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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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im Unglück gehabt, denn er war an der breitesten Stelle der Bodensenke heruntergekommen. Nur wenige Schritte weiter Richtung Taleingang oder Talausgang schob sich das Erdreich zusammen und fiel zuletzt fast lotrecht ab. Der Taleingang war nicht viel breiter als ein Mann, eine schmale Spalte im Felsgestein, das den Kessel einfasste. Einen Ausgang gab es genau genommen nicht, denn das Tal verjüngte sich zum Ende hin einfach, bis die Felswände schließlich zueinander fanden.
    Und dort hinten, im Halbdunkel mehr zu erahnen, denn zu sehen, befand sich eine Art Bauwerk.
    Über verwunschene Ruinen, die in den Tiefen des Cerashmon verborgen lagen, hatte Wilfert ihm nie etwas erzählt, und Tarean konnte sich eigentlich auch nichts Leichtsinnigeres vorstellen, als in tiefster Nacht in einem Wald, der aus jeder Erdspalte und jedem Astloch Bedrohung atmete, ein möglicherweise uraltes, halb verfallenes Gebäude zu erkunden. Und dennoch … Wenn dein Mut bereits an dieser Hürde versagt, dann wirst du es niemals bis ins Herz von Calvas’ Reich, bis nach At Arthanoc, schaffen.
    Der Junge hob sein Schwert vom Boden auf, das ihm der Sturz aus der Hand geprellt hatte, und das gleichzeitig so fremde und doch vertraute Gewicht von Esdurial in seiner Faust gab ihm Kraft. Langsam näherte er sich dem Gebäude, das eigentlich nicht viel mehr als einen Eingang in der rückwärtigen Wand des Tals darstellte, ein niedriges Portal, das von einem steinernen Vordach beschirmt wurde, das seinerseits auf vier Säulen ruhte. Der unbekannte Steinmetz hatte den Säulen den Anschein von alter Borke verliehen, und das von kunstvoller Hand behauene Dach glich versteinertem Geäst und Blattwerk, das ineinander verschlungen den Eingang ins Erdreich überwucherte. Die Pforte selbst war ein schlichtes, knapp übermannshohes Rechteck. Dahinter herrschte tiefe Schwärze.
    Die Laterne hatte Tarean bei seiner im wahrsten Sinne des Wortes überstürzten Ankunft auf dem Talboden unwiederbringlich ruiniert. Nicht nur das Windglas war zersprungen, auch der Ölbehälter selbst leckte, wie eine rasche Untersuchung ergab. Enttäuscht ließ der Junge die Lampe sinken und betrachtete erneut die Pilzschwämme an den Bäumen.
    Vorsichtig berührte er eines der seltsamen, leuchtenden Gewächse. Es fühlte sich nachgiebig, fleischig und kalt an – wie jeder andere Pilz, den er in den Wäldern oberhalb von Dornhall jemals gesammelt hatte. Er riss zwei große, waagerecht von der Rinde abstehende Schwämme ab und stopfte sie in die Metalleinfassung der Laterne, dann hob er sie vors Gesicht. Das Licht war sanfter als das der Flamme und wies einen kränklichen Grünstich auf, aber für die wenigen Schritte, die der Junge in das Innere des fremdartigen Bauwerks zu tun gedachte, sollte es ausreichen.
    Langsam, zögernd trat er unter das Vordach. Er vermochte sich nicht auszumalen, wer diesen – Ja was war es? Ein Tempel? Ein Ritualplatz? – errichtet haben konnte. Er sah nicht so aus, als sei er von Menschenhand erbaut. Und dass die Alben im Alten Wald einst Kultstätten errichtet hätten, war zumindest keine Lektion, die im Geschichtsunterricht von Bruder Ingold behandelt worden wäre. Doch wer dann?
    Tarean wusste, dass es Völker gab, die er bestenfalls aus Märchen und Bardenliedern kannte und über deren Kultur er nicht das Geringste wusste – die Trolle etwa –, und er konnte sich vorstellen, dass es sogar Völker gab, von denen er noch nie zuvor gehört hatte –, wie die Taijirin, die ihm bis zum Zusammentreffen mit Iegi völlig unbekannt gewesen waren. Es lag also keineswegs im Bereich des Unmöglichen, dass er hier die Ruinen einer völlig fremden, vielleicht längst vergangenen Kultur vor sich hatte. Wenn es denn eine Ruine ist! , durchfuhr es ihn plötzlich siedendheiß. Die scheinbar verwunschene Stille des verborgenen Tals und die verwitterte Fassade des Eingangs waren zweifelsohne Anzeichen, aber keineswegs untrügliche Beweise dafür, dass, was immer ihn dort drinnen erwartete, wirklich lange tot und zu Staub zerfallen war.
    Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, du Hasenfuß! , meldete sich seine innere Stimme einmal mehr zu Wort. Also hob er die Laterne und sein Schwert und trat ins Innere.
    Der Eingangsbereich des Gebäudes war in der Tat tot und zu Staub zerfallen, ein Zeichen dafür, dass er nicht wirklich damit rechnen musste, irgendwelche Bewohner beim Abendessen – oder anderen, unheiligeren Aktivitäten – aufzuscheuchen. Zerrissene und verstaubte

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