Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
und Tarean herumgeschlagen hatten, sprangen aufgeregt auseinander und stoben unwillig kreischend davon.
»Was bei den Dunkelreichen …?«, setzte Tarean an und wandte den Kopf. Im ersten Augenblick fiel ihm die Kinnlade herunter, doch im zweiten verzog sich sein vor Erstaunen geöffneter Mund zu einem erleichterten Lachen.
Eine eindrucksvolle Reitertruppe donnerte ihnen in enger Formation durch das hohe Gras entgegen. Auf den Rücken gehörnter Pferde saßen bronzefarben gerüstete nondurische Soldaten, die Jagdbögen, Schilde und Speere trugen. Einer von ihnen hob ein Horn an die Hundeschnauze und blies mit jaulendem Klang zum Sturm.
In wilder Flucht suchten die Kazzach das Weite, während die Soldaten an Tarean und seinen Gefährten vorbeipreschten und die Katzen in die Ruinen von Gongathar zurücktrieben.
20
IM SCHATTEN DER ASCHEBERGE
Die Nacht verbrachten sie in der Garnison, die Fenrir zu erreichen gehofft hatte. Es war nicht die Wachfeste, in der er selbst einst gedient hatte. Aber einige seiner alten Kameraden waren von dort hierher versetzt worden, und so wurde dem Nondurier ein herzlicher Empfang bereitet.
Wie es der Hundekrieger vermutet hatte, waren im Laufe der letzten Tage Anzeichen von Unruhe unter den Kazzach beobachtet worden. Daher hatte der Kommandant eine größere Truppe zusammengestellt, um zu erkunden, ob ein Angriff auf die Ansiedlungen der Bauern im Busch war, die so mutig waren – oder so dumm, je nachdem, wen man fragte –, nördlich des Rêd-Flusses ihr Vieh weiden zu lassen. Das ungewöhnliche Wetterphänomen über den Ruinen von Gongathar, das auf das Wirken eines Sturmreiters hingedeutet hatte, hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt und sie zu einem Abstecher nach Norden bewogen. So war Fenrirs magisch heraufbeschworenes Gewitter, das ihm in der Tat einst von einem befreundeten Sturmreiter als Fluchthilfe in aussichtslosen Lagen vermacht worden war und das der Nondurier eigentlich für ihren Vorstoß in die Glutlande im Gepäck gehabt hatte, für Tarean und seine Gefährten zum Glück im Unglück geworden. Denn ihr Leben hätte mit ziemlicher Sicherheit alsbald ein unrühmliches Ende gefunden, wären die Soldaten nicht just im rechten Moment aufgetaucht.
Doch obwohl sie durchaus in Feierlaune hätten sein dürfen, angesichts des Umstandes, dass sie dem Tod einmal mehr ein Schnippchen geschlagen hatten, waren die Gefährten an diesem Abend sehr schweigsam, während sie ihre Wunden versorgten und von dem Heiler der Garnison verbinden ließen. Zum einen war dies dem Zustand der völligen Erschöpfung geschuldet, in dem sich die meisten von ihnen nach den Ereignissen der vergangenen zwei Tage befanden. Eben diese Ereignisse sorgten aber auch dafür, dass alte innere Wunden wieder aufgerissen und neue geschlagen worden waren. Der gemeinsame Kampf gegen die Kazzach mochte bewiesen haben, dass sie als Gruppe durchaus zusammenhielten, wenn es um Leben und Tod ging. In den stillen Stunden vor Mitternacht hatte dennoch jeder von ihnen mit seinen inneren Dämonen zu ringen. Haffta und Iegi hatte die erneute unmittelbare Auseinandersetzung mit Calvas an die Geliebten erinnert, die sie durch die Hand des Hexers verloren hatten. Tarean und Bromm fühlten sich auf eine unerklärliche Weise verändert, seit sie im Herzen von Gongathar jene grauenvolle und schmerzhafte Begegnung mit einem der Schrecken gehabt hatten, die im Inneren der Türme hausten. Auril schließlich hatte miterleben müssen, wie sich zwei weitere Bilder ihrer Vision bewahrheitet hatten.
Hinzu kam, dass sie in dieser Nacht das erste Mal die Ausläufer der Glutlande am Horizont sahen. Noch waren die ersten Berge gute sechzig Meilen entfernt. Dennoch ließ sich von den Zinnen der Wachfeste die dunkle Linie des Gebirges erkennen. Glutrotes Licht glomm und flackerte zwischen den Felsmassiven, und aschegraue Wolken hingen am östlichen Himmel, unheilvolle Omen einer unbekannten Zukunft.
»Wir nähern uns unserem Ziel«, sagte Tarean, der zusammen mit Moosbeere auf dem Wehr stand und den Wegfinder der Steinernen vor sich in die laue Abendluft hielt. »Aber noch müssen wir etwas weiter nach Süden.«
»Jetzt entscheidet sich alles«, murmelte das Irrlicht an seiner Seite, und in den strahlend blauen Augen von Tareans winziger Gefährtin lag ein überraschender Ernst. »Ich spüre genau, dass in den nächsten Tagen alles anders wird. Du musst stark sein, Tarean. Denn du bist der Einzige, der uns bis in den Thronsaal des Herrn
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