Taran Bd 2 - Der schwarze Kessel
Kessel geträumt«, sagte Taran bekümmert. »Alles war wolkenverhangen und schwer durchschaubar. Es schien mir, dass wir den Kessel gefunden hatten – und dennoch: Als wir am Ziel waren, weinte ich.«
Um die Mittagszeit erreichten sie dann die Marschen von Morva. Schon seit geraumer Weile hatte der Junge gemerkt, dass der Boden mehr und mehr schwammig wurde. Immer häufiger sahen sie Sumpfvögel, zuweilen hörten sie auch den Schrei einer Möwe. Schließlich kam Nebel auf und bedeckte den Boden wie weißer Dampf.
Nun hielten die Freunde auf einer schmalen Landzunge zwischen den Sümpfen. Die Marschen von Morva erstreckten sich bis an den westlichen Himmelsrand. Hier und dort wuchsen hohe, dornige Stechginster und verkrüppelte Bäume. Zwischen Gras und Schilf blinkten schwarze Tümpel auf, in denen der Himmel sich widerspiegelte. Es roch nach Schlick und Verwesung. Ein unaufhörliches Sirren und Stöhnen erfüllte die Luft. Gurgi begann mit den Zähnen zu klappern. Fflewddur rutschte unruhig im Sattel hin und her.
»Bis hierher hast du uns gut geführt«, sagte Eilonwy. »Doch was nun?«
Taran bedeutete ihr zu schweigen. »Keine Bewegung!«, zischte er. Unweit von ihnen waren drei graue Gestalten hinter den Hügeln emporgetaucht. Häscher Arawns! Zwei von ihnen steckten in Wolfspelzen, während der dritte ein Bärenfell um die Schultern trug. Taran dachte an seinen Traum von dem Bären und den zwei Wölfen. »Sie haben uns ausgemacht!«, rief er. »Rasch, folgt mir – doch hütet euch, einen falschen Tritt zu tun!«
Aufs Geratewohl trieb er Melynlas in die Sümpfe hinein. Schnaubend arbeitete sich der Hengst durch den Schlick, bald bis zu den Fesseln versinkend, bald festen Fuß fassend. Lluagor mit Fflewddur und Gurgi folgte ihm blindlings nach. Die Häscher Arawns rückten immer dichter auf. Schon streckte einer von ihnen die Hand nach Lluagors Steigbügel aus, schon hörte der Junge ihr Keuchen ganz in der Nähe. Er blickte sich um und sah, wie der vorderste Häscher die Zähne fletschte. Da riss er den Hengst nach rechts herum, auch Lluagor schlug einen Haken.
Ein Schrei des Entsetzens erscholl. Der vorderste Häscher war in den schwarzen Sumpf gestürzt und schrie gellend um Hilfe. Die beiden anderen krallten sich aneinander fest, sie wollten zurück – doch der Boden gab unter ihren Füßen nach. Der im Bärenfell griff nach den Ginsterstauden, der andere warf sich flach auf den Boden. Vergebens! Der Sumpf gab sie nicht mehr frei, sie fanden ihr Grab darin.
Melynlas stürmte weiter. Brackiges Wasser spritzte von seinen Hufen, doch Taran lenkte ihn mit sicherer Hand durch die Sümpfe. Dann hasteten sie, an Ginsterbüschen und Bäumen vorbei, auf eine einsame Warft zu, einen mit Flechtwerk gesicherten künstlichen Hügel mitten im Moor.
Dort fanden sie eine niedrige Hütte. Mit Rasenstücken und Zweigen bedeckt, unterschied sie sich kaum von ihrer Umgebung. Bei näherem Hinsehen erkannten sie außerdem einige halb verfallene Schuppen auf der Warft und etliche weitere Gebäude, die sich wie morsche Stallungen ausnahmen. Taran zügelte Melynlas und bat die Gefährten, sich still zu verhalten.
»Was du nur wieder hast!«, sagte Eilonwy. »Wer immer in dieser Kate wohnt, hat uns entweder kommen hören, oder er ist nicht zu Hause. Jedenfalls heißt man uns weder willkommen, noch scheint man die Absicht zu haben, mit uns zu kämpfen.«
Sie ließ sich von Melynlas’ Rücken gleiten und eilte zur Hütte hin.
»Warte!«, rief Taran. Er folgte ihr mit gezücktem Schwert. Auch Fflewddur und Gurgi saßen ab und zogen die Waffen.
Kampfbereit näherte sich der Junge dem Eingang der Kate. Eilonwy hatte ein Fenster entdeckt, halb versteckt unter Moos und Gras.
Sie spähte hindurch und berichtete: »Ich kann niemanden sehen, schaut selber nach!«
Der Barde duckte sich nieder und schielte an ihr vorbei. »Hier scheint lange Zeit niemand gewesen zu sein. Um so besser! Jedenfalls haben wir einen trockenen Rastplatz.«
Sie betraten die Hütte, die wirklich von ihren Bewohnern verlassen zu sein schien und mit Gerümpel voll gestopft war, ähnlich wie Dallbens Studierstube. In der hintersten Ecke stand ein gewaltiger Webstuhl. Das Webstück im Rahmen war kaum zur Hälfte fertig. Taran warf einen Blick auf das Durcheinander der tausend Fäden, die unentwirrbar verknotet schienen. Schwer vorzustellen, wie jemals ein Mensch in der Lage sein sollte, diese verwickelte Arbeit zu Ende zu führen. Zerbrochene Krüge und
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