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Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Titel: Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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riesenhaften Kessel eines verrückten Alchemisten erinnert, in dessen bauchigem Inneren ein unheiliges Gebräu angerührt wurde.
    Der Junge hielt den Wegfinder in die Höhe. Es gab keinen Zweifel. Die Pforte in die Dunkelreiche lag in der Finsternis unter ihnen.
    »Was machen wir jetzt?«, sprach Auril die Frage aus, die ihnen allen in den Köpfen herumspukte. »Wir können doch nicht einfach die Arme ausbreiten und uns fallen lassen. Wer weiß, was dort unter dem Nebel verborgen liegt – ein Teich kochender Lava oder unnachgiebiger Fels hundert Schritt in der Tiefe. Das wäre ein Sprung in den Tod.«
    Tarean lief bei dem letzten Satz der Albin ein Schauer über den Rücken. Er glaubte nicht daran, dass geschmolzenes Gestein oder harter Felsboden dort unter dem schwarzen Dunst auf sie warteten. Nein, es sind die Dunkelreiche. Die Unterwelt, wenn man den Schriften der Dreigötter glauben möchte. »Du irrst, Auril«, murmelte er leise. »Kein Sprung in den Tod. Ein Sprung ins Totenreich.«
    »Ich glaube, wir können auf das Springen verzichten«, meldete sich Haffta, die ein paar Schritte an der Abbruchkante entlanggegangen war, in diesem Moment zu Wort. »Hier gibt es eine Treppe.«
    Als sie sich zu der Grawlfrau gesellten, sahen sie es auch. Steile Stufen, keine zwei Schritt breit und ohne ein Geländer, führten innerhalb des Kraterrands nach unten. Von dem Punkt aus, an dem sie vorher gestanden hatten, waren sie durch eine Felsnase verborgen gewesen. Hier aber konnte man sie nicht übersehen.
    »Damit wäre zumindest diese Frage geklärt«, stellte Auril fest. »Bleibt nur noch eine: Wie gehen wir vor, wenn wir in den Dunkelreichen ankommen? Haben wir einen Plan?«
    »Auf alles vorbereitet sein und sich überraschen lassen«, brummte Bromm sarkastisch.
    »Nein«, widersprach Tarean. »Ich habe eine bessere Idee.«
    »Und wie lautet diese?«, wollte die Albin wissen.
    »Nun, Iegi sagte, wir bräuchten eine List, um den Herrn der Tiefe zu überwinden. Ich schlage vor, wir nutzen den Umstand, dass uns zwei Tareans und ein Tarnumhang zur Verfügung stehen.« Mit diesen Worten warf er den Brullmantel ab.
    Auf dem Gesicht seines Zwillings breitete sich ein Grinsen aus, als er verstand, worauf Tarean hinauswollte.
    Tarean war, als träume er.
    Er wanderte durch eine tintenschwarze Finsternis, ein alles umfassendes, alles durchdringendes, alles erfüllendes dunstiges Nichts, das die Welt eine Armeslänge vor seinem Gesicht enden ließ und jeden Laut verschluckte. Irgendwo unter seinen Füßen waren Stufen, aber er sah sie nicht, er spürte nur, wie sie ihn mit jedem traumwandlerischen Schritt weiter in die Tiefe führten. Vor sich wusste er Auril und hinter sich Bromm, oder zumindest glaubte er, aus dem gelegentlichen Rucken der Gürtel und Waffengurte, die sie zusammengeknotet hatten, um daraus eine Sicherungsleine für sie alle zu bilden, auf die Anwesenheit der beiden Gefährten schließen zu dürfen. Sehen konnte er auch sie nicht.
    Der Junge vermochte nicht zu sagen, wie lange sie schon den steilen Steinstufen folgten, die um die Kraterwand verliefen. Er hatte jedwedes Zeitgefühl verloren. Anfangs hatte er noch versucht, seine Schritte zu zählen, doch irgendwann, nach mehreren Hundert Stufen, war er durcheinandergekommen. Überhaupt fiel ihm das klare Denken immer schwerer. Er hatte das Gefühl, dass sein verzweifelter Griff, mit dem er sich an die Mauerkante der Wirklichkeit klammerte, mit jedem Atemzug, der seine Lungen mit dem schwarzen Dunst füllte, schwächer wurde. Früher oder später würde er den Halt verlieren, abrutschen und in die Dunkelheit stürzen, die unter ihm – nein, bereits um ihn – darauf wartete, ihn zu verschlucken.
    Nur nicht aufgeben. Immer weiter gehen. Stufe für Stufe. Irgendwo dort unten ist das Ziel. So versuchte seine innere Stimme, ihm Mut zuzusprechen. Aber Tarean hatte Mühe, sich auf sie zu konzentrieren. Er fühlte sich müde, so unendlich müde. Er sehnte sich danach, die Augen zu schließen und sich der Finsternis hinzugeben. Sanft würde er einschlafen, hinübergehen ins Nichts …
    Auf einmal hatte er das Gefühl, als würde er schweben. Traten seine Füße noch auf die kalten, harten Steinstufen, die eine unbekannte Hand in die Kraterwand geschlagen hatte? Oder flog er schwerelos dahin, von der Kraft des Traumes getragen, in dem sich sein Geist zu verlieren drohte? Er glaubte, ein Wispern zu hören, körperlose Stimmen in der Finsternis, einen Chor der Seelen, die in

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