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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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schlafenden Mann einen Eisklumpen ins Bett. Der fuhr schreiend hoch, während der andere sich schlapp lachte. Cäcilie fuhr bei jedem seiner Schreie zusammen.
    »Hier ist es«, sagte Matheus. Er klopfte. Es dauerte eine Weile, dann kam Nele im Nachthemd an die Tür. Sie sah aus wie eine Prinzessin im langen Kleid. »Wir suchen Samuel«, sagte er, »hast du ihn gesehen?«
    Die beiden Frauen musterten sich. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sie sich nie begegnet wären. Seine Schuld so klar vor sich stehen zu sehen und Nele trotz aller Gewissensbisse weiter zu begehren, beschämte ihn. Er sah Cäcilie an, wie sehr sie gekränkt war.
    »Tut mir leid«, sagte Nele. »Hier ist er nicht.«
    »Dann wird er mit Adam unterwegs sein. Entschuldige die Störung.«
    »Sie sind also Nele«, sagte Cäcilie.
    »Und Sie sind Cäcilie.« Die Frauen sahen sich an, ohne zu lächeln.
    Er sagte: »Komm, wir müssen Samuel finden.«
    Cäcilie nickte.
    Er warf Nele einen kurzen Blick zu. Sich zu entschuldigen, dass er mit Cäcilie hier aufgetaucht war, wagte er nicht. Er nahm Cäcilies Arm und zog sie fort und lauschte dabei, ob er hinter sich das Schließen der Tür hörte. Nele sah ihnen noch lange nach, die Tür schloss sich erst spät.
    Beinahe wäre Matheus in einen Mann hineingelaufen, der ihm laut fluchend entgegenkam. »Bitte verzeihen Sie«, sagte Matheus. Da erst bemerkte er die nassen Hosenbeine und nassen Schuhe des Mannes. »Wo kommen Sie her?«
    »Hab meine Kabine im Zwischendeck. Bei mir ist Wasser unter der Tür reingelaufen. Bis ich mich endlich angezogen hatte, war ich nass. Jetzt spült es durch die ganze Kabine. Ich geh mich beschweren.«
    »Wie bitte?«
    Diesmal war es Cäcilie, die ihn weiterzog. »Samuel könnte schon wieder bei uns sein, vielleicht war er nur kurz draußen, und als er zurückgekommen ist, waren wir weg. Was macht er, wenn er vor der verschlossenen Tür sitzt, was denkt er sich? Musstest du denn unbedingt abschließen?«
    »Hast du das gehört? Bei dem fließt Wasser in die Kabine!«
    »Vielleicht ist durch den Zusammenprall eine Leitung beschädigt worden.«
    Ja, so musste es sein. Ein defektes Rohr. Wenn die Titanic ein Leck hätte, würden viel mehr Menschen durch die Gänge laufen, und es gäbe einen Alarm.
    Sie betraten ihren Flur, der menschenleer war. Durch die Türen des Speisesaals konnten sie sehen, wie die Kellner die Tische fürs Frühstück deckten. Matheus schloss die Kabine auf in der unsinni gen Hoffnung, Samuel dort vorzufinden. Konnte es nicht sein, dass ein Steward ihn mit einem Zweitschlüssel hineingelassen hatte?
    Aber er war nicht in der Kabine. »Was jetzt?«, hauchte Cäcilie.
    Matheus nahm sie in den Arm. »Ich glaube, er wünscht sich, dass wir uns um ihn Sorgen machen. Deshalb ist er weggelaufen. Wenn er zurückkommt, schimpfen wir nicht mit ihm, einverstanden? Wir entschuldigen uns für unsere Streiterei und sagen ihm, dass alles wieder gut wird.«
    Sie drückte ihr Gesicht an seine Brust. »Ich würde das gern glauben.«
    Eine laute Stimme rief im Flur: »Alle Passagiere mit Schwimmweste an Deck!« Jemand schlug gegen die Türen. Auch gegen ihre Tür wurde gehämmert.
    Entsetzt sahen sie sich an. Er sagte: »Den Befehl habe ich schon einmal gehört, damals im Mittelmeer.«
    »Vielleicht ist es nur eine Vorsichtsmaßnahme«, sagte Cäcilie.
    Stumm holte er die Schwimmwesten aus dem Kleiderschrank. Sein Herz schlug in einem wilden Galopp. Der Mann mit der nas sen Hose. Die Eissplitter. Jetzt sollten sie alle an Deck kommen. »Erst den Mantel«, sagte er.
    Sie zogen sich warm an. Dann half er Cäcilie, ihre Weste anzulegen, das Loch für den Kopf war groß, aber die zwölf Korkklötze, die in das Segeltuch eingenäht waren, fügten sich nur widerwillig an ihren schlanken Körper. Er schob die Weste zurecht und verschnürte ihre Bänder vor Cäcilies Brust.
    Auch seine eigene Weste legte er an und verknotete die Bänder. Er nahm Samuels Weste heraus. »Sie schicken alle nach draußen. Samuel hört das auch.«
    »Und wenn er trotzdem hierherkommt? Weil er seine Schwimmweste holen will oder weil er uns sucht?«
    »Möglich, dass er das macht.« Aus seinen Vortragsunterlagen fischte Matheus einen Zettel heraus und schrieb darauf:
    Samuel, wir sind auf dem Bootsdeck beim vierten Schornstein. Komm bitte hinauf. Wir haben dich lieb. Papa
    Dann malte er vier Schornsteine, die sich nach hinten zum Heck neigten, und zeichnete einen Pfeil an den vierten und zwei Strichfiguren, Mama und

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