Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet
versuchten den König am Ufer zu überholen. Taran, der dem anderen Ufer schon näher war, erzwang von Melynlas eine letzte Anstrengung, sprang aus dem Sattel an das trockene Ufer und lief, so schnell er konnte, hinter Smoit her. Das Getöse von rauschendem Wasser drang an seine Ohren, und zu seinem Entsetzen erkannte Taran, dass der König unaufhaltsam einem Wasserfall entgegengetrieben wurde. Tarans Herz schlug zum Zerspringen. Doch bevor er noch die Stromschnelle erreicht hatte, sah er, dass der rote Bart des Königs in dem wirbelnden Wasser versank. Er stieß einen Schrei der Verzweiflung aus, als Smoit in den schäumenden Wassern verschwand.
Das Urteil
aran kletterte hastig über die Felsen hinab, die den mächtigen Wasserfall säumten. In der weißen Gischt konnte er mit Mühe Smoits plumpen Körper erkennen, der sich in den strudelnden Wassermassen kreiselnd drehte. Ohne auf das tosende Wasser zu achten, stürzte sich Taran in den Fluss, griff nach Smoits Gürtel und konnte ihn packen. Mit äußerster Anstrengung und unter ständiger Gefahr, selbst in die tödlichen Wirbel gezogen zu werden, gelang es ihm endlich, den halb bewusstlosen König ins seichte Uferwasser zu ziehen.
Smoit blutete heftig an der Stirn. Sein sonst rotes Gesicht war kalkweiß. Taran versuchte den schwerfälligen Körper ans seichte Ufer zu zerren. Gurgi und Fflewddur, die Taran nachgeeilt waren, halfen ihm. Smoit brach wie ein gestrandeter Wal zusammen.
Gurgi winselte ängstlich und lockerte die Kleider des Königs, während Taran und der Barde sich in alle Eile um die Verletzungen kümmerten.
»Er kann von Glück sagen, wenn er sich nur den Schädel und die Hälfte seiner Rippen gebrochen hat«, sagte Fflewddur. »Ein anderer wäre glatt auseinandergebrochen. Aber wir sind ganz hübsch in der Patsche«, fügte er leise hinzu, dass nur Taran es hörte, und sah dabei zu den Kriegern hinüber, die sich um den bewusstlosen Smoit sammelten. »Er wird jetzt weder Gast noch Goryon aufs Kreuz legen. Er braucht Pflege. Am besten wäre es, wenn wir ihn nach Caer Cadarn brächten.«
Taran schüttelte den Kopf. Er dachte an Smoits Worte über die benachbarten Cantref-Fürsten, die nur auf eine Gelegenheit zum Angriff lauerten. Er dachte auch daran, dass das beste Mittel, Gast und Goryon zu versöhnen, wäre, die Wunderkuh Cornillo zu finden. Aber seine Gedanken waren so wirr wie das Gewebe Orddus. Am liebsten hätte er mit Smoit tauschen wollen. Bewusstlosigkeit schien ihm in diesem Augenblick der beneidenswerteste Zustand zu sein. »Aeddans Hof liegt näher«, sagte er schließlich. »Wir werden ihn dorthin bringen, und Gurgi soll bei ihm bleiben. Wir beide müssen Gast und Goryon suchen und alles tun, ihren Kampf zu beenden. Und was Cornillo und die Herde angeht, so zweifle ich, ob wir überhaupt noch hoffen dürfen, sie jemals zu finden.«
Die Gefährten rissen ihre Mäntel in Streifen, um Smoits Wunden zu verbinden. Die Lider des Königs flatterten, und er stöhnte laut auf. »Gebt mir was zu essen!«, keuchte er. »Wenn ich auch halb ersoffen bin, so möchte ich nicht noch halb verhungern.« Er legte Taran eine Hand auf die Schulter. »Mein guter Junge, mein guter Junge. Du hast mir das Leben gerettet. Einen Augenblick noch, und ich wäre zu Pudding zerschlagen worden. Erbitte, was immer du willst, und ich werde es dir geben.«
»Ich bitte um nichts«, erwiderte Taran, während er einen Verband um Smoits gewaltige Brust legte. »Meinen sehnlichsten Wunsch«, murmelte er, »den kann mir doch niemand erfüllen.«
»Ganz gleich«, schnaufte Smoit, »was ich dir geben kann, das sollst du haben.« Schmerzverzerrten Gesichts versuchte er auf die Beine zu kommen.«
»Herr, du kannst nicht weit gehen«, begann Taran. »Erlaube uns, mit deinen Kriegern wegzureiten und …«
»Lieber Herr! Höre!«, rief Gurgi aufgeregt. »Höre mit Lauschen!« Auch Llyan musste ein Geräusch vernommen haben, denn ihre Ohren stellten sich auf und ihre Schnurrhaare sträubten sich.
»Das ist mein Magen! Er ruft nach Fleisch und einem Trunk!«, schrie Smoit. »Und er muss laut sein, denn ich bin leer wie eine Trommel!«
»Nein! Nein!«, rief Gurgi, packte Taran am Arm und zog ihn am Flussufer entlang. »Nicht Trommeln und Trappeln, Murren und Muhen!«
Auf den Barden gestützt, stolperte Smoit hinter ihnen her. Gurgi hatte die Wahrheit gesagt. Seine scharfen Ohren hatten ihn nicht getäuscht, denn jetzt hörte auch Taran ein entferntes Muhen. Gurgi rannte
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