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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Muhammad Knight
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Irgendwelche Muslime aus dem pazifischen Raum. Sie haben Amerika entdeckt. Die großen arabischen Eroberungszüge, die die ganzen Klischees vom › Schwert des Islam ‹ hervorgebracht haben, haben Südostasien nie erreicht. Dort haben sie den Glauben angenommen, ohne jemals erobert zu werden.«
    »Subhanallah.«
    »Sufihändler, Bruder.«
    Es war ein gutes Gefühl, die beiden Irokesen da draußen zu sehen. Dem Haus fehlte etwas, wenn keine bekifften Haschaschin auf dem Dach saßen.
    »Salam«, rief ich hinaus. Beide wandten sich um und sahen mich aus dem Badezimmerfenster lehnen. »Jehangir, was würdest du tun, wenn sie dir mal ein Standbild widmeten?«
    »Hoffen, dass ein Taliban in der Nähe ist, der es in die Luft sprengt.«
    »Ich habe Amazing Ayyub getroffen. Er hat mir von dem Imam von Manassas erzählt.« Jehangir lächelte wissend.
    »Ayyub hat ein gutes Herz«, sagte er. »Weißt du, was mich echt gepackt hat in Manassas?«
    »Was denn?«
    »Sie hatten da dieses riesige gerahmte Schwarz-Weiß-Foto von der Kaaba, die vollkommen von Wasser umgeben ist, wie eine Insel. Im Vordergrund ist ein Typ, der ganz im Wasser ist, bis auf seinen Kopf und einen Arm, und man sieht nicht, ob er sie schwimmend umkreisen will oder gerade ertrinkt. Das Foto hat mich total verblüfft; ich konnte nicht aufhören, es anzustarren, und versuchte es ganz tief in mich aufzunehmen. Ich fragte den Imam von Manassas danach, und er sagte, die al-Haram-Moschee sei 1941 bei einem gewaltigen Unwetter überschwemmt worden.«
    Wieder war es Freitagabend, wieder sah man die üblichen Gesichter plus ein paar Neuzugänge, und der nächste größte Cowboy Amerikas stand in einer Ecke und warf mir ab und zu einen Blick zu, um den Moment mit mir zu teilen. Mit seinem Iro, seinem Outfit von 1977 und seinem gelassenen Enthusiasmus brachte er die Leute dazu, sich selbst viel cooler zu finden, wenn sie bloß neben ihm standen, sie tauschten kräftige Handschläge mit ihm aus und ließen es zu, dass er seine Arme um sie warf und irgendwelche Songs falsch mitsang. Wie immer war die Party eine Art sexuelle Lotterie. Jedes Mal, wenn ein Mädchen mit Jehangir sprach, fragte ich mich, ob sie diejenige für heute Nacht sei. Mitten in einem Flirt mit einer Bewerberin sah er gelegentlich zu mir hinüber, um zu sehen, wie ich sie einschätzte. Für Fasiq Abasa lief es auch ziemlich gut, meistens befand er sich hinter verschlossenen Türen in einem Zimmer voller Qualm und vermindertem Urteilsvermögen. Rude Dawud hatte seine eigene Szene, die unabhängig von Jehangirs Punkinszenierungen existierte, und er hatte nie Probleme mit Mädchen gehabt. Umar war Umar und von Rabeya kann ich nicht behaupten, dass ich irgendetwas über ihr Privatleben wusste, aber wenn sie sprach, legte sie eine Abgebrühtheit an den Tag, wie sie Jungfrauen nur selten haben.
    Irgendwann unterhielt sich Jehangir mit Fatima, über die Gespräche der Nebenstehenden und »Blood on the Sun« von Duane Peters and the Hunns hinweg, und er hatte offensichtlich nicht vor, sich wieder an sie ranzumachen, doch das war ja genau der Grund, warum jede Party eine Lotterie war: Man konnte sich nie ganz sicher sein. Sie hörte gebannt zu, während er die Geschichte von seiner Fahrt auf der Interstate 95 nach Washington D .  C . erzählte. »Halt, nein«, fügte er hinzu, als er seinen Irrtum bemerkte. »Damals war es nicht die 95, es war die 81 … Ich hatte erst die 81 genommen, bis zur 270, und dann die 70, glaube ich … oder die 70 bis zur 270.« Ich habe von Jehangir eine Menge über Eisenhowers Autobahnsystem gelernt: die 90 von Boston nach Seattle, die 5 von Seattle durch Kalifornien, die 81 von den Thousand Islands durch das North Country von New York bis nach Tennessee, wo sie zur 40 wird. Um von Buffalo nach Dallas zu kommen, nimmt man die 90 bis zur 71, dann die 65 bis zur 40, dann die 30 bis zur 20.
    In D .  C . war Jehangir in das Islamische Zentrum gestolpert: »Es sieht total authentisch aus, so altmodisch, irgendwie nach Hollywood«, erklärte er. Es befand sich gleich neben der Botschaft eines der Golfstaaten, aber er konnte sich nicht erinnern, welcher es war. Anschließend ging er zum Campus der von den Saudis gegründeten American University und traf dort auf drei Mitglieder einer Gruppe progressiver Muslime. »Ein Typ und zwei Mädchen«, erzählte er. »Keines der Mädchen trug einen Hidschab. Sie sagten immer wieder, sie wären die Avantgarde einer neuen islamischen Renaissance.

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