Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Natürlich hatten sie Aurils Mutter nichts von den Gefühlswirren erzählt, die ihre Gemeinschaft auf dem Weg in die Glutlande heimgesucht hatten. »Es geht vielmehr darum, dass Bromm dich zweifellos begleiten will, ganz gleich, wo du hingehst.«
»Worauf du deinen kleinen, unbehaarten Menschenhintern verwetten kannst«, brummte der Bär.
»Diejenigen von uns, die in die Grauen Berge reisen, sollten allerdings die Greifen nehmen, denn falls wir gezwungen sind, Halfbadur dort auf irgendeinem unwirtlichen Gipfel aufzuspüren, brauchen wir die Vogelpferde, um halbwegs rasch und sicher den Weg bewältigen zu können. Und wir haben nur drei Greifen – ganz abgesehen davon, dass Bromm zu schwer für einen Greifen wäre.«
Der Angesprochene grunzte missmutig. »Da ist was dran.« Er legte Auril eine Bärenpranke auf die Schulter. »Mädchen, wir gehen nach Rûnland. Und keine Widerworte.«
»Bromm, ich habe gerade erst eine Mutter zurückbekommen, die ich nicht wollte. Nun spiel du dich nicht auch noch wie mein Vater auf.« Die Albin schüttelte seine Hand ab und sah ihn finster an.
Stumm erwiderte der Werbär ihren Blick. Betroffenheit stand in seinen braunen Augen.
Einen Moment herrschte angespanntes Schweigen am Feuer. »Ach verdammt«, sagte Auril, lehnte sich an ihren hünenhaften Gefährten und schlug ihm freundschaftlich auf die pelzige Brust. »Es tut mir leid, Großer. Das hätte ich nicht sagen sollen. Du bist doch die beste Familie, die ich jemals hatte.« Sie wandte sich Zaeena zu. »In Ordnung. Wir begleiten dich nach Rûn.«
»Und ich komme auch mit«, sagte Haffta. »Ich mag es nicht, auf Greifen zu reiten«, fügte sie mit einem Grinsen hinzu, das vermutlich entschuldigend sein sollte, aber aussah, als wolle sie jemanden fressen.
»Das heißt für mich wohl, ich komme mit euch«, stellte Iegi an Tarean, Janosthin und Moosbeere gerichtet fest. Er wirkte ein kleines bisschen enttäuscht, aber wie Tarean zuvor gab er sich Mühe, es sich nicht anmerken zu lassen.
»Es wäre mir eine Freude und Erleichterung, mein Freund«, sagte Tarean, um es dem Vogelmenschen ein wenig leichter zu machen.
Zaeena schlug sich scheppernd auf die gepanzerten Oberschenkel. »Dann wäre das geklärt. Ich rate dazu, dass wir uns noch ein paar Stunden hinlegen, damit wir morgen in aller Frühe …«
»He, und mich fragt keiner, was ich will?«, unterbrach sie ein helles Stimmchen entrüstet. Moosbeere erhob sich von Tareans Schulter und schwebte in die Mitte der Runde. Ihre Aura überstrahlte den Schein des Lagerfeuers.
Tarean blinzelte und seufzte dann innerlich. »Verzeih, Moosbeere. Wen von uns wirst du begleiten?«
»Auril«, entgegnete das Irrlicht schnippisch und huschte zu der Albin hinüber.
»Au… was?« Der Junge blickte seine winzige Gefährtin überrascht an – und er war nicht der Einzige ihrer Gemeinschaft.
»Habe ich einen freien Willen oder nicht?«, fragte Moosbeere bestimmt.
Tarean hob hilflos die Schultern. »Äh … natürlich. Du … also …«
»Schon gut. War nur Spaß«, feixte seine Gefährtin. »Aber ihr solltet eure Gesichter sehen. Ein Gemälde, das ich mir in meinen Wohnpilz hängen würde, sollte ich jemals sesshaft werden.« Sie kicherte ausgelassen, während sie in einer Schleife zu Tarean zurückflog. »Sei dir meiner nur niemals zu sicher, Tarean Keinriese«, flüsterte sie ihm so leise ins Ohr, dass die anderen sie nicht hören konnten. »Ich bin ein Irrlicht, keins der machterfüllten Spielzeuge, die du mit dir herumträgst. Vergiss das nicht.«
Der Junge spürte, wie ihm die Verlegenheitsröte ins Gesicht stieg, und er räusperte sich übertrieben. » Jetzt wäre wohl alles geklärt. Lasst uns schlafen gehen.«
9
DIE SUCHE BEGINNT
Am nächsten Morgen brachen sie in aller Frühe ihr Lager ab. Sie packten ihre Ausrüstung zusammen, und Auril übergab Janosthin Ialshi zu treuen Händen, denn die Albin würde die Reise nach Rûnland zu Fuß oder auf dem Rücken eines Pferdes zurücklegen, das sie von dem Kommandanten der Drakenskal-Wachfeste zu bekommen hoffte.
Bevor sie sich trennten, trat Zaeena Tsaar auf Tarean zu und gab ihm einen silbernen Ring, der an der Oberseite die Form eines stilisierten Drachenschädels aufwies.
»Was ist das?«, fragte der Junge und drehte das fein gearbeitete, aber im Laufe der Jahre stark angelaufene Schmuckstück in den Händen.
»Mein Ordensring«, klärte die Ritterin ihn auf. »Zeige ihn Halfbadur oder wen immer du triffst, und er wird
Weitere Kostenlose Bücher