Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)
meine, es gefällt mir. Du scheinst mich so forschend anzublicken, weil du mehr siehst als das Äussere. Als würdest du auch meinen Charakter, meine Seele ergründen. Du sollst mich verstehen. Ich weiss nicht wieso, aber ich fühle mich …« Er suchte nach dem richtigen Wort. Sanft fuhr er fort: »… sicher bei dir. Nicht im eigentlichen Sinn vielleicht. Ich hoffe, du verstehst das nicht falsch, aber nach all den kleinen Zwischenfällen ist mir klargeworden, dass du anscheinend nicht allzu gut darin bist, nur schon deine eigene Sicherheit zu bewahren. Ich meine ›sicher‹ eher im Sinne von mental. Seit ich dich kenne, gab es keinen Moment, in dem ich das Gefühl hatte, du hättest mir nicht die Wahrheit gesagt. Und um zu deiner Frage zurückzukommen, wieso du und nicht Isabelle: Isabelle ist nicht du.« Er liess das so stehen, als wäre es selbstverständlich. Seine Finger lagen noch immer unter meinem Kinn, und während seiner ganzen Rede hatte ich immer mehr das Gefühl bekommen zu schweben. War es eine Liebeserklärung? Fühlte ich ebenfalls so? Liebte ich ihn?
»Giardio, ich … ich …«
Er legte mir einen Finger auf die Lippen und stoppte dadurch meinen verzweifelten Versuch, mich zu erklären.Sein Finger auf meinen Lippen glühte wie Kohle. Ein Kribbeln ging durch meinen Körper, vom Haaransatz bis zu den Füssen. Er beugte sich näher heran. O Gott, gleich wird er mich küssen. Sein Gesicht, seine Lippen waren nur noch Zentimeter von meinem entfernt und der Abstand schmolz dahin. Er sah mich mit seinen Augen durchdringend an. Sein Kopf neigte sich nach rechts, und er schien so entschlossen, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Seine Hand wanderte zu meiner Wange, umschloss sie leicht, gab mir das Gefühl von Sicherheit. Er war umwerfend, charmant, gutaussehend, freundlich, respektvoll und noch so vieles mehr, er war schlicht und ergreifend einfach perfekt. Und genau aus dem Grund verspürte ich einen Stich im Herzen, als ich meinen Kopf ganz leicht wegdrehte. Ich biss mir auf die Lippe und sah ihn verstohlen an. Die Magie des Augenblicks war verflogen, und ich konnte in seinen Augen lesen, wie verletzt er war. Wieso? Warum nur hatte ich das gemacht? Es war sinnlos, denn ich kannte die Antwort bereits. Wieso hier eine Romanze anfangen? Eine Romanze in einer Welt, von der ich bis vor einigen Tagen noch nichts gehört hatte. Als ich die Augen wieder öffnete und ihn ansah, setzte er ein Lächeln auf, aber ich konnte trotzdem Spuren seiner Enttäuschung in seinen Zügen orten.
»Einen Versuch war es wert«, sagte er nur, zuckte mit den Achseln und erhob sich. Er schien völlig unbeteiligt, wären seine Augen nicht einen Ton dunkler geworden.
»Wir sollten zurück, denn wir brechen sicher bald auf.«
Ich nahm seine ausgestreckte Hand entgegen und wenige Augenblicke später waren wir – auf einer anderen, weniger gefährlicheren Route – wieder auf dem Rückweg.
3.
Er stand am Fenster und blickte hinaus, beobachtete, wie sie durch das Tor kamen. Sie waren zu Fuss, natürlich, und komplett in Schwarz gekleidet. Sie traten so in Erscheinung, wie sie auch in den Krieg ziehen würden. Zu Fuss und in Schwarz. Obwohl, Orange wäre auch eine gute Idee, denn es ging ja schliesslich nicht um die Tarnung. Es ging nicht einmal darum, eine Einheit darzustellen. Das waren sie nicht. Nur weil sie alle die gleiche Bezeichnung hatten, bedeutete das nicht, dass sie einander vertrauten oder gar
Freunde
waren. Wie er dieses Wort verabscheute. Früher hatte er viele gehabt. Dann eine kleine Veränderung, und alle verliessen ihn. Und nun war er einer von ihnen, jedoch kein Freund. Nein, die eben Eingetroffenen konnte man sogar noch weniger als Freunde bezeichnen als die, die er einst dafür hielt. Und sie waren schon gar keine Einheit. Eine Einheit verlangte Vertrauen, Loyalität, Sinn fürs Gemeinsame. Keiner davon besass irgendeine dieser Eigenschaften. Jeder von ihnen würde ihm nur zu gern ein Messer in den Rücken rammen, und das nicht nur symbolisch. Aber da es sowieso zwecklos war, versuchten sie es gar nichterst. Nein, das versuchten sie nicht, aber insgeheim überlegte sich jeder, wie sein Leben aussehen würde, falls jemand es tun würde. Und doch würden sie bei Schwarz bleiben. Mit einem grimmigen Lächelnd blickte er wieder durchs Fenster.
Die drei Frauen trugen wallende Kleider, die Männer Hosen und Oberteile. Kayla lief auf sie zu und begrüsste alle überschwänglich. Seine Frau liebte Gesellschaft. Sie
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