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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Muhammad Knight
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Und eines der Mädchen leitete sogar das Asr.«
    »Das ist echt toll«, entgegnete Fatima. »Ich dachte, Rabeya wäre das einzige Mädchen auf der Welt, das Männer beim Gebet leitet.«
    »Das Mädchen war süß; klein, mit hübschen Augen und einem Lächeln, das einen dazu anregt, dauernd lustige Sachen zu sagen, und ihr Gesicht wurde von langen glatten indischen Haaren eingerahmt, die fast schimmerten …« Ich fragte mich, ob er das etwas ausschmückte, nur um Fatima damit zu beeindrucken, dass er zu solchen Empfindungen fähig war. »Wäre ich nicht gerade auf dem Pilgertrip gewesen, dann wäre sie hübsch genug gewesen, um mich auf eine dämliche, unschuldige Art nervös zu machen, wie einen Zwölfjährigen, und mein Gebet zunichte zu machen.«
    »Ohhh«, antwortete sie. »Das ist so süß.« Ich hätte Jehangir in diesem Moment hassen können, wäre er nicht so unwiderstehlich aufrichtig gewesen.
    »Aber warte mal … du warst auf einem Pilgertrip? Was hat es damit auf sich?«
    »Ich hatte das Gefühl, ich sei auf einer Pilgerschaft.«
    »Echt?«
    »Ja, klar. Ein paar Tage davor war ich in Elmira gewesen und hatte eine Flasche Zamzam-Wasser auf Mark Twains Grab gegossen.«
    »Oh, wow.« Ich verließ meinen Posten, damit das Ganze seinen Lauf nehmen konnte, so oder so, und stellte mich zu einer Gruppe von Südasiaten, um ihrem Gespräch zu lauschen – nur eine von ihnen sah so aus, als könnte sie für Jehangir in Frage kommen. Ein Typ, der sich anscheinend selbst zum Anführer der Gruppe gekürt hatte, tadelte ein Mädchen dafür, dass sie Inderin war.
    »Deine Eltern haben 1947 wohl vergessen auszuwandern«, spottete er.
    »Warum sprichst du Urdu mit einem pakistanischen Akzent?«, konterte sie. »Und warum spielst du dich als Revoluzzer auf, wenn dich deine Mutter gezwungen hat, Medizin zu studieren?«
    »Wenn du dir mal die Vergangenheit vor Augen führst«, antwortete er, »dann wird dir klar werden, dass die Anführer der meisten Revolutionen Ärzte oder … sagen wir mal Teil der Bourgeoisie waren.« Dann schweifte er ab und redete über Junoon, »die absolut größte asiatische Rockgruppe«. Im Weggehen kam ich wieder an Jehangir vorbei, aber Fatima war nirgends zu sehen. Mit glasigen Augen sagte er mir, von D .  C . aus könne ich die 495 bis zur 66 nehmen, dann käme ich nach Manassas – Schauplatz zweier Bürgerkriegsschlachten, der Heldentaten von »Stonewall« Jackson und Standort einer schiitischen Moschee.
    »Das Mädchen aus D .  C . war cool«, sagte er, als hätte er die Geschichte nicht Fatima, sondern mir erzählt. »Aber es ist komisch; obwohl sie progressiv genug war, um den Imam zu geben, zog sie sich vor dem Gebet einen Hidschab an. Aber das ist cool; man tut, was man kann, und nimmt, was man kriegt, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Amerikanische Taqwa, Bruder, wir sind nicht die einzigen Abgefuckten in der Umma.«
    »Genau.«
    »Hübsche Mädchen schreiben Ayat, Yusef Ali, wusstest du das?«
    »Nein, das wusste ich nicht.« Er legte seine Hand auf meinen Kopf und ließ sie dort. »Ich stelle mir dieses Mädchen vor, wie ihre nackten braunen Beine von raffinierter arabischer Kalligrafie umflossen werden wie von einem Gewirr von Schnüren im Wind, und ich frage mich, was der verdammte Kurta-Club davon halten würde, dass dieses Mädchen mich zu einem neuen islamischen Typus inspiriert hat … dem romantischen Muslim! Yusef Ali, hast du je von so einem Wesen gehört?«
    »Vielleicht.«
    »Dieser verdammte Idiot unterwirft sich nur ganz tief in seinem Inneren den stupiden heiligen Schriften. Inschallah, vielleicht erlebe ich noch die Gnade des Alters und bekomme eine Chance, diese Sünden auszubügeln …« Mit seiner Hand auf meinem Kopf zog er mich zu sich heran, bis wir Stirn an Stirn standen und unsere Augen so nah beieinander waren, das alles verschwamm. »Denn, Yusef Ali, dieses Mädchen ist meine Qibla.«
    Er war betrunken. Und dämlich. Und in zehn Minuten würde er nicht mehr wissen, was er gerade gesagt hatte, aber ich liebte ihn.
    »Alhamdulillah«, sagte ich, und diesmal nicht nur, um überhaupt etwas zu sagen, sondern aus reiner Freude an dem Iman, der in Jehangirs trunkenem Herz wohnte.
    »Ich werde dir noch was über die Moschee von Manassas erzählen«, sagte er.
    »Okay.«
    »Wusstest du, dass das erste Weiße Haus der Konföderierten von Zelda Fitzgeralds Großonkel gebaut wurde?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »In Montgomery, Alabama. Ich war dort. Aber wie

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