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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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zurück: »Warte! Ich glaube nicht, dass sie uns feindlich gesinnt sind.«
    »Wie kommst du darauf?«, knurrte der Bär unruhig.
    »Es ist so ein Gefühl …«
    »Ich hoffe, dein Gefühl trügt dich nicht.« Sehr aufmerksam verfolgte Bromm, wie die Unterirdischen in vielleicht zwei Schritt Entfernung erneut zum Stehen kamen. Zwei von ihnen trugen mannshohe Stäbe, auf deren Spitze ein perfekt geschliffener runder Kristall saß, und als das Licht von Esdurial langsam verblasste, stießen sie selbige gleichzeitig mit einem dumpfen Schlag auf dem Steinboden auf, und die Kristalle erglühten in einem sanften Schimmer, der die Szenerie in ein goldenes Licht tauchte. Dann trat ein dritter Unterirdischer vor und ließ sich knirschend neben dem Jungen auf die Knie sinken. Fasziniert erkannte Tarean, dass das, was er für Haut gehalten hatte, tatsächlich ein unglaublich kompliziertes Mosaik aus kleinen und größeren Steinen war. Es schien wahrhaftig so, als bestünden diese Wesen aus lebendigem Basalt.
    Überraschend sanft legte der Unterirdische seine schwere Hand auf Tareans gebrochenes Bein, und trotzdem zuckte der Junge unter der Berührung zusammen. Das hünenhafte Geschöpf, dem nicht anzusehen war, ob es Mann oder Frau war, wenn es denn derlei Unterscheidungen bei diesen Wesen überhaupt gab, drehte den klobigen Kopf und blickte ihn aus unergründlichen blauen Augen an. Und dann sprach es plötzlich: »Schmerz.«
    Tarean starrte es nur fassungslos an.
    »Schmerz«, wiederholte der Unterirdische. Seine Stimme hörte sich wie das Mahlen von Granitplatten an, dumpf und grollend und ohne jedweden melodischen Klang, und es schien, als habe er Mühe, die fremdartigen Laute der Menschensprache zu formen.
    Endlich nickte der Junge. »Ja, mein Bein ist gebrochen.« Und einer Eingebung folgend fügte er hinzu: »Könnt Ihr uns helfen?«
    Sein Gegenüber schien einen Moment darüber nachdenken zu müssen. Dann nickte das Wesen. »Komm.« Und es stand auf.
    Tarean blickte fragend seinen Gefährten an: »Bromm?«
    »Das gefällt mir gar nicht«, brummte der Bär. »Aber wenn sie uns hätten töten wollen, wären wir vermutlich schon tot. Also können wir uns auch an dein Gefühl halten und ihnen vertrauen – einstweilen.«
    Während ihm die Unterirdischen stumm und scheinbar teilnahmslos zuschauten, packte er ihre wenigen Habseligkeiten in einen behelfsmäßigen Beutel aus Segeltuch, den er sich auf den Rücken band. Dann nahm er zwei lange Streben und fertigte mithilfe der Decken und etwas Seil eine einfache Schleiftrage, auf die er den Jungen bettete. Als er die Trage am Kopfende anhob, trat einer der Unterirdischen ans Fußende und nahm dieses hoch. »He!«, grollte Bromm leicht widerwillig, doch Tarean legte ihm die Hand auf den pelzigen Unterarm. »Lass sie, sie wollen doch nur helfen.«
    Der Bär schnaubte, aber er schwieg.
    Und so setzte sich der seltsame Zug in Bewegung. Im goldenen Licht der Stabkristalle, welche die Unterirdischen dem Anschein nach aus Rücksicht auf ihre Gäste nicht wieder verlöschen ließen, konnte Tarean erkennen, dass sie einem abschüssigen Gang folgten, der sie hinab in die Tiefe führte. Vereinzelte Tropfsteine hingen von der Decke und glitzerten, wenn der Schein der Kristalle auf sie fiel, und nur gelegentlich passierten sie Stellen, die von den Unterirdischen offenbar nachträglich ausgeweitet worden waren, um Platz für ihre massigen Leiber zu schaffen.
    Eine unbestimmte Zeitspanne wanderten sie so, ohne ein Wort zu sprechen, dahin und drangen dabei immer tiefer in den Schoß der Erde vor. Einmal durchquerten sie einen gewaltigen Felsendom, dessen Größe nicht zu ermessen war und dessen im Dunkel liegende Decke von gewaltigen Gesteinssäulen getragen wurde, die für sich genommen bereits an kleine Berge erinnerten. Dann wieder folgten sie einem schmalen Pfad am Rande eines lotrecht in die Tiefe abfallenden Abgrunds, aus dessen unergründlicher Schwärze das leise Rauschen eines unterirdischen Flusses zu ihnen empordrang. Und immer schloss sich ein weiterer Gang oder Stollen oder Spalt an, durch den die sechs Unterirdischen sie ins Herz einer Welt führten, die sich, so wollte es dem Jungen zumindest erscheinen, unter der Oberfläche der gesamten westlichen Reiche erstreckte.
    Er vermochte nicht zu sagen, wie lange sie unterwegs gewesen waren, denn Tag oder Nacht hatten in diesen lichtlosen Tiefen keinerlei Bedeutung, als sie plötzlich aus einem schmalen Tunnel heraustraten und eine

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