Tapas zum Abendbrot
ersten Mal begegnen. Michaela arbeitet damals mit StraÃenkindern in Nairobi und in der Küche einer groÃen Missionsstation. Ihre Tage sind anstrengend, nicht nur wegen des Jobs, sondern auch, weil sie sich täglich gegen Heiratsangebote wehren muss. Michaela hat dunkelblonde lange Haare und ein strahlendes Lachen. Sie ist schlank und einfach zu nett, um die Verehrer effizient abzuwimmeln. Ständig laufen ihr Männer hinterher, und wenn sie ihnen eine Abfuhr erteilt, dann fragen sie, ob sie noch eine Schwester habe, die vielleicht heiratswilliger sei. Michaela ist genervt.
Aber bei diesem Mann, an diesem Sonntag, da ist das anders. Als sie nach dem Kirchengottesdienst mit Jackson ins Gespräch kommt und er fragt, wie er sie denn erreichen könne, gibt sie ihm tatsächlich ihre Handynummer. Das hat sie noch nie getan. »Ich war sofort verliebt«, gesteht Michaela. »Vom ersten Tag an, vom ersten Mal, als ich ihn gesehen habe.«
Als Jackson sie am nächsten Tag besucht, macht er ihr einen Heiratsantrag. Aber sie findet das nicht komisch. Er ist der erste Mann, bei dem sie sich vorstellen kann, Ja zu sagen. Was Michaela sich damals nicht vorstellen kann: dass es geschlagene sechs Jahre dauern würde, bis es endlich so weit ist.
Michaela setzt sich nämlich zwei Dinge in den Kopf, die für sie Voraussetzung sind, um Jackson zu heiraten.
Erstens soll er vor der Hochzeit ihre Heimat, ihr Leben kennenlernen.
Zweitens will sie in Deutschland heiraten, das erscheint ihr sicherer.
Sie kann ja damals nicht ahnen, dass sie diese Bedingungen nicht nur jede Menge Zeit, sondern auch jede Menge Geld kosten würden.
Es fängt mit viermal 25 Euro an. 25 Euro kostet nämlich damals das Formular, mit dem man als deutscher Staatsbürger einen Ausländer nach Deutschland einladen kann. Und eine solche Einladung braucht Jackson, sonst bekommt er kein Visum. Dreimal schickt Michaela das Formular an die deutsche Botschaft nach Nairobi, jedes Mal geht es irgendwo verloren. Beim vierten Mal gibt sie es einer Nonne mit, die sie kennt und die nach Tansania reist. Mit schwesterlicher Hilfe kommt die Einladung schlieÃlich an â Monate, nachdem Jackson nach Deutschland kommen wollte.
Weiter geht es mit 3000 Euro: Damit ihr Freund einreisen darf, soll Michaela eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, die besagt, dass sie für ihn aufkommt, falls er Geld braucht. Dafür soll sie drei Gehaltsnachweise vorlegen. Doch die hat sie noch nicht, sie ist gerade erst mit ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin fertig geworden. SchlieÃlich verpfändet Michaela ihr Sparbuch, um Jackson trotzdem einladen zu können.
Als der dann endlich nach Deutschland darf und zum ersten Mal auf Michaelas Familie trifft, beginnen sie auch schon, die Hochzeit zu planen. »Eine schwarz-weiÃe Hochzeit«, sagt Michaelas Oma. »Warum kann es keine weiÃ-weiÃe Hochzeit sein?« Sie ist über 90 und Jackson ist der erste schwarze Mensch, den sie kennenlernt. Aber irgendwann freut sich auch die Oma, dass ihre Enkelin heiratet, und Michaelas Mama belegt sogar einen Anfängerkurs in Englisch. »How are you?«, sagt sie nun jedes Mal sehr enthusiastisch, wenn sie ihren Schwiegersohn in spe trifft.
Doch was braucht man eigentlich für eine Hochzeit mit einem Kenianer? Michaela beschlieÃt, sich Hilfe zu holen. Das Standesamt müsste sich auskennen, findet sie, und fragt dort nach, welche Dokumente denn notwendig seien. Die Beamtin macht ein paar Telefonate, schreibt Michaela am Ende eine Liste. »Sie hat sich Mühe gegeben«, sagt Michaela. Doch es ist wie bei einem Arbeitszeugnis: »Sie hat sich stets bemüht« reicht nicht aus.
Und so steht nur die Hälfte der Dokumente auf der Liste, die die beiden brauchen. Was nicht dort steht, ist etwa das Sprachzertifikat, das Jackson benötigt, bevor er Michaela in Deutschland heiraten darf.
Diese Regelung ist relativ neu: Seit Ende 2007 müssen alle heiratswilligen Ausländer, die nicht aus der EU kommen und ein Visum für Deutschland brauchen, schon in ihrer Heimat eine Deutschprüfung ablegen. Auch wenn Michaela und Jackson in Kenia heiraten würden, bräuchte er das Sprachzertifikat, um den Ehegattennachzug zu beantragen. Zwar ist der Test nicht besonders schwierig; man muss rund 300 deutsche Vokabeln können und einige Hörverstehens-Ãbungen meistern. Für einen studierten Ãkonomen wie Jackson,
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