Tanz, Pueppchen, Tanz
Verbindung zwischen Ihrem Mann und meiner … Mandantin gibt.« Amanda streicht sich das Haar hinter die Ohren und hüstelt in ihre Hand.
»Es gab keine Verbindung«, stellt Hayley Mallins nachdrücklich fest.
»Was hat Ihr Mann denn geschäftlich gemacht?«
»Er hatte einen kleinen Laden. Zigaretten, Süßigkeiten, Zeitschriften und so.«
»In London?«
»Nein. In Sutton.«
»In Sutton?« Amanda versucht angestrengt, den Ort auf der Karte der britischen Inseln zu lokalisieren, die sich vor ihrem inneren Auge aufrollt, und verflucht sich stumm für alle geschwänzten Erdkundestunden in der High School.
»Das ist eine kleine Stadt nördlich von Nottingham, im Norden von London«, fährt Hayley fort, weil sie vermutlich Amandas leeren Gesichtsausdruck bemerkt hat.
»Und dafür musste Ihr Mann nach Toronto reisen?«
»Nein«, gibt Hayley nach einer Pause zu. »Es war privat.«
»Privat?«
»Familiär.«
»Er hat hier Verwandte?«
»Hatte«, korrigiert Hayley. »Seine Mutter. Sie ist kürzlich gestorben, und John wollte ihren Nachlass regeln.«
»Seine Mutter war Kanadierin?«
Die Frage scheint Hayley zu verwirren. »Ich glaube schon.«
»Das wissen Sie nicht?«
»Wir haben uns nie persönlich kennen gelernt.«
»Wie lange waren Sie verheiratet?«, fragt Amanda, bemüht, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen.
»Zweiundzwanzig Jahre.«
»Da haben Sie aber sehr jung geheiratet.«
»Mag sein.«
»Ihr Mann ist also hergekommen, um den Nachlass seiner Mutter zu regeln, und hat seine Familie mitgebracht«, sagt Amanda.
»Er hat uns nicht gern allein zurückgelassen.«
»Er hat die Kinder aus der Schule genommen.«
Hayley schüttelt den Kopf. »Die Kinder werden zu Hause unterrichtet.«
»Ist das nicht eine Menge Arbeit für Sie?«
»Nein. Es macht mir Freude.«
Amanda nickt verständnisvoll, obwohl sie Mütter, denen ihre Kinder Freude machen, beim besten Willen nicht verstehen kann. »Also gut«, sagt sie, in dem Versuch, die wenigen ihr bekannten Fakten zusammenzufügen. »Sie und Ihre Kinder haben Ihren Mann nach Toronto begleitet, um Urlaub zu machen, während er den Nachlass seiner Mutter regelte.«
»Genau.«
»Und wer war sein hiesiger Ansprechpartner?«
»Sein Ansprechpartner?«
»Kennen Sie den Namen des Anwalts, mit dem er zu tun hatte?«
»Nein.«
»Und seit der Tat hat niemand Kontakt mit Ihnen aufgenommen?«
Hayley schüttelt den Kopf. Eine Strähne ihres schwarzen seidigen Haars verfängt sich an ihrer markanten Unterlippe und bleibt dort kleben, ohne dass Hayley Anstalten macht, sie aus dem Gesicht zu streichen.
»Wie lange waren Sie schon in der Stadt, bevor Ihr Mann erschossen wurde?«
»Nur ein paar Tage.«
»Hatte Ihr Mann in dieser Zeit Besucher?«
»Nein.«
»Hat er mit irgendwem telefoniert?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Hat er je eine Frau namens Gwen Price erwähnt?«
Das bisschen Farbe, das in Hayleys Gesicht zurückgekehrt war, verschwindet gleich wieder. »Nein.«
»Auch in England hat er sie nie erwähnt?«
»Nein. Nie.«
»Sie war keine Gestalt aus seiner Vergangenheit?«
»Mein Mann hatte keine nennenswerte Vergangenheit«, beharrt Hayley, und ihre Stimme klingt fester, als sie seit Öffnen der Tür je geklungen hat. »Seine Eltern haben sich scheiden lassen, als er noch sehr klein war, und er ist im Alter von vier Jahren mit seinem Vater nach England gezogen.«
»Und er ist nie zurückgekehrt, um seine Mutter zu besuchen?«
»Nein.«
Amanda nickt. Dass ein Kind kein Bedürfnis hat, seine Mutter zu besuchen, ist schließlich etwas, was sie versteht.
»Und Sie sind sich vollkommen sicher, dass er nie jemanden namens Gwen Price erwähnt hat?«
»Vollkommen sicher.«
»Und trotzdem hat sie ihn erschossen.«
»Ja.«
»Können Sie sich irgendeinen Grund dafür vorstellen?«
Hayley schüttelt den Kopf so heftig, dass sich die Strähne wieder von ihrer Lippe löst. »Nun, sie ist offensichtlich verrückt.«
»Glauben Sie, sie leidet unter Wahnvorstellungen?«
»Welche andere Erklärung gibt es? Man läuft doch nicht rum und erschießt einfach wildfremde Menschen.«
Genau, denkt Amanda. »Wo waren Sie am Tag vor der Ermordung Ihres Mannes, Mrs. Mallins?«, fragt sie, unvermittelt einen Gang hoch schaltend.
»Was?« Amanda weiß, dass Hayley die Frage verstanden hat und mit ihrem »Was?« lediglich Zeit schinden will, in der sie sich eine Antwort überlegen kann. »Ich habe gefragt, wo Sie und Ihre Familie am Tag vor der Ermordung
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