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Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet

Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet

Titel: Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lloyd Alexander
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Diesmal aber verschwanden die Gesichter nicht. Er blinzelte. Jemand hatte das Schaffell vom Fenster entfernt. Die Sonne schien ihm ins Gesicht.
    »Gurgi? Kaw?«, murmelte Taran. »Fflewddur? Was ist mit dir los? Du siehst aus, als ob du halbiert wärst.«
    »Dir steht es wohl kaum zu, über das Aussehen anderer zu urteilen, alter Freund.« Der Barde kicherte. »Wenn du dich sehen könntest, dann müsstest du zugeben, dass du übler aussiehst als ich.«
    Gurgi war aufgesprungen, hatte vor Freude einen Purzelbaum geschlagen und in die Hände geklatscht. Unsicher blickte Taran ihn an.
    »Lieber Herr ist wieder wohlauf!«, rief Gurgi. »Er ist wohlauf, ohne Ächzen und Stöhnen, ohne Zittern und Bibbern. Und der treue, geschickte Gurgi hat ihn gepflegt!«
    »Allerdings«, bestätigte Fflewddur. »In den letzten zwei Wochen war er beschäftigt wie eine Glucke. Selbst wenn du sein Lieblingslamm gewesen wärst, hätte er dich nicht besser umsorgt. Ich selbst komme direkt von Caer Dallben«, fuhr der Barde fort. »Das heißt – nun ja – in Wirklichkeit habe ich mich verirrt. Dann begann es zu schneien. Llyan watete bis zu den Ohren im Schnee, und schließlich konnte auch sie nicht mehr. Eine Zeit lang suchten wir in einer Höhle Unterschlupf – Großer Belin! Ich glaubte schon nicht mehr, das Tageslicht je wieder zu sehen.« Fflewddur deutete auf seine zerschlissene Kleidung. »Auf solchen Reisen kommt man eben herunter. Ganz zu schweigen davon, dass man zu drei Viertel verhungert. Kaw war es schließlich, der uns fand. Und er führte uns dann auch auf gangbaren Wegen hierher. Und Dallben«, erzählte Fflewddur weiter, »Dallben war sehr aufgeregt, viel mehr als er sich anmerken lassen wollte. Aber alles, was er sagte, war: ›Taran ist nicht der Sohn des Hirten. Aber wie dem auch sei, er steckt in einer Sache, die er sich ganz allein ausgesucht hat.‹ Und so kam ich also zurück, so schnell ich konnte«, schloss der Barde. »Leider erreichte ich euch nicht früher.« Er schüttelte den Kopf. »Gurgi erzählte mir, was geschehen ist.«
    »Craddoc sehnte sich nach einem Sohn«, antwortete Taran langsam, »so wie ich mich nach Eltern sehne. Vielleicht wäre ich glücklicher gewesen, wenn ich ihm geglaubt hätte. Ganz zuletzt aber habe ich ihm geglaubt. Gurgi und ich, wir hätten uns retten können. Ich blies das Horn für Craddoc. Hätte ich es früher getan, vielleicht würde er noch leben. Er besaß Mut und ein gutes Herz, ein stolzer Mann. Jetzt ist er tot. Ich habe den Hilferuf für einen Notfall bewahrt, und als ich ihn hatte, da war der Ruf verschwendet.«
    »Verschwendet?«, antwortete Fflewddur. »Ich glaube nicht. Du hast dein Bestes getan und nicht gezögert, von dem Horn Gebrauch zu machen. Darum solltest du nicht von Verschwendung reden.«
    »Es gibt noch etwas, was du nicht weißt«, sagte Taran. Er blickte dem Barden ins Auge. »Mein Bestes? Im ersten Augenblick dachte ich daran, Craddoc auf dem Felsvorsprung liegen zu lassen.«
    »Nun ja«, erwiderte der Barde, »jeder hat einmal einen Augenblick der Schwäche. Wenn wir alle täten, wie wir wollten, dann wäre es recht traurig in Prydain. Zähle die Taten, nicht die Gedanken.«
    »Hier zählt der Gedanke nicht weniger«, sagte Taran mit kalter Stimme. »Willst du die Wahrheit wissen? Ich schämte mich von niedriger Herkunft zu sein. Ich schämte mich so sehr, dass ich krank davon wurde. Ich hätte Craddoc im Tod allein gelassen. Ja, ich hätte ihn im Stich gelassen, damit er stirbt! Weil ich glaubte, dadurch von ihm befreit zu werden. Ich schämte mich meiner selbst.« Er wandte sich ab und schwieg.
    Die Gefährten überwinterten in der Hütte, und ganz allmählich kehrten Tarans Kräfte zurück. Als es zu tauen begann, als der schmelzende Schnee in der Sonne glänzte und die Bäche sich aus den Fesseln des Eises befreiten, stand Taran schweigend vor der Tür und schaute hinüber zu den blassgrünen Gipfeln und dachte darüber nach, was lange in seinem Herzen verborgen war.
    »Bald werden wir aufbrechen können«, sagte Fflewddur. Er hatte nach den Pferden und nach Llyan gesehen. »Die Pässe müssten eigentlich frei sein. Der See Llunet kann nicht weit von hier liegen, und mit Kaws Hilfe werden wir ihn in kürzester Zeit erreichen.«
    »Ich habe genau darüber nachgedacht«, erwiderte Taran. »Den ganzen Winter über habe ich versucht zu entscheiden, was ich tun soll. Ich habe keine Antwort gefunden. Eines ist aber klar, und dazu habe ich mich

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