einmal. Camptown ladies sing dis song …
Amanda blickt zu der Handtasche neben ihren Füßen. Sie hat ihr Handy doch bestimmt
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