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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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Felsvorsprüngen abgesehen, praktisch ungeschützt an der steilen Bergwand entlang. Tarean riskierte einen Blick in den Abgrund, der nur einen Schritt neben ihm schwarz und scheinbar bodenlos aufklaffte, und obwohl er in den Bergen aufgewachsen war und keine Angst vor Höhen hatte, wurde ihm doch ein wenig mulmig zumute.
    Zu ihren Füßen erstreckte sich der etwa zwei Meilen breite und drei Meilen lange Krater des Drakenskal. In der Finsternis der bewölkten Nacht vermochte der Junge kaum etwas zu erkennen, aber als für einen Augenblick der Himmel aufriss und das fahle Mondlicht auf die Ebene fiel, da sah er, dass sich dichter Nebel in Bodennähe gesammelt hatte, der auch die fernen Feuer, welche die Wolflinge entlang der Palisaden entzündet hatten, in kalten Dunst hüllte.
    »Gespenstisch, nicht wahr?«, meinte Bromm hinter ihm.
    Der Junge nickte und zog fröstelnd seinen Mantel enger um die Schultern. »Wenn man daran glaubt, dass ruhelose Seelen auf Erden wandeln, gibt es wohl kaum einen Ort, an dem man eher erwarten würde, dass sie ihrem feuchten Grab entsteigen.«
    Der Mond verschwand wieder hinter den Wolken, und die Dunkelheit verschluckte einmal mehr den Einschnitt zwischen den imposanten Gebirgsmassiven – doch nicht ganz. Auf einmal schien der Nebel an einer Stelle von einem dumpfen Glühen erfüllt zu sein. Es war wie das geheimnisvolle Meeresleuchten unter den Wellen des Ozeans, von dem die Bücher Bruder Ingolds zu erzählen wussten.
    Und das Glühen bewegte sich.
    Mal nahm es hier an Stärke zu, dann huschte es wieder geisterhaft schnell, dem Wetterleuchten eines fernen Gewitters gleich, zweihundert Schritt nach rechts. Zwischendurch schien es völlig zu verlöschen, nur um plötzlich und unerwartet kaum einen Steinwurf von den Palisaden entfernt wieder zu erblühen.
    Tarean zupfte Auril am Ärmel. »Schau! Moosbeere.«
    Auf den Palisaden kam plötzlich Unruhe in die Wachmannschaft. Die Feuer wurden geschürt, eine Alarmglocke im Torhaus fing an zu läuten, und einzelne Gestalten rannten gestikulierend und rufend auf dem Wehrgang hin und her.
    Auf dem Gesicht des Jungen breitete sich ein Grinsen aus. »Das kleine Ding führt die Wölfe ganz gut an der schwarzen Nase herum.«
    »Also, ich bin mir nicht sicher, dass die wegen des Irrlichts so in Aufregung sind«, meinte Auril neben ihm gedehnt.
    »Was soll das heißen?« Er blickte zu der Albin hinüber, doch die achtete gar nicht auf ihn. Stattdessen starrte sie wie gebannt auf den wolkenverhangenen Nachthimmel. Ihre Stimme war plötzlich nur noch ein Flüstern. »Das verrate ich dir gerne, aber bitte beherzige unbedingt zweierlei: nicht schreien, nicht bewegen.«
    »Was denn …?« Der Junge hob nun ebenfalls den Kopf, und der Rest des Satzes blieb ihm im Halse stecken. Lautlos entwich die Luft aus seinem offen stehenden Mund, und er suchte Halt an Bromms pelziger Schulter, denn seine Knie schienen auf einmal weich wie Butter an einem warmen Sommertag.
    Er hatte bereits von den geflügelten Schrecken gehört. Sagen und Legenden sprachen von ihnen und ihren Gräueltaten. Geschichten, die man am Kamin austauschte, wussten von ihren gewaltigen Horten zu erzählen, die sie, unerreichbar für Mensch oder Alb, in unwirtlichen Teilen des Gebirges, auf den höchsten, schneebedeckten Gipfeln oder in den lichtlosen Tiefen im Schoß der kalten Erde eifersüchtig hüteten. Manch ein Recke, so ging die Kunde, war von ihnen mit Haut und Haar, Rüstzeug und Pferd verschlungen worden. Und es hieß, dass ihre gewaltigen Schwingen Sturmwinde heraufbeschworen, ihre massigen Leiber die Erde, auf der sie wandelten, zum Erbeben brachten und die glühende Lohe, die in ihrem Inneren schwelte, zu einer wahren Feuersbrunst entfesselt, alles verbrannte, das sich ihnen in den Weg stellte. Die Berichte unterschieden sich deutlich hinsichtlich der Größe, der Kräfte und des Charakters dieser Giganten der Lüfte, nur in einem waren sie sich alle einig: Seit mehr als hundert Jahren hatte niemand in den westlichen Reichen mehr mit eigenen Augen einen lebendigen Drachen gesehen!
    Bis heute.

10
    ASTRIA
    Vom dornenkranzbewehrten Schädel bis zum schuppigen Schwanz maß das Ungetüm sicherlich zehn Manneslängen, und die ledrigen Schwingen mochten an Spannweite leicht das Doppelte betragen. Der kraftvolle Leib mit seinem lückenlosen Kleid aus stellenweise schildgroßen Schuppen hatte die Farbe von Steinkohle. Die Unterseite des Drachen aber, vom Kinn bis zum Bauch, war von einem

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