Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
Leben ganz schön langweilig werden.«
»Wovon sprichst du eigentlich?«
Moosbeere glitt näher. »Ich habe doch gemerkt, dass sich etwas verändert hat, seitdem du aus dieser bösen Stadt zurückgekehrt bist«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Deine Gefühle verraten dich, Tarean Keinriese. Aber mach dir keine Sorgen. Bei mir sind sie gut aufgehoben, bis du so weit bist, sie dir selbst vollends einzugestehen.«
Tarean spürte, wie ihm das Irrlicht einen Kuss auf die Schläfe hauchte, dann huschte es ohne ein weiteres Wort zum Lager davon. Verwirrt und mit klopfendem Herzen blickte der Junge seiner winzigen Gefährtin nach.
Zur gleichen Zeit hatten Tarean, Auril, Fenrir und die beiden Taijirin eine knappe Tagesreise weiter südlich am Fuße eines Hügels ihr Nachtlager aufgeschlagen. Sie saßen im sanften Lichtschein eines der in Nonuada erworbenen Feenfeuer beisammen, und Fenrir stopfte sich gerade eine Pfeife, die er offenbar – zusätzlich zu ihren sonstigen Erwerbungen – in »Froswinjas Drachenhort« gekauft hatte, als Tarean den Zeitpunkt für gekommen hielt, mit Auril über sich und seinen Zwilling zu sprechen. Er fragte die Albin, ob sie ihn auf ein paar Schritte ums Lager herum begleiten wolle, und zu seiner Freude willigte sie ein.
»Geht nicht zu weit weg«, warnte Fenrir, als sie sich erhoben. »Wer weiß, was hier draußen des Nachts auf Beutefang umherstreift.«
»Wir sind vorsichtig«, versprach Tarean.
Sie wandten sich nach links und erklommen die gemächliche Steigung des Hügels. Das trockene Gras knisterte unter ihren Füßen, und ein leichter Wind wisperte im Geäst der niedrigen Sträucher, die ihren Weg säumten. Tarean legte den Kopf in den Nacken und blickte zum Himmel hinauf. Sterne vermochte er keine zu erkennen. Doch ein fast voller Mond hing grau verschleiert hoch über ihnen am Firmament.
»Auril«, begann er schließlich. »Ich kann mir vorstellen, dass …«
»Warte«, unterbrach ihn die Albin. »Beantworte mir zuerst eine Frage: Du bist der zweite Tarean, nicht wahr? Der Junge, der mit den Vogelmenschen eingetroffen ist.«
Tarean warf seiner Begleiterin einen prüfenden Blick zu und nickte dann. »Ja. Aber das heißt nicht, dass ich deswegen weniger ich selbst bin als der andere Tarean.«
»Ich hoffe, du bist mehr als er.« Auril musterte sein Gesicht, als suche sie darin nach der Antwort auf eine Frage, die sie noch gar nicht gestellt hatte.
»Wie meinst du das?«, fragte der Junge stirnrunzelnd.
Die Albin senkte den Kopf, und ihr Gesicht verschwand hinter einem Vorhang schwarzen Haars. »Sag mir, was du für mich empfindest«, sagte sie leise. »Und ich möchte keine Ausflüchte hören. Sag mir, ob Iegi oder Moosbeere oder sonst irgendetwas zwischen uns steht oder ob du der Junge bist, der sich vor sieben Monden auf einem Hinterhof in Agialon umgeben von toten Wolflingen in mich verliebt hat.« Sie blieb stehen, blickte wieder auf, und ihre grün glühenden Augen bohrten sich regelrecht in die seinen.
Tarean hielt ebenfalls inne und ergriff Aurils Hand. »Auril, dieses letzte Gespräch, das wir während unserer gemeinsamen Wache geführt haben … Es war nicht richtig von mir, dich und Iegi anzugreifen, und ich möchte mich dafür entschuldigen. Wir beide haben viel durchgemacht und das nicht erst in den letzten Tagen. Mir scheint, dass wir einfach viel zu wenig Zeit zusammen hatten, bevor wir auseinandergerissen wurden. Und als wir uns schließlich wiedersahen, ist nichts so verlaufen, wie ich es mir gewünscht habe. Doch ganz gleich, was vorgefallen ist, meine Gefühle für dich sind unverändert. Ich schaue dich an, halte deine Hand, und mir ist, als stünden wir einmal mehr in den Trümmern von At Arthanoc und blickten in den Sonnenaufgang. Ich habe dich damals geliebt, Auril, und ich liebe dich heute. Dessen bin ich mir nun ganz sicher. Und wenn du bereit wärst, hier und jetzt noch einmal von vorne anzufangen, so wäre ich es auch.«
Auril blickte ihn für einige Herzschläge wortlos an. Dann trat sie zu ihm, schlang ihre Arme um seinen Hals, und ihre Augen leuchteten. »Ich schaue in das gleiche Gesicht wie vor drei Nächten, und doch sehe ich einen völlig anderen Tarean«, sagte sie lächelnd. »Und weißt du was? Es ist mir egal, ob du der Erst- oder Zweitgeborene von euch beiden bist. Du bist derjenige, für den ich aus Cayvallon geflohen bin, für den ich das Wasser des Sehens getrunken habe und für den ich in den Tod gehen würde.«
»Das mit dem Tod
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