Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet
gleichzeitig eine gute Lehre für die Viehräuber. Gast und Goryon sollen Frieden schließen, dann werde ich sie schonen.«
»Herr, der Kampf wird immer hitziger«, drängte der Bote. »Keiner will ablassen. Jeder wirft dem anderen den Verlust der Herde vor. Fürst Goryon schwört Rache an Fürst Gast zu nehmen; und Fürst Gast schwört Rache an Fürst Goryon zu nehmen.«
»Beide wollten also den Kampf«, polterte Smoit. »Jetzt haben sie einen Vorwand!« Er winkte einen seiner Krieger heran und befahl ihm, Goryons Boten nach Caer Cadarn zu bringen, wo er als Geisel festgehalten werden sollte.
»Und die anderen aufs Pferd!«, kommandierte Smoit. »Bei meinen Knochen, dann werden wir also doch unser Vergnügen haben.« Er griff nach seiner Axt. »Ha, heute wird es noch gespaltene Schädel geben!«, schrie er sichtlich aufgeräumt. Sein verwittertes Gesicht leuchtete, als ob er auf dem Weg zu einem Festmahl wäre.
»Die Barden werden davon singen«, rief Fflewddur, den Smoits Kampfstimmung mitriss. »Ein Fflam im dichtesten Kampfgewühl! Je dichter, desto besser!« Die Harfe erbebte, und eine Saite riss entzwei. »Ich wollte sagen«, fügte Fflewddur eilig hinzu, »ich hoffe, wir sind nicht zu sehr in der Minderzahl.«
»Herr«, rief Taran, als Smoit auf sein Streitross zuschritt, »wenn Gast und Goryon nicht aufhören wollen, weil ihre Herden auf und davon sind, sollten wir dann nicht versuchen die Kühe zu finden?«
»Ja, ja!«, warf Gurgi ein. »Kühe finden! Und beenden das Hauen und Stechen!«
Aber Smoit saß schon im Sattel. Taran musste ihm wohl oder übel folgen, denn er wusste nicht, zu welcher der beiden Festungen Smoit sie führte. Was Smoit betraf, so vermutete Taran, war es ihm ziemlich gleichgültig, ob ihm Goryon oder Gast zuerst in die Hände fiel. Nach einiger Zeit erkannte Taran den Weg wieder, den er und Gurgi von Aeddans Hof aus eingeschlagen hatten. Er dachte deshalb, Smoit wollte gegen Goryons Festung vorrücken. Als sie aber über ein freies Feld ritten, wandte sich der König scharf nach links, wo Taran in einiger Entfernung einen Trupp Berittener erspähte.
Beim Anblick der Banner stieß Smoit ein Wutgebrüll aus und gab seinem Hengst die Sporen, um die Reiter einzuholen. Da diese aber ihrerseits die Pferde antrieben, verschwanden sie rasch in den Wäldern. Smoit parierte sein Ross, brüllte ihnen etwas nach und schüttelte seine gewaltige Faust.
»Hat Goryon noch mehr Krieger für diesen Streit aufgeboten?«, schrie Smoit mit krebsrotem Gesicht. »Dann hat Gast das Gleiche getan! Diese Kerle trugen seine Farben!«
»Herr«, begann Taran, »wenn wir die Kühe finden könnten …«
»Kühe!« Smoit schonte seine Stimme nicht. »Hier geht es um mehr als um Kühe, mein Junge. Eine solche Fehde kann sich ausbreiten wie ein Funke in trockenem Zunder. Diese dickschädeligen Burschen werden ganz Cadiffor in Brand stecken, und als Nächstes wirst du erleben, dass wir uns alle gegenseitig an der Gurgel packen! Aber, bei meinem Bart, sie sollen lernen, dass meine Faust härter zuschlägt als die ihre!«
Smoit wurde nachdenklich. Sein Gesicht verfinsterte sich. Etwas schien ihn zu beunruhigen. Er blickte düster vor sich hin und zerrte an seinem Bart. »Die Fürsten aus den benachbarten Cantrefs werden gegen uns losschlagen, wenn sie merken, dass wir uns bekriegen.«
»Aber die Kühe«, drängte Taran. »Wir drei könnten nach ihnen suchen, während du …«
»Der Kerker!«, schrie Smoit. »Ich werde Gast und Goryon in den Kerker stecken, bevor ihre Rauferei noch weiter um sich greift.«
Smoit gab seinem Pferd die Sporen. In mörderischem Galopp brach er durch Dickicht und Gesträuch. Die drei Freunde und die Schar der Krieger dicht auf den Fersen, jagte er polternd über die Steine am Ufer eines Flusses und trieb sein Pferd in die rasche Strömung. Der König hatte den Flussübergang schlecht gewählt, denn schon im nächsten Augenblick umspülte das Wasser Taran bis zum Sattelknauf. Smoit stieß ungeduldige Rufe aus und kämpfte sich durch den Fluss. Taran sah noch, wie der König in den Bügeln aufstand und seinen Leuten Zeichen gab, sie sollten sich mehr beeilen. Aber in diesem Augenblick verlor das Pferd den Grund unter den Hufen und rutschte seitwärts ab. Pferd und Reiter tauchten spritzend unter, und noch bevor Taran Melynlas heranbringen konnte, wurde Smoit von seinem Pferd getrennt und trieb wie ein Fass schnell stromabwärts.
Hinter Taran hatten einige Krieger kehrtgemacht und
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