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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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zu uns kommen könnten? Sie schaffen es immer so wunderbar, sie zu beruhigen.«
    Das Lob tat Matheus gut. Außerdem half er der Nachbarin gern, es war ein leicht zu erlangendes Erfolgserlebnis. Ihre alte Mutter sprach tatsächlich gut auf ihn an. Aber er dachte daran, wie sich Cäcilie in der leeren Wohnung fühlen würde. Er ließ sie mitten in einem schwierigen Gespräch zurück, aufgewühlt und seelenwund. »Heute Abend kann ich nicht helfen«, sagte er. »Meine Frau braucht mich. Ich komme morgen und erkundige mich, ob es besser geworden ist, ja?«
    Vor Verdatterung wusste Frau Bodewell nichts zu antworten. Sie nickte bloß.
    Er schloss die Tür und kehrte zu Cäcilie zurück.
    »Danke«, sagte sie.
    »Zeig mir noch mal den Brief.« Er nahm ihn ihr aus der Hand und las:
    Cäcilie,
    es gibt ein Dokument, das du unterschrieben hast. Ich gebe dir vier Wochen Zeit für das Gespräch mit deinem Vater. Du wirst Ergebnisse liefern. Andernfalls ergeht es dir schlecht. Auch ich muss mich an gewisse Regeln halten. L.
    »Ich hasse ihn«, sagte sie.
    »Reagier einfach nicht darauf.«
    »Matheus, ich hatte diesen Brief in der Jackentasche! Er kann sich jederzeit an mich anschleichen! Soll ich den Rest meines Lebens in der Wohnung bleiben?«
    »Wir wenden uns an die Polizei. Die stellen ihm eine Falle und fangen ihn.«
    »Ich habe Angst.« Cäcilie griff sich an den Hals. »Ich war dabei, als er einen Mann erschossen hat. Wenn er merkt, dass wir ihn hintergehen –«
    »Er hat was getan?«, unterbrach er sie.
    »Einen Mann erschossen. Im Rettungsboot hat er eine Pistole gezückt und einem Mann, der auf uns zuschwamm, direkt ins Gesicht geschossen.« Sie erschauderte. »Meinst du«, flüsterte sie, »dass er uns irgendwie belauscht?«
    »Wir können uns doch nicht von ihm erpressen lassen!«
    »Vielleicht lässt er von mir ab, wenn ich ihm geliefert habe, was er haben will.«
    »Das ist eine Sache für die Polizei, Cäcilie.«
    »Und was sage ich denen? Dass mich ein englischer Agent bedroht, weil ich zugesagt habe, den Hofbankier des Kaisers auszuspionieren?«
    Sie schwiegen. Streiten wir uns schon wieder?, dachte Matheus. Sein Inneres verknotete sich vor Sorge. Beide gaben sich Mühe: Er hatte neue Pantoffeln gekauft, weil Cäcilie sich über die alten, löcherigen immer geärgert hatte. Gleich in den ersten Tagen nach ihrer Rückkehr hatte er zudem einige Aufgaben in der Kirchenge meinde abgegeben, obwohl man ihn stürmisch begrüßt und seine Rückkehr als Wunder gefeiert hatte. Cäcilie ihrerseits machte ihm keine Vorwürfe mehr, wenn er abends spät vom Bibelkreis heimkam, im Gegenteil, sie fragte ihn interessiert, wie es gelaufen sei. Außerdem hatte sie begonnen, Stellenanzeigen zu lesen, und würde nächste Woche zu einem Vorstellungsgespräch im Allgemeinen Deutschen Automobil-Club gehen, um womöglich künftig im Berliner Hauptquartier als Empfangsdame zu arbeiten. »Dann kann ich mir ab und an ohne schlechtes Gewissen ein Kleid kaufen«, hatte sie gesagt und versucht, dabei nicht vorwurfsvoll zu klingen.
    Dadurch, dass sie sich so anstrengten, büßte ihre Ehe allerdings auch an Leichtigkeit ein. Er hoffte, dass nach einiger Zeit die Anspannung einer neuen Vertrautheit weichen würde.
    Seine Scham war bereits zurückgekehrt, auch wenn Cäcilie ihn mit Samthandschuhen anfasste. Er schämte sich für die schäbigen Sessel im Wohnzimmer und für die Gardine, die er noch als Junggeselle gebraucht gekauft hatte. Er schämte sich für seinen schlaffen, untrainierten Körper, obwohl Cäcilie vorgab, mit ihm zufrieden zu sein. Lyman hatte sie zweifellos mit seinem durchtrainierten Männerkörper in Versuchung gebracht. Andere Männer gingen zum Fechten oder zum Turnen in den Park. Sie stählten ihre Muskeln, sie boten den Frauen eine feste Schulter zum Anlehnen. Er aber konnte sich zu keiner Sportart überwinden, weil ihn Sport langweilte und ihm wie eine Zeitverschwendung erschien.
    Was, fragte er sich, wenn es gar nicht an ihr liegt, sondern an mir? Warum kann ich mich nicht akzeptieren? Liebe deinen Nächs ten wie dich selbst, hieß es in der Bibel. Seine Nächsten konnte er lieben, aber sich selbst, da haperte es. Vielleicht war allein er schuld an ihrer Ehekrise. Und auch das war einer dieser Gedanken, die er nicht haben sollte. Weshalb mache ich mich ständig selbst nieder?, dachte er.
    Nele fiel ihm ein. Sie hätte eine gute Antwort gewusst.
    Cäcilie sagte: »Ich weiß, wie ich es mache: Ich gehe zu Vater und

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