Tapas zum Abendbrot
GroÃfamilie meine, sondern meine Mutter, ihren Freund und meine drei Brüder. Der eine besorgt Musikanlage, Boxen und Lichtmaschine, der nächste optimiert die Playlist auf meinem Computer, sie kümmern sich um Beamer und Leinwand, besorgen Bierbänke, Geschirr und Sonnenschirme für das Mittagessen am Samstag und haben sich sogar bereit erklärt, für die 25 Spanier zu kochen. 25 Portionen Pasta, 25 Portionen Obstsalat. Meine Mutter hat mit mir ausgiebig besprochen, aus welchen Blumen mein Brautstrauà bestehen soll, und sie hat die Einkaufsliste für das samstägliche Essen abgearbeitet. Ständig überlege ich, ob ich ihnen zu viel zumute â schlieÃlich hat meine Mutter Urlaub, es sind ihre Sommerferien, die sie eigentlich immer geruhsam in ihrem Garten zu verbringen pflegt. Stattdessen beschere ich meiner ganzen Familie in diesem Jahr puren Organisationsstress. Mir tut das irgendwie leid â was Roberto ja überhaupt nicht verstehen kann. Ist doch selbstverständlich, dass eine Familie so etwas tut! SchlieÃlich geht es hier um das gröÃte Familienfest überhaupt! Da freut man sich doch drauf, in solchen Vorbereitungen schwelgen Mütter voller Glücksgefühl! Spanische Mütter jedenfalls. Meine aber kommt aus Norddeutschland und hat ganz gerne ihre Ruhe. Für sie bedeutet so eine Feier neben all der Freude auch Anstrengung. Das muss sie gar nicht laut sagen, das weià ich.
Auf dem Bildschirm vor mir blinkt das Skype-Fenster orangefarben auf. Nicole hat geschrieben: »Gibtâs was Neues von den Fluglotsen?«
Ach, die Fluglotsen. Die hatte ich ja schon fast vergessen! Ich teile Nicole also mit, dass sowohl die Fluglotsen als auch das Wetter sich gegen mich verschworen hätten â der Streik steht immer noch als Androhung im Raum.
MARIKE80: Es hilft nur eins: abwarten. Aber wie gehtâs dir denn? Deine SMS neulich klang nach Untergangsstimmung â¦
NICOLE_IN_DENMARK: Ach, mittlerweile ist schon wieder alles viel besser. Habe mir heute ein neues Büro angeguckt. Absolut super. Die machen so richtig auf Gemeinschaft, gehen zusammen Mittag essen und trinken abends Bierchen. Das wäre so super, wenn die mich nehmen würden.
MARIKE80: Bestimmt!!!
NICOLE_IN_DENMARK: Und wie gehtâs der Weddingplannerin?
MARIKE80: Oh, die Vorbereitungen sind sehr erhellend. Ich lerne jeden Tag was Neues über die Spanier. :-)
NICOLE_IN_DENMARK: Und ich habe mich mit Morten gestern schon wieder über die Arbeitszeiten gezofft. :-( Die Leute hier in Dänemark haben da einfach eine völlig andere Erwartungshaltung.
MARIKE80: Inwiefern?
NICOLE_IN_DENMARK: Die werden hier von ihren Chefs total verhätschelt. Für Morten ist es völlig normal, um drei, halb vier Feierabend zu machen. Und dann kann er es natürlich überhaupt nicht verstehen, dass ich noch arbeiten muss.
MARIKE80: Luxusprobleme!
NICOLE_IN _DENMARK: Erklär mal einem Dänen, dass du morgen einen wichtigen Abgabetermin hast und deshalb den ganzen Abend arbeiten musst â da schüttelt der nur den Kopf.
MARIKE80: Da bin ich ja beruhigt, dass nicht nur Spanier ihre Macken haben ⦠:-)
NICOLE_IN_DENMARK: Die sagen hier alle ständig: »Diese deutschen Arbeitnehmer, die haben eine richtige Sklavenmentalität. Die lassen sich alles gefallen.« Wenn ich früher bei der Zeitung sonntags arbeiten musste, konnte Morten gar nicht fassen, dass ich dafür nicht mindestens den doppelten Lohn bekomme. Bei ihm ist das so.
MARIKE80: Neid! Ich sag nur: Andere Länder, andere Sitten. Erinnere dich mal an die Sache mit dem Südafrikaner und dem BlumenstrauÃ!
NICOLE_IN_DENMARK: Ach, diese Geschichte von deiner Freundin Katharina?
Normal kann mich mal
Die Anekdote mit dem Blumenstrauà geht so: Katharina, die seit sieben Jahren mit einem Südafrikaner zusammen ist, liebt Blumen über alles. Die beiden lebten damals in Südafrika, und Katharina wünschte sich, dass ihr Freund ihr ab und zu einen schönen Strauà mitbringen würde. Das machte er aber nie. Sie war ein bisschen traurig, weil er nicht von allein auf die Idee kam, ihr diese Freude zu bereiten. Aber dann dachte sie: Männer können nun mal schlecht zwischen den Zeilen lesen. »Bring mir doch mal Blumen mit«, sagte sie deshalb eines Tages. »Ich mag das.« Er ging dann tatsächlich in einen Blumenladen â und kam mit einem faden Strauà schon fast
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