Taran Bd 2 - Der schwarze Kessel
sich die drei Zauberweiber, die Hütte ein wenig aufzuräumen. Ganz aufgeregt brachte Orwen einige wacklige Stühle herbeigeschleppt. Orgoch räumte das Geschirr vom Tisch, indem sie es einfach auf den Fußboden fegte. Orddu klatschte in die Hände und musterte die Gefährten freudigen Blickes.
»Nein, wer hätte das gedacht!«, begann sie, unterbrach sich dann aber, weil Eilonwy sich dem Webstuhl genähert hatte und Anstalten traf, das Webstück zu prüfen. »Nicht anfassen!«, rief sie ihr zu. »Die Fäden sind voller Stacheln, du wirst dir weh tun! Komm lieber und setz dich zu uns, mein Gänschen!«
Taran wusste nicht, was er von der unerwarteten Freundschaft der drei Hexen halten sollte. Er hatte das dunkle Gefühl, dass man ihnen nicht trauen dürfe.
Gurgi und Fflewddur hingegen stürzten sich heißhungrig auf die Speisen, die ihnen Orwen und Orddu auftischten. Taran warf Eilonwy einen fragenden Blick zu.
»Du kannst ruhig zugreifen«, sagte das Mädchen hinter der vorgehaltenen Hand. »Wenn die Speisen vergiftet wären, hätte ich’s längst gemerkt. Derlei Dinge habe ich bei Achren gelernt.«
»Und nun mein Spatz«, forderte Orddu den Jungen auf, »nun erzähl uns vom kleinen Dallben! Was macht er, wie geht es ihm, hat er noch immer das ›Buch der Drei‹?«
»Warum sollte er’s nicht mehr haben«, entgegnete Taran verwirrt. Er hielt es für durchaus möglich, dass Orddu, Orwen und Orgoch mehr über Dallben wussten als er.
»Der arme kleine Zaunkönig!«, meinte Orddu. »Wie mag er bloß mit dem schweren Wälzer zurechtgekommen sein? Hoffentlich hat er wenigstens richtig umblättern können, der süße Kleine!«
Taran fühlte sich bemüßigt, ein Wort der Erklärung zu wagen. »Ich fürchte, hier liegt ein Irrtum vor«, sagte er. »Unser Dallben ist keineswegs jung und klein.«
»Im Gegenteil!«, pflichtete ihm der Barde bei. »Er hat gut und gern seine dreihundertachtzig Jahre auf dem Buckel, das weiß ich von Coll.«
»Er war solch ein liebes, süßes Bengelchen!«, seufzte Orwen. »Wenn ich an seine roten Bäckchen denke und an die molligen Fingerchen …«
»Ich mag mollige kleine Kinder besonders gern«, sagte Orgoch schmatzend.
»Unser Dallben hat graues Haar«, sagte Taran, dem es einfach nicht in den Kopf wollte, dass die seltsamen Geschöpfe tatsächlich von seinem alten Lehrer redeten. »Und einen Bart hat er auch«, fügte er der Vollständigkeit halber hinzu.«
»Einen Bart?«, gluckste Orddu. »Klein-Dallben mit Bart? Er ist immer ein Scherzbold gewesen, der kleine Racker!«
»Wir fanden ihn eines Morgens früh in den Sümpfen«, erzählte Orwen. »Strampelnd lag er in einem großen Weidenkorb. Ein süßer Anblick, kann ich euch sagen – was Orgoch natürlich nicht davon abhielt …«
An dieser Stelle ließ Orgoch ein böses Räuspern hören, und in den Augenschlitzen ihrer Kapuze glühte es tückisch auf. Orddu versuchte sie zu beschwichtigen: »Komm, komm, liebste Orgoch!«, rief sie. »Wir sind unter Freunden und brauchen uns keinerlei Rücksichten aufzuerlegen. Fest steht auf jeden Fall, dass du es Orwen und mir erst nach heftigem Widerspruch erlaubt hast, das arme Küken in unsere Hütte zu bringen.«
»Dallben wuchs schnell heran«, fügte Orwen hinzu. »Über ein Kleines lernte er laufen und sprechen, und bald schon war er so weit, dass er uns bei der Arbeit zur Hand gehen konnte. Es war eine helle Freude mit ihm. – Und du sagst, dass er neuerdings einen Bart trägt? Das finde ich aber spaßig!«
»Ja, er war wirklich ein lieber kleiner Spatz«, sagte Orddu. »Doch dann«, fuhr sie mit traurigem Lächeln fort, »dann geschah dieses dumme Missgeschick. Eines Tages brauten wir nach geheimem Rezept einen Kräutertrunk …«
»Und Dallben«, berichtete Orwen weiter, »der süße kleine Dallben rührte ihn für uns um, wie er es auch zuvor schon mitunter getan hatte. Als aber der Trank zu sieden begann, spritzte ein wenig heraus und verbrannte ihm seine lieben Fingerchen.«
»Deshalb hat er sie rasch in den Mund gesteckt«, fügte Orddu hinzu. »Bei dieser Gelegenheit hat er ein Tröpfchen von unserem Trunk auf die Zunge bekommen …«
»Und plötzlich«, fuhr Orwen fort, »plötzlich besaß er das gleiche Wissen um die geheimsten Dinge wie wir. Es war nämlich ein Zaubertrunk, der da im Kessel brodelte – einer, durch dessen Genuss man zu unermesslicher Weisheit gelangt.«
»Nun konnten wir ihn nicht länger bei uns behalten«, erklärte Orddu dumpf. »Es geht auf
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