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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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ein reißender Gebirgsbach zwischen ihnen liegen können.
    Tarean erwehrte sich seiner Haut, so gut er konnte. Er duckte sich, sprang, parierte, stach zu, eine schier endlose Abfolge rascher Bewegungen, oft eher instinktiv als bewusst ausgeführt. Es war nicht so schlimm, wie oben auf dem Felsplateau, als er alleine fünf Gegnern gegenübergestanden hatte, denn hier waren die Verhältnisse ausgeglichen, hatten sich jetzt möglicherweise sogar zugunsten der Dorfbewohner verschoben. Dennoch war an Verschnaufen nicht zu denken, wenn er dem Feind nicht den Rücken zukehren und in eine der dunklen Seitengassen fliehen wollte, um dort Schutz zu suchen. Und abgesehen davon, dass er Ilrod nicht im Stich lassen wollte, war ihm dieser Weg im Augenblick versperrt, denn er hatte sich ungewollt ins dichteste Getümmel, unweit der zertrümmerten Karrenbarrikade manövriert. Er zog sein Schwert in einem perfekten Halbkreis nach rechts durch und brachte dadurch einen weiteren Wolfling zu Fall, dem bereits mehrere kurze Armbrustpfeile im Rücken steckten. Bevor aber auch nur ein kurzes, triumphierendes Lächeln über sein vor Anstrengung zur Grimasse verzerrtes Gesicht huschen konnte, vernahm er ein erdentiefes Grollen in seinem Rücken.
    Er wirbelte herum.
    Keine fünf Schritt von ihm entfernt war ein riesiger Grawl mit nachtschwarzem Pelz wie aus dem Boden gewachsen. Von seinem Rücken stieg Rauch auf, und sein Fell stank verbrannt. Seine gewaltigen Pranken schlossen sich um eine schwere, mit Eisenspitzen gespickte Keule, die er mit zornigem Knurren beidhändig über den Kopf erhob. Und dann stürmte er Tarean entgegen, und irgendwie wusste der Junge, dass er diesen Angriff nicht würde parieren können.
    Auf einmal schien sich die Zeit zu verlangsamen. Alle Geräusche um ihn herum verebbten, bis er nur noch seinen eigenen Herzschlag vernahm, ein dumpfes, doppeltes Donnern, das sein ganzes Ich auszufüllen schien. Die Bewegungen des Grawls, der die furchtbare Keule zum tödlichen Schlag hoch erhoben hatte, wurden träge, und sein hasserfülltes Gesicht schien sich in eine Fratze der Anstrengung zu verwandeln, so als kämpfe er sich durch tiefes Wasser.
    Überall um Tarean herum legte sich eine Patina traumwandlerischer Unwirklichkeit über das Gemetzel, während die Kontrahenten, in einem schwerfälligen Ballett des Todes gefangen, wie in Zeitlupe die Klingen kreuzten. Mit fast übernatürlicher Schärfe und Klarheit erfasste der Junge alle Einzelheiten des um ihn herum wogenden Kampfes: Henrod, wie er die blutige Klinge seines Schwertes aus einem tödlich getroffen zu Boden stürzenden Wolfling riss, eine andere Bestie, die mit einem furchtbaren Wuchtschlag ihrer bloßen Klauenhände einen Soldaten von den Füßen fegte, Bor, der einen dritten Wolfsmenschen mit seinen starken Armen umklammert hielt und mit einer übermenschlichen Kraftanstrengung das Leben aus ihm herauszupressen suchte, während aus einer klaffenden Wunde in seinem Rücken der eigene Lebenssaft das schlammige Erdreich tränkte.
    Tarean stand inmitten dieses Reigens aufeinanderprallender, ineinander verkeilter, sich umschlingender und windender Leiber, und es war ihm, als sei er nur noch ein Zuschauer, als berühre ihn der allgegenwärtige Tod, der um ihn herum blutige Ernte hielt, nicht mehr.
    Und dann sah er die Gestalt.
    Zwischen den haarigen Körpern der Wolflinge, den braunen Lederharnischen und stumpfgrauen Kettenhemden der Soldaten, zwischen den mit verbissener Gewalt geschwungenen Äxten, Schwertern und Keulen, zwischen dem in dicken Tropfen, feinen Sprühnebeln und grässlichen Fontänen durch die Luft spritzenden Schweiß, Blut und Geifer stand ein Mann.
    Er trug einen weiten, weißen Umhang, der vorne geöffnet war und das strahlende Silber eines makellosen, prachtvollen Plattenpanzers enthüllte. An seiner Seite hing eine Schwertscheide, doch es war kein Schwert in ihr, und auch sonst schien der Fremde, dessen Gesicht von der Kapuze seines Mantels verdeckt wurde, waffenlos. Ein geisterhaftes Licht umschmeichelte die Gestalt wie flüchtige Nebelgespinste, die über einer Wiese im Morgengrauen liegen, und verlieh ihr einen unirdischen Glanz, so als sei der Fremde, mehr noch als Tarean, nicht mehr Teil dieser Schlacht, nicht einmal mehr Teil dieser Welt.
    Obwohl sich weder der verwirrte Junge noch die verhüllte Gestalt auch nur einen Schritt bewegten, bildete sich wie von selbst eine Gasse zwischen ihnen, als sich die Kämpfe der verbissen ringenden

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