Taran Bd 2 - Der schwarze Kessel
hatte die ganze Zeit über schweigend beim Feuer gesessen und ihnen zugehört. Nun schüttelte er den Kopf und sagte: »Bestimmte Gründe verbieten es mir, die Entscheidung selbst zu treffen. Triff du sie an meiner Stelle, Taran von Caer Dallben!«
»Ich?«, fragte Taran betroffen und trat einen Schritt zurück.
»Ja – du«, sagte Adaon, während er seine grauen Augen wieder dem Feuer zuwandte. »Der Tag ist nicht fern, an dem du dies alles verstehen wirst. Wähle den Weg aus, den du für richtig hältst – ich werde mich fügen.«
Taran sammelte sich für einen Augenblick. Kummer und Sorge erfüllten ihn. Es war keine Furcht, die sein Herz bewegte, eher die unaussprechliche Wehmut, die einem beim Anblick von welkem Laub befällt, das der Wind vor sich hertreibt. Adaon schenkte ihm keine Beachtung, er wandte die Augen nicht von den züngelnden Flammen.
»So werde ich nach den Marschen von Morva reiten«, sagte Taran.
»Gut«, meinte Adaon. »Wie du entschieden hast, ist es mir recht.«
Eine Zeit lang blieb alles still im Raum. Selbst Ellidyr schwieg. Er biss sich auf die Lippen und fingerte am Griff seines Schwertes herum.
»Nun«, sagte Doli schließlich. »Ich schätze, dass ich euch nicht allein lassen sollte, auch wenn es vermutlich falsch ist.«
»Falsch?«, ließ sich Fflewddur vernehmen. »Das schert mich wenig, ich reise mit euch!«
»Und ich gleichfalls!«, erklärte Eilonwy. »Jemand muss schließlich dabei sein, der einen kühlen Kopf behält. Kalte Füße bekommen wir in den Marschen sowieso.«
Der Tiermensch war aufgesprungen und fuchtelte mit den Armen herum wie nicht recht gescheit. »Auch Gurgi wird helfen«, schrie er, »der brave, furchtlose, treue Gurgi – mit Suchen und Spähen und Hinter-die-Büsche-Sehen!«
»Na schön!«, meinte Doli mit einem Achselzucken. »Dann mag also Gwystyl gehen und uns das Puder bringen, von dem er gesprochen hat.«
Während Gwystyl eifrig in seiner Vorratskammer rumorte, holte der Zwerg tief Atem und machte sich unsichtbar. Als er nach geraumer Weile wieder zum Vorschein kam, war er blau im Gesicht, und die Ohren zitterten ihm.
»Fünf Häscher Arawns lagern auf der Anhöhe über uns«, berichtete er. »Sie haben sich’s für die Nacht bequem gemacht. Wenn dein Puder zu was nütze ist, Gwystyl, könnten wir ihnen vielleicht entkommen.«
Die Gefährten puderten ihre Schuhsohlen und die Hufe der Pferde mit einem schwarzen Pulver, das Gwystyl aus einem modrigen Sack verteilte. Er atmete hörbar auf, als sie die Rösser losbanden und ins Freie hinausführten.
»Glück auf dem Weg!«, rief er ihnen hinterdrein. »Aller Voraussicht nach wird es euch an den Kragen gehen. Aber so ist das nun einmal: Wem nicht zu raten ist, ist nicht zu helfen. Lebt wohl, alle miteinander! Ich hoffe trotzdem, dass wir uns einmal wiedersehen – wenn es nur nicht zu bald sein muss!«
Damit schloss er das Tor hinter ihnen.
Taran nahm Melynlas fest am Zügel und folgte Adaon in die Nacht hinaus.
Der Dorn im Fleisch
ach kurzer Unterredung zwischen Adaon und dem Barden einigten sich die Gefährten darauf, zunächst in westlicher Richtung zu reiten. Bei Tagesanbruch wollten sie ein paar Stunden rasten, um sich sodann nach Süden zu wenden. Wieder saß Eilonwy hinter Taran auf Melynlas, während Gurgi mit Adaon auf Lluagor ritt.
Fflewddur führte die Gruppe an, da er vorgab, er könnte den Weg nach den Marschen von Morva notfalls im Schlaf finden. Nachdem allerdings zwei Harfensaiten gesprungen waren, bequemte er sich dazu, die Führung an Adaon abzutreten. Doli ritt als Letzter in der Reihe; er war fest entschlossen, sich nie mehr unsichtbar zu machen – komme, was wolle. Der Sohn des Pen-Llarcau saß wie versteinert auf seinem Pferd. Er war zornig, weil sich der Schweinejunge nun doch für die Marschen entschieden hatte.
»Der allein«, sagte Taran leise zu Eilonwy, »hätte es nie geschafft mit dem Schwarzen Kessel. Kindisch von ihm, sich aus lauter Ruhmsucht auf eine solch aussichtslose Geschichte einzulassen! Findest du nicht auch?«
»Ich finde vor allem«, entgegnete Eilonwy, »dass du nicht viel besser bist. Gib doch zu, dass du bloß wegen Ellidyr diesen albernen Zug unternimmst! Ich bleibe dabei, dass es tausendmal klüger gewesen wäre, Gwydion aufzusuchen, statt sich kopfüber in dieses Abenteuer zu stürzen.«
Taran erwiderte nichts darauf. Eilonwys Worte schmerzten ihn umso mehr, als auch ihm an der Richtigkeit seines Verhaltens allmählich Zweifel kamen.
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