Tanz, Pueppchen, Tanz
Gemeinsame Freunde haben sie vor einem Jahr zusammengebracht, und was soll ich sagen? Der Rest ist …«
»Sag es nicht.«
Sie lachen, unbefangen diesmal.
»Kann ich bei dir wohnen?« Die Frage ist über Amandas Lippen, bevor sie Zeit hat, über mögliche Konsequenzen nachzudenken.
»Was?«
»Es wäre nur für ein paar Tage. Bis wir wissen, was los ist. Ich weiß nicht, Ben. Es kommt mir irgendwie logisch vor.«
»Es ist kein bisschen logisch.«
»Ich schlage ja gar nicht vor, dass wir miteinander schlafen«, fährt Amanda rasch fort. »Ich würde natürlich auf der Couch schlafen. Und mich verkrümeln, wenn Jennifer …«
»Du kannst nicht bei mir bleiben, Amanda.«
Amanda nickt in stummem Einverständnis. Er hat Recht. Natürlich hat er Recht.
»Ich kann eine der Sekretärinnen in der Kanzlei nach einem Hotelzimmer für dich herumtelefonieren lassen. Vielleicht ist sogar hier etwas frei«, fügt Ben mit einem Blick zur Halle des angrenzenden Hotels hinzu.
»Nein, das ist schon okay. Ich bin ja ein großes Mädchen. Ich bin sicher, ich finde alleine etwas.«
»Ich glaube, es wäre einfach nicht klug, wenn du bei mir wohnen würdest.«
»Natürlich. Das verstehe ich. Du hast vollkommen Recht. Es war eine ganz schlechte Idee.«
»Aber eine interessante«, gibt er nach kurzer Pause zu.
»Fand ich auch.«
»Vielleicht können wir …«
»Ben!«, ruft plötzlich eine Frau.
Amanda spürt neben sich das Geraschel von Kleidung, riecht den überwältigenden Duft eines Parfüms auf Limonenbasis und sieht, als sie sich umdreht, eine attraktive Frau in einem grünen Mantel, die Ben auf die Wange küsst. Dabei fällt ihr kinnlanges braunes Haar auf ihre hohen, ausgeprägten Wangenknochen.
»Bist du schon fertig bei Gericht?«, fragt die Frau mit rauer tiefer Stimme.
»Und ob ich fertig bin.«
»Der Richter hat eine Kaution abgelehnt?«
»Der Richter hatte gar keine Chance.«
Die Frau lächelt, als würde sie verstehen, und richtet ihren eindringlichen Blick auf Amanda. Ihre Augen haben die gleiche Farbe wie mein Kaffee, denkt Amanda, die weiß, dass dies Jennifer ist, bevor Ben sie bekannt gemacht hat.
»Jennifer Grimes, ich möchte dir Amanda Travis vorstellen«, hört sie ihn sagen, während sie beiläufig die Einzelheiten des Gesichts der Frau registriert – die dunklen Augen, die lange Adlernase, die korallenfarbenen Lippen. »Die Tochter von Gwen Price.«
»Und Bens Ex-Frau.« Amanda streckt die Hand aus.
»Für den Fall, dass er vergessen hat, das zu erwähnen.«
Enttäuschenderweise ergreift Jennifer ihre Hand und schüttelt sie lebhaft. »Hat er nicht. Tut mir Leid, dass wir uns unter diesen Umständen kennen lernen.«
»Es ist eine schwierige Zeit«, sagt Amanda. »Wollen Sie sich nicht setzen?«
Jennifer Grimes winkt zwei Kollegen zu, die an einem Tisch bei der Tür sitzen. »Ich bin gleich bei euch«, erklärt sie ihnen, zieht sich von einem Nachbartisch einen Stuhl heran und zwängt sich an den Zweiertisch. »Gut, dass ich dich treffe. Ich konnte ein paar der Dinge in Erfahrung bringen, nach denen du mich gestern Abend gefragt hast.« Mit einem Seitenblick zu Amanda fügt sie hinzu: »Wir waren auf einer grässlich langweiligen Party. Hat er Ihnen das erzählt?«
»Er hat gesagt, es wäre zu langweilig gewesen, um darüber zu reden«, erwidert Amanda lächelnd.
Jennifers dunkle Augen werden weit, und sie wendet sich wieder Ben zu. »Offenbar liegt jetzt der vorläufige Obduktionsbericht für John Mallins vor.«
»Und?«, fragen Amanda und Ben unisono.
»Es gibt eine Reihe interessanter Ergebnisse.«
»Inwiefern?«, fragt Ben.
»Was heißt ›interessant‹?«, fragt Amanda gleichzeitig.
»Nun, sie liefern keinen endgültigen Aufschluss, deshalb sind weitere Untersuchungen notwendig.«
»Was heißt ›interessant‹?«, fragt Amanda noch einmal.
»Nun, zum einen scheint unser Mr. Mallins älter zu sein als zunächst angenommen.«
»Wie viel älter?«
»Zehn, vielleicht fünfzehn Jahre, nach seinen inneren Organen zu urteilen.«
Ben sieht Amanda an. »Womit er ungefähr …«
»… genauso alt wäre wie meine Mutter«, vollendet Amanda seinen Gedanken.
»Ist das relevant?«, fragt Jennifer.
Sie zucken beide die Achseln.
»Da ist noch mehr.«
»Erzähl.«
»Nun, offenbar hat sich unser Mr. Mallins einer plastischen Operation unterzogen.«
»Was für eine plastische Operation denn?«
»Er hat sich die Nase richten und das Gesicht straffen lassen. Beides offenbar schon
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