Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet
weiter. »Sie kann nicht genug davon kriegen.«
Kaum hatte er das gesagt, da sträubte Llyan ihre langen Schnurrhaare und gab dem Barden einen kräftigen Stoß. Fflewddur musste auf der Stelle sein Instrument nehmen und ein paar Saiten anschlagen. Llyan sah ihn laut schnurrend und freundlich mit ihren großen gelben Augen an.
»Lebt wohl«, rief der Cantref-Fürst, als die Gefährten aufsaßen. »In der Festung Gasts des Großmütigen werdet ihr immer großzügig empfangen werden!«
»Eine Großmut, bei der man verhungern kann«, bemerkte Taran lachend. »Gast hält sich für freigebig, so wie Goryon sich für kühn hält. Soweit ich mir ein Urteil erlauben kann, haben beide unrecht. Und doch«, fügte er hinzu, »scheinen sie mit sich zufrieden zu sein. Ein Mensch ist doch das, wofür er sich selbst hält.«
»Aber nur, wenn er ein richtiges Bild von sich hat«, antwortete Fflewddur. »Wenn zwischen seiner Meinung und den Tatsachen ein zu großer Unterschied ist – ja dann, mein Freund, möchte ich sagen, dass ein solcher Mensch nicht mehr Substanz hat als Goryons Riesen! Aber beurteile sie nicht zu streng«, sprach der Barde weiter. »Diese Cantref-Fürsten sind sich ziemlich gleich. Einmal liebenswürdig wie Stachelschweine, im nächsten Augenblick so harmlos wie junge Hunde. Sie alle hüten ihren Besitz, und doch können sie großzügig bis zur Schwachheit sein, wenn sie gerade in Laune sind. Doch sind sie keine Feiglinge. Der Tod sitzt mit ihnen im Sattel, und sie achten ihn nicht. Ich habe gesehen, wie sie in der Schlacht ihr Leben hingeben für einen Freund. Gleichzeitig«, fügte er noch hinzu, »habe ich die Erfahrung auf allen meinen Fahrten gemacht: je weiter eine Heldentat zurückliegt, desto größer wird sie. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man auf so viele Helden stößt. Wenn jeder eine solche Harfe hätte wie ich«, sagte er mit einem nachdenklichen Blick auf sein Instrument, »was könntest du für ein Geklirre hören aus jeder Festung in Prydain!«
Cornillo
m Spätnachmittag erblickten die Gefährten das leuchtendrote Banner mit dem schwarzen Bären, das Emblem des Königshauses von Smoit, das stolz über den Türmen von Caer Cadarn wehte. Im Gegensatz zu den palisadenbewehrten Festungen der Cantref-Fürsten war Smoits Burg eine Anlage mit Mauern aus behauenen Steinen und eisenbeschlagenen Toren, die stark genug war, jedem Angriff zu widerstehen. Zersplitterte Steine und tiefe Dellen im Eisen der Tore deuteten daraufhin, dass die Burg manchem Ansturm standgehalten hatte. Für die drei Reisenden aber öffneten sich die Tore ohne Umstände, und eine Ehrengarde von Lanzenträgern eilte herbei, um die Gefährten zu begleiten.
Der rotbärtige König saß an der Tafel in der Großen Halle. Aus der Anzahl der vollen und leeren Schüsseln, Platten und Trinkhörner schloss Taran, dass Smoit seit dem Morgen nicht aufgehört hatte zu tafeln. Beim Anblick der drei Freunde sprang der König von seinem eichenen Thronsessel auf, der, geschnitzt wie ein gewaltiger Bär, Smoit selbst erstaunlich glich.
»Bei meinen Knochen!«, bellte er, dass das Geschirr auf dem Tisch klapperte und klirrte. »Euer Anblick ist mir lieber als ein Festmahl!« Sein narbenbedecktes Gesicht leuchtete vor Freude, und er schloss die Gefährten so kräftig in seine Arme, als wollte er sie zermalmen. »Kratz doch ein Lied aus deinem alten Kochtopf«, schrie er Fflewddur zu. »Eine freudige Melodie für ein freudiges Zusammentreffen! Und du, mein Junge«, fuhr er fort und packte Taran mit seinen schweren, rot bepelzten Pranken an den Schultern, »beim letzten Mal hast du so jämmerlich ausgesehen wie ein gerupftes Huhn. Und dein zottiger Freund, der hat sich wohl den ganzen Weg von Caer Dallben bis hierher im Gebüsch gewälzt?«
Smoit klatschte in die Hände, brüllte, man sollte mehr Speisen und Getränke heranschaffen, und weigerte sich Tarans Bericht anzuhören, bevor die Gefährten nicht gesättigt wären und er selbst ein weiteres üppiges Mahl vertilgt hätte.
»Der Spiegel von Llunet?«, sagte Smoit, als Taran schließlich von seiner Suche erzählen konnte. »Ich habe nie von einem solchen Ding gehört. Du kannst genauso gut eine Nadel in einem Heuhaufen suchen wie einen Spiegel in den Bergen von Llawgadarn.« Der König zog seine mächtigen Brauen zusammen und schüttelte den Kopf. »Das Llawgadarn-Gebirge liegt im Gebiet der Freien Commots, und ob die Leute dort Lust haben, dir zu helfen …«
»Die Freien
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