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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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Zeiten, in denen Bergen das Bindeglied zwischen dem Kernland von Breganorien und Albernia gewesen war und die Handelsstraße regen Güterverkehr gesehen hatte, waren lange vorbei. Heute traf man nur noch bisweilen eine Familie, die mit schweren Bündeln in den Armen ihrer Heimat den Rücken zugekehrt hatte und auf der Flucht vor der Schreckensherrschaft des Hexenmeisters Richtung Westen zog. Oder es hastete eine kleine Gruppe Reiter vorbei, die mit aufmerksamem Blick und einigen Packpferden in ihrer Mitte heimlich Luxusgüter, Artefakte des Reiches und Informationen nach Bergen schmuggelten. Mitunter spazierte auch ein einsamer Abenteurer vorüber, der in Albernia, das nicht nur frei und weit, sondern auch alt und geheimnisvoll erschien, sein Glück suchen wollte. Und natürlich gab es Wolflingstreifen, die mit bösartigem Glitzern in den gelben Augen auf all diese Reisenden warteten.
    Einer von ihnen war er im Laufe des Tages begegnet. Es war in der schwülen Hitze des Nachmittags gewesen, und er hatte gerade im Schatten einiger Bäume abseits des Weges Rast gemacht, als die Grawls plötzlich auf einer Anhöhe zu seiner Rechten aufgetaucht waren. An eine Flucht war nicht zu denken gewesen, und so hatte er sich in Windeseile ins Geäst der Kastanie in seinem Rücken geschwungen. Und das Glück war ihm hold gewesen. Die hechelnden Wolfskrieger waren an ihm vorbeigeeilt und nach Norden verschwunden, ohne ihn zu bemerken.
    Ein weiterer Blitz und Donnerschlag riss ihn aus seinen Gedanken in die Wirklichkeit zurück. Gleichzeitig trat er mit dem linken Fuß in ein mit Regenwasser gefülltes Schlagloch, stolperte und fiel der Länge nach zu Boden, in den Morast der aufgeweichten Handelsstraße. Er fluchte lautstark und hielt dann erschrocken inne – auch in tiefster Nacht und im furchtbarsten Unwetter trieben sich Wölfe hier draußen in der Wildnis herum. Von ganz anderen, fremdartigen Gefahren, von denen er möglicherweise noch nie gehört hatte, ganz zu schweigen. Er war nicht mehr in Bergen. Er war nicht mehr in Sicherheit. Das durfte er nie vergessen. Also rappelte er sich rasch wieder auf und hastete weiter.
    Endlich erreichte er den trügerischen Schutz des Waldrands und tauchte in das Dunkel unter den Bäumen ein. Und es mochte Zufall sein oder die Macht des Waldes, aber je tiefer er in die Finsternis eindrang, die regelrecht aus dem Boden zu dampfen schien und sich im Dickicht zwischen den alten Stämmen einnistete, desto dumpfer wurde das Toben der Elemente hoch über seinem Kopf. Während der ersten paar hundert Schritt, derweil er noch die etwas hellere Schwärze der Ebene zwischen den schmalen, hohen Bäumen in seinem Rücken erkennen konnte, spürte er noch immer den kalten Wind, der zwischen den Stämmen hindurchfegte und die mächtigen Baumkronen zum Rauschen brachte. Und er spürte auch noch den Regen, der mit dem tausendfachen Triptrap, das an unzählige kleine Füße erinnerte, durch das Blattwerk tropfte. Doch dann ging der Waldboden in ein sanftes Gefälle über, und während der Junge vorsichtig der Straße in die Tiefen des Alten Waldes folgte, verlor sich das Unwetter zusehends, bis der Donner nicht mehr war als ein fernes Grollen am Horizont, der Sturm ein kaum wahrnehmbares Rauschen hoch über seinem Kopf und der Regen nur noch in vereinzelten Tropfen seinen Weg bis zu ihm herab fand.
    Kaum dass die offene Ebene hinter ihm lag, hatte Tarean die kleine Laterne entzündet, die ihm Wilfert mitgegeben hatte. Das Unterfangen war nicht ganz ohne Mühen und Fluchen vonstatten gegangen, denn obwohl die Tasche selbst gut verschlossen gewesen war, und er Feuerstein und Zunder noch einmal extra in eingefettete Stoffbündel eingewickelt vorgefunden hatte, war die Feuchtigkeit irgendwie auch bis in diese hinterste Ecke gedrungen, und es hatte mehrerer Versuche bedurft, einen Span zum Brennen zu bringen, mit dem er den ölgetränkten Docht der Laterne hatte anzünden können. Ohne diese zugegebenermaßen bescheidene Lichtquelle wäre er unter den Bäumen allerdings vollends verloren gewesen, denn auch wenn man auf der Ebene, durch Nacht und Unwetter bedingt, kaum die Hand vor Augen hatte sehen können, herrschte hier zwischen den dicken, knorrigen Stämmen und unter dem dichten, hohen Blätterdach pechschwarze Finsternis. Wäre er ein Däumling und in das Tintenfass Bruder Ingolds gefallen, die Welt hätte nicht dunkler sein können. Auch das schwache Leuchten der Laterne vermochte nur, einen wenige Schritte

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