Tareks Versprechen
unbesorgten Worte, die sie ihrer Schwester gesagt hatte, schienen vergessen. Man sah ihr deutlich an, dass sie versuchte, ihre Fassung zu wahren. Aber wenn sie sich noch weiter von ihm entfernte, würde sie das Zelt niederreißen.
„Mädchen...“ Tarek hatte ihren Namen vergessen. Nun ja, er hatte nicht wirklich darauf geachtet, war viel zu sehr damit beschäftigt, sich mit seinen eigenen Überlegungen auseinanderzusetzen. Nur schien sie das Zögern nicht als Frage nach ihrem Namen zu verstehen. Darum musste er direkt danach fragen.
„Wie heißt du eigentlich?“
„Zaara“, flüsterte sie eingeschüchtert und zog die Schultern unbewusst nach oben.
Tarek bemühte sich, seine nächsten Worte neutraler klingen zu lassen. Wenn er sie zu sehr durch seinen kaum unterdrückten Zorn erschreckte, lief sie womöglich davon. Und er wusste nicht, wie der Scheich ein solches Verhalten einschätzen würde.
„Also, Zaara, ich denke, es bringt uns nicht weiter, wenn du dort hinten stehst, während ich hier bin“, erklärte Tarek ruhig und brachte es sogar fertig, zu lächeln und amüsiert zu klingen. „Komm ein bisschen näher, Mädchen, damit ich erkennen kann, wie du aussiehst.“
Tarek musste etwas falsch gemacht haben, denn seine Braut sah ihn jetzt richtiggehend entsetzt an. Sie versuchte sogar, ihr ungekämmtes Haar vor ihr Gesicht zu ziehen, damit sein Blick noch mehr behindert wurde. Aber das war es nicht, was ihn stutzen ließ. Tarek wurde zum ersten Mal bewusst, wie dieses Mädchen aussah. Und damit meinte er nicht die Form ihres Gesichts oder die Länge ihres Haars. Was er erst jetzt wirklich registrierte, war Zaaras Aufzug.
Sie hatte nichts an sich, was sie als Braut ausgewiesen hätte. Keine festlichen Kleider, kein Versuch, sie vorteilhaft in Szene zu setzten oder wenigstens ihr Haar zu kämmen. Was sollte das? Was in Allahs Namen ging hier vor?
Tarek überbrückte die Distanz zwischen ihnen mit wenigen großen Schritten und sah sie eindringlich an. Es war nichts dafür getan worden, sie als Braut herzurichten, das sah Tarek jetzt ganz deutlich. Seine Augen wurden vor Wut ganz schmal. Was war das hier? Ein Kamelbasar? Er packte das Mädchen und zerrte es in die Mitte des Zeltes, wo eine Öllampe hing, die ihm eine noch bessere Sicht verschaffte.
Irgendetwas war hier ganz und gar nicht in Ordnung. Schon die Art, wie dieses Mädchen verschachert worden war, hätte ihn aufmerksam werden lassen sollen. Warum hatte keiner genügend Respekt und Anstand, sie wie eine richtige Braut zu behandeln? Wollte man sie oder ihn damit beschämen?
Keine der beiden Möglichkeiten gefiel Tarek. Aber er hatte ja von vornherein gewusst, dass ihm diese Situation nicht gefallen würde. Und sollte es etwas geben, was diese, seine Braut verbrochen hatte, um so eine Behandlung zu verdienen, war ihm das zum Teufel noch mal egal. Er hatte eine Braut, so wie sein Vater es wollte und er hatte eine Braut, die er wollte. Nicht hübsch genug um ihn zu betören und unansehnlich genug, um seinen Vater zu beschämen.
„Zieh dich aus und leg dich unter die Decke“, befahl Tarek, ohne sich die Mühe zu machen, sie über die kommenden Ereignisse aufzuklären. Auch sie zu beruhigen und ihr zu sagen, dass er ihr nichts antun wollte, vergaß er. Tarek wusste zwar, dass er ihr erklären musste, wie sie sich in der Nacht, vor allem aber am Morgen zu verhalten hatte. Doch er wusste nicht wirklich, wie man mit einem Mädchen, das offensichtlich noch unberührt und unschuldig war, über diese Dinge sprach.
Der Befehl, sich auszuziehen kam nicht überraschend, auch wenn es nicht angenehm war, sich vor einem Fremden zu entblößen. Sie konnte anhand der grimmigen Miene ihres neuen Herrn erkennen, dass er ausgesprochen schlecht gelaunt war. Was nur bedeuten konnte, dass er seiner Wut mit Schlägen her werden wollte. Kein angenehmer Gedanke, aber damit, gezüchtigt zu werden, kannte sie sich aus. Und da er weder einen Stock noch eine Peitsche in seinen Händen hielt, war sie davon überzeugt, dass sie es ertragen konnte.
Zaara wusste, was sie jetzt tun musste. Sie kehrte dem Mann, dem sie jetzt gehörte den Rücken zu, ließ ihr Gewand so weit sinken, dass ihr Rücken bloß lag und hielt mit beiden Händen den Stoff vor ihren Brüsten fest. Dann kniete sie sich nieder und senkte den Kopf.
Doch der erste Schlag ließ auf sich warten. Hatte sie etwas verkehrt gemacht. Wollte er sie vielleicht nicht auf dem Rücken schlagen, wo es niemand sehen
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