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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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der König hielt seine Garde mit einer Handbewegung zurück, bevor er Auril aus dunklen, klugen Augen ansah. »Ihr wisst, dass Ihr einen schweren Bruch der Etikette begeht, der für Euch die Verbannung aus Airianis bedeuten kann?«
    Auril erwiderte seinen Blick ohne Scheu. »Es soll mir die Verbannung wert sein. Ich muss ohnehin bald weiterreisen. Aber vorher möchte ich noch etwas sagen.«
    Ieverin lehnte sich langsam zurück. »Dieser Tag ist bereits ungewöhnlich genug. Auf ein Ereignis mehr oder weniger kommt es nicht mehr an. Also, was wollt Ihr, Albenfrau?«
    »Was ich will?«, echote sie. Sie drehte sich langsam im Kreis, um sich der Aufmerksamkeit aller zu versichern. »Was ich will, ist, Euch in die Augen schauen und mich selbst davon überzeugen, dass in den Herzen des so stolzen Volkes der Taijirin tatsächlich kein Mut, keine Ehre und kein Mitgefühl mehr verblieben sind.«
    »Eine unsägliche Beleidigung! Ich will diese Frau in Ketten sehen«, donnerte Shiraik von seinem Platz aus.
    »Kein Mut mehr«, schrie Auril gegen die aufkommende Unruhe in der Halle an, »einem Feind wie den Wolflingen entgegenzutreten, denen ein Menschenknabe im Kampf überlegen ist. Keine Ehre mehr, für eine Sache einzutreten, auch wenn sie gefahrvoll sein mag, einfach weil es richtig ist, für diese Sache einzutreten. Und kein Mitgefühl mehr, einem Verbündeten, der Euch zwei Mal um Beistand bittet, den starken Arm zu reichen. Es mag einst ein stolzes Volk der Vogelmenschen gegeben haben – doch in diesem Raum befindet sich nur noch ein einziger Vertreter dieses Volkes.« Sie deutete auf Iegi, der zu ihren Füßen stand. »Seht ihn Euch genau an: Er mag der Letzte seiner Art sein.« Sie schnaubte wütend. »Und jetzt entschuldigt mich. Ich muss nach At Arthanoc. Denn dort wird in Kürze ein neues Kapitel in der Geschichte unserer Welt geschrieben.«
    Und damit sprang sie vom Rednerpodest, nickte Iegi zu und schritt auf das Portal der Ratshalle zu.
    Da vernahm sie plötzlich die Stimme des jungen Prinzen in ihrem Rücken. »Und ich gehe mit ihr! Als Vertreter meines Volkes! Verbanne auch mich dafür, wenn du musst, Vater, aber du wirst mich nicht aufhalten können!« Lächelnd drehte sich Auril um und sah, wie der Vogelmensch auf sie zustürmte.
    Gleichzeitig trat Karnodrim an ihre Seite. »Ich bin fast froh, dass du nicht an der Runden Tafel der Setten so gesprochen hast«, raunte er. »Ich weiß nicht, ob ich so beherzt wäre wie unser junger Heißsporn hier.« Dabei grinste er in seinen Bart hinein, als sie zu dritt die Ratshalle verließen, ein Sette, eine Albin und ein Taijirin Seite an Seite, während ihnen die aufgeregten Stimmen der Ratsmitglieder hinterherschallten.
    Iegi brachte Auril und Karnodrim zurück zu ihren Quartieren, nur um sich gleich wieder auf den Weg zu machen. »Ich danke Euch für Eure Worte im Rat«, sagte er zum Abschied zu Auril. »Ich glaube, Ihr habt sie mehr aufgerüttelt, als es mir jemals möglich gewesen wäre. Und auch wenn daraus nichts erwachsen wird, so war es trotzdem dringend an der Zeit dafür.«
    »Was geschieht nun?«, wollte die Albin wissen.
    »Ich muss noch einige Vorbereitungen treffen, sehen, wen ich von den jungen Taijirin auf meine Seite ziehen kann. Haltet Euch unterdessen bereit. Morgen reiten wir los – nachdem wir ein letztes Zeichen gesetzt haben.«
    Als Auril am nächsten Morgen auf die Plattform vor ihrer Unterkunft trat, stand mitten in der Luft, dem Kern von Airianis direkt gegenüber, ein Greif auf einer Wolke. Das prächtige Tier verharrte völlig ruhig, die Flügel angelegt, als hätte es festen Boden unter den Füßen und nicht bloß eine Ansammlung von flockigem Weiß, die im besten Falle aus Watte zu bestehen schien.
    Auf seinem Rücken saß Iegi, und der Vogelmensch hatte sich, genau wie sein Reittier, prachtvoll herausgeputzt. Er trug seinen bronzenen Harnisch, der im Schein der morgendlichen Sonne glänzte, und darüber ein fließendes Gewand, das demjenigen ähnelte, das sein Vater tags zuvor in der Versammlung getragen hatte. In der Hand hielt er seinen Kampfstab, aufrecht präsentiert wie die Lanze eines breganorischen Ritters vor einem großen Turnier. Reglos und mit ernster Miene glich er einem Mahnmal, das die Bewohner der erwachenden Stadt nicht ohne ein schlechtes Gewissen anzuschauen vermochten.
    Jeden Moment erwartete die Albin eine Abordnung Soldaten, ausgeschickt von diesem unsäglichen Fürst Shiraik, die den Prinzen in die Mitte nehmen und

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