Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
gekommen, als ihm Lanfert davon berichtet hatte, dass der Tod seines Vaters auf eine Falle Calvas’ zurückging, die dieser im Buch der Verbannung versteckt hatte.
»Dazu kommt, dass viele sich fragen, warum die Ritter des Ordens sechzehn Jahre lang nicht versucht haben, Agialon zu befreien. Sie haben das Gefühl, im Stich gelassen worden zu sein, und jetzt, da sie wieder frei sind, hält sich ihre Liebe für die Kristalldrachen in Grenzen.« Der Mönch hob mahnend die rechte Hand. »Ich sage nicht, dass alle so denken. Aber doch genug, dass es uns richtig erschien, unsere Anwesenheit hier zunächst geheim zu halten, um nicht auf irgendwelche unnötigen Widerstände zu stoßen.«
Mit nachdenklicher Miene ließ sich Tarean auf einem der Stühle nieder und atmete tief ein und aus. »Irgendwie ist all das nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe«, gestand er. Aber was hatte er sich gedacht? Dass er hoch zu Ross und in einer strahlenden Rüstung durch die Stadttore von Agialon einreiten und unter dem Jubel des Volkes den Frieden und die Wiederkehr der Kristalldrachen verkünden würde? Ich hätte es so haben können, wäre ich damals mit Jeorhel nach Breganorien zurückgekehrt. Aber ich wollte es nicht. Jetzt müssen wir den langen Weg nehmen. Selbst schuld, du junger Tor.
Der Mönch legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Es ist nie ganz so, wie wir es uns vorgestellt haben«, sagte er leise. »Aber das darf uns nicht in unserem Glauben an die richtige Sache wanken lassen.« Er klopfte Tarean zweimal aufmunternd auf die Schulter, umrundete dann den Tisch und setzte sich ebenfalls. »Wie sehen derweil eure weiteren Pläne aus?«
Tarean lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Nun, wir haben eine Verabredung mit Kesrondaia an der Stelle, wo At Arthanoc stand. Ich weiß nicht, ob Auril dies schon erwähnte, aber die Kristalldrachen verfolgen das gleiche Ziel wie Ihr. Sie wollen den Orden wieder ins Leben zurückrufen. Dazu müssen wir als Erstes die über ganz Endar verstreuten Reste der Ritterschaft finden.«
»Vergiss nicht, dass wir außerdem noch einmal nach Gongathar müssen«, warf Bromm ein.
Bei der Erwähnung der uralten Stadt inmitten der weiten Steppe von Nondur sog Magister Dinriol scharf den Atem ein. »Ihr wart in Gongathar? Das habt Ihr gestern überhaupt nicht erwähnt.« Er warf Auril einen vorwurfsvollen Blick zu.
Die Albin zuckte unbeeindruckt mit den Achseln. »Ich habe die unwichtigen Einzelheiten unserer Reise ausgespart«, erklärte sie Tarean, der sie ebenfalls fragend anschaute.
Er selbst hätte Gongathar wahrscheinlich nicht als nebensächliche Episode ihres Weges nach Süden angesehen, aber es war ihm ganz recht, dass Auril ihre dortigen Erlebnisse, darunter nicht zuletzt seine unheimliche Verdopplung, verschwiegen hatte. Womöglich hätten sich Lanfert und Dinriol sonst gefragt, ob er wirklich der Junge war, der er zu sein vorgab. Er nahm an, dass sie den beiden deshalb nichts davon erzählt hatte, weil sie keine Lust verspürte, mit ihnen über den Tarean zu sprechen, den sie für kurze Zeit geliebt hatte.
Auch dem Mönch schien der Ort nicht unbekannt, denn er fragte mit gerunzelter Stirn: »Was hat euch nach Gongathar geführt?«
»Geführt ist das falsche Wort«, brummte Bromm. »Eher getrieben.«
»Die Kazzach«, ergänzte Tarean. »Wir wurden von ihnen durch halb Nondur gejagt und bei Gongathar in einen Kampf verwickelt. Glücklicherweise kam uns ein Trupp nondurischer Soldaten zu Hilfe.« Um weiteren Nachfragen durch die beiden Männer zuvorzukommen, wandte er sich an den Magister. »Woher kennt Ihr die Stadt?«
»Aus alten Geschichten«, erwiderte Dinriol mit einem seltsamen Glanz in den Augen. »Es heißt, Gongathar sei das letzte Relikt einer archaischen Kultur, die lange vor uns Menschen über ganz Endar herrschte. Man weiß so gut wie nichts über sie, nur dass sie uns vollkommen fremd war. Ich erinnere mich nicht mehr an die Einzelheiten der Geschichten.« Gedankenverloren tippte er sich mit dem Zeigefinger gegen das glattrasierte Kinn. »Bei den Dreigöttern, nun, da du die Stadt erwähnt hast, wünschte ich, ich hätte die Zeit, in den Archiven der Akademie Nachforschungen anzustellen. Gongathar ist eines der letzten großen Geheimnisse Endars. Und Geheimnisse haben mich schon immer außerordentlich fasziniert.«
»Gongathar ist kein Ort, an den es Euch ziehen sollte, Magister Dinriol«, wies ihn Bruder Lanfert zurecht. »Ich habe nicht viel über diese Stätte
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