Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet
Gefängnis. Und jetzt weiß ich nicht, ob ich je wieder so unermüdlich arbeiten und so viel gewinnen werde.« Er wandte sich an Gurgi. »Wohin?« Er kniete nieder, riss eine Hand voll trockenen Grases aus und warf es in die Luft. Der Wind trug die Halme ostwärts, auf die Freien Commots zu. »Dorthin«, sagte Taran. »Wohin der Wind bläst, dorthin wollen wir ihm folgen.«
Da weder Taran noch Gurgi die Schafe im Stich lassen wollten, schieden die beiden Reisenden von dem Tal mit einer kleinen blökenden Herde hinter sich. Taran hatte die Absicht, die Tiere auf dem ersten Bauernhof mit gutem Weideland anzubieten, aber es gingen einige Tage dahin, und sie trafen auf keinen bewohnten Ort. Die beiden Gefährten waren in südöstlicher Richtung aufgebrochen, aber bald überließ Taran Melynlas die Zügel, und obwohl er bemerkte, dass der Hengst mehr nach Osten als nach Süden drängte, achtete er wenig darauf, bis sie in die Nähe des Ufers eines breiten, rasch dahinfließenden Flusses kamen. Hier dehnte sich üppiges Weideland. Vor sich erblickte er eine leere Hürde. Er sah keine Herde, aber das Tor der Einfriedung stand weit offen, als ob die Rückkehr der Tiere erwartet würde. Die niedrige Hütte und die Nebengebäude waren hübsch und in gutem Zustand. Ein Paar langhaarige Ziegen weideten in der Nähe des Vorgartens. Taran blickte sich erstaunt um. Rings um das Wohngebäude standen alle möglichen Arten von geflochtenen Körben, manche groß, andere klein, manche auf Stelzen, andere achtlos hingeworfen. Einige Bäume am Fluss trugen hölzerne Plattformen, und am Flussufer entlang entdeckte Taran etwas, was ein Wehr aus sorgsam ineinander verflochtenen Ästen zu sein schien. Hölzerne Stangen sicherten eine Anzahl von Netzen und Angeln, die in der Strömung trieben. Das war das eigenartigste Gehöft, das er jemals gesehen hatte.
Taran ritt näher und stieg ab. Eine hohe Gestalt trat unterdessen aus der Hütte und schritt auf die Gefährten zu. Die Frau des Bauern spähte, wie Taran bemerkte, aus dem Fenster. Gleichzeitig tauchten wie aus dem Nichts ein halbes Dutzend Kinder unterschiedlichen Alters auf und hüpften und liefen auf die Herde zu. Sie lachten fröhlich und riefen sich zu: »Sie sind da, sie sind da!« Als sie Gurgi entdeckten, wandten sie ihre Aufmerksamkeit von den Schafen ab und drängten sich um ihn, klatschten in die Hände vor Freude und begrüßten ihn so herzlich, dass der verblüffte Bursche nur lachen und zur Erwiderung auch in die Hände klatschen konnte.
Der Mann, der vor Taran stand, war steckendürr, mit schütterem Haar, das lose in die Stirn hing, und blauen Augen, so hell wie die Augen eines Vogels. Mit den schmalen Schultern und den spindeldürren Beinen sah er tatsächlich aus wie ein Kranich oder ein Storch. Seine Jacke war an den Armen zu kurz, am Körper zu lang, und seine ganze Kleidung schien aus Stücken aller Größen, Formen und Farben zusammengesetzt zu sein.
»Ich bin Llonio Sohn des Llonwen«, sagte er, lächelte freundlich und winkte mit der Hand. »Herzlich willkommen, wer ihr auch sein mögt.«
Taran verbeugte sich höflich. »Mein Name – mein Name ist Taran.«
»Ist das alles?«, fragte Llonio. »Als Name ist es ein wenig kurz, mein Freund.« Er lachte gutmütig. »Soll ich dich nennen, Taran Sohn des Niemand? Taran von Nirgendwo? Da du lebst und atmest, bist du doch offenbar der Sohn von zwei Eltern. Und gewiss bist du von irgendwoher gekommen.«
»Dann nenne mich Taran den Wanderer«, erwiderte Taran.
»Taran der Wanderer? Gut, wenn es dir so recht ist.« Llonios Blick zeigte Neugier, aber er fragte nicht weiter. Als dann Taran davon sprach, dass sie Weide für die Schafe suchten, nickte er eifrig.
»Ja, die können hier bleiben und ich danke euch«, rief er. »Es gibt keinen Platz, wo das Gras frischer und wohlschmeckender ist und wo die Hürde sicherer wäre. Wir haben seit dem ersten Tauwetter daran gearbeitet.«
»Ich fürchte aber, die Hürde wird für deine eigene Herde zu eng«, sagte Taran. Allerdings wäre er doch sehr zufrieden gewesen, seine Schafe hier zu lassen, denn das Weideland war fett und die Umzäunung solide.
»Meine Herde?«, fragte Llonio lachend. »Ich hatte bis zu diesem Augenblick keine Herde! Wenn wir auch die ganze Zeit hofften und warteten und die Kinder von nichts anderem mehr sprachen. Es war ein glückliches Windchen, das euch zu uns wehte. Goewin, meine Frau, braucht Wolle, um unsere Kleinen zu kleiden. Jetzt haben wir
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