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Taran Bd 5 - Der Fürst Des Todes

Taran Bd 5 - Der Fürst Des Todes

Titel: Taran Bd 5 - Der Fürst Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lloyd Alexander
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dieser Nacht schlief Taran unruhig. Die Freude, die ihn anfangs erfüllt hatte, war vergangen und entschwunden wie ein bunter Vogel, den er vergeblich zurücklocken wollte. Selbst der Gedanke an Eilonwy und die Freuden im Sommerland, die auf ihn warteten, vermochten ihn nicht aufzuheitern.
    Schließlich erhob er sich und trat unsicher ans Fenster. Das Lagerfeuer der Söhne aus dem Hause Don war niedergebrannt, und der volle Mond verwandelte die schlafenden Felder in ein Meer aus Silber. Weit jenseits der Hügel stieg eine Stimme empor und sang leise, aber klar. Eine zweite fiel ein und noch eine. Taran hielt den Atem an. Nur einmal, vor langer Zeit im Feenreich, hatte er dergleichen gehört. Nun schwoll der Gesang an, herrlicher, als er in Erinnerung hatte, und eine Woge von Tönen, klarer als Mondstrahlen, überflutete den Garten und die Felder. Plötzlich brachen sie ab.
    Taran seufzte tief, er wusste, er würde so etwas Wunderbares nie wieder erleben. Und dann hörte er – doch vielleicht war es nur seine Einbildung –, wie schwere Tore zufielen.
    »Was? Du schläfst nicht, mein Hühnchen?«, sagte eine Stimme hinter ihm. Er fuhr herum. Das Licht, das sein Zimmer erfüllte, verwirrte ihn, doch als er sich daran gewöhnt hatte, sah er drei hohe, hagere Gestalten. Zwei von ihnen waren in weiße, goldene und brennend rote Gewänder gehüllt. Doch war es schwer, die Farbe zu bestimmen, denn sie änderte sich ständig. Die dritte trug einen Mantel mit einer Kapuze aus glänzendem, schwarzem Stoff. Geschmeide funkelten in den Flechten der ersten. Die zweite trug eine Kette von weißen Perlen um den Hals. Taran sah, dass ihre Gesichter ruhig waren und wunderschön. Und obwohl er die Züge der dritten nicht erkennen konnte, wusste er doch, dass sie nicht weniger schön sein konnten.
    »Du schläfst nicht und hast dazu noch die Sprache verloren, mein Vögelchen«, sagte die mittlere. »Und morgen wird es dann gähnen, anstatt vor Freude zu springen, mein Häschen.«
    »Eure Stimmen – ich kenne sie genau«, stammelte Taran. Er war kaum fähig zu sprechen. »Aber eure Gesichter – ja, einmal habe ich sie gesehen, einmal, vor langer Zeit in den Marschen von Morva. Aber ihr könnt nicht dieselben sein. Orddu, Orwen und Orgoch?«
    »Natürlich sind wir es, mein Gänschen«, sagte Orddu. »Freilich, es ist wahr, immer wenn du uns getroffen hast, sahen wir nicht sehr vorteilhaft aus.«
    »Aber gut genug«, brummte Orgoch unter ihrer Kapuze. Orwen kicherte mädchenhaft und spielte mit ihren Perlen.
    »Du darfst nicht denken, dass wir immer wie alte Hexen aussehen«, sagte sie. »Nur wenn es erforderlich ist.«
    »Warum seid ihr gekommen?«, fragte Taran. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass die Stimmen der alten Hexen von solchen lieblichen Geschöpfen kamen. »Reist ihr auch ins Sommerland?«
    Orddu schüttelte den Kopf. »Wir reisen, aber nicht mit euch. Salzluft bekommt Orgoch nicht. Wir reisen – nun – irgendwohin. Du kannst sogar sagen: überallhin.«
    »Du wirst uns nicht mehr wieder sehen«, fügte Orwen fast bedauernd hinzu. »Wir werden dich vermissen. Das heißt, soweit wir überhaupt jemanden vermissen können. Vor allem Orgoch hätte dich liebend gern … Nun, ich will nicht wieder davon anfangen.«
    Orgoch schnaubte.
    Orddu hatte währenddessen einen bunten Teppich auseinandergefaltet und zeigte ihn Taran.
    »Wir sind gekommen, um dir dies zu bringen«, sagte sie. »Nimm es und achte nicht auf Orgochs Gebrumm. Sie wird ihre Enttäuschung schon überwinden – sie hat ja sonst nichts weiter zu tun.«
    »Ich habe das schon auf deinem Webstuhl gesehen«, sagte Taran misstrauisch. »Warum gibst du es mir? Ich habe euch nicht darum gebeten, und ich habe nichts, womit ich bezahlen könnte.«
    »Es gehört dir, mein Rotkehlchen«, entgegnete Orddu. »Es kommt von unserem Webstuhl, wenn du es genau wissen willst. Aber eigentlich warst du es, der es gewoben hat.«
    Verwirrt starrte Taran auf den Stoff. Er war übersät mit Figuren von Männern und Frauen, Kriegern und Rossen, Vögeln und anderen Tieren.
    »Das sind Bilder aus meinem Leben«, sagte er verwundert.
    »Aber natürlich«, nickte Orddu. »Das ist das Muster, das du gewählt hast.«
    »Das ich gewählt habe?«, fragte Taran. »Nicht ihr? Ich hatte geglaubt …«
    Er unterbrach sich und sah zu Orddu auf. »Ja«, sagte er langsam, »einst hatte ich geglaubt, die Welt würde von euch geführt. Nun sehe ich, dass es nicht stimmt. Die Fäden des Lebens

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