Tarnen, tricksen, täuschen
bei ihm dieselbe Wandlung. Darf’s noch etwas mehr sein, haben Sie Durst usw. Und das alles wegen dreier Worte auf einem Stück Karton.
Seither habe ich auf Messen, wenn ich etwas kaufen oder Geschäfte machen will, stets den Anzug an, und ganz wichtig: Ich trage deutlich erkennbar meine schwarze, A5 große Agenda eines bekannten Herstellers sichtbar vor mir her, wie bei einer Wallfahrt. Und siehe da: Es gibt keinen Verkäufer, der nicht dieZeichen versteht und mich in die von mir gewünschte Kategorie einordnet.
Die Insignien der Macht helfen mir, diese zu kommunizieren, ohne dass ich es erwähnen muss. Natürlich steht dann auf der Visitenkarte auch Geschäftsführer, sodass der Beweis später dann auch erbracht werden kann, wichtig zu sein. Wir sind zwar nur eine kleine Firma, aber dies steht ja nicht auf der Karte. Und da die Schweizer traditionell eine AG sind, ist das für die deutschen Verkäufer stets der Trugschluss: große Firma.
Und je nach Bedarf kläre ich das rasch auf oder auch erst später. So einfach geht’s. Deshalb für dich: Achte sehr darauf, was unter deinem Namen als Zusatz steht. «Projektleiter» klingt schon ganz gut. «Leiter Projekte International» schon besser. «Head of XXX» klingt nach mehr, auch wenn es nur der «Head of Business Center» oder der «Building Manager» . (also der Hausmeister) ist.
Und da im deutschsprachigen Raum alle auf Anglizismen stehen, ist es immer gut, auf englische Begriffe auszuweichen, weil das halt besser klingt und viele die Wahnvorstellung haben, dass alles, was aus Amerika kommt, schon mal besser ist. Auch wenn die Firma nur in Deutschland arbeitet, machen sich englische Titel besser. Dass es das nicht ist, kommt ja erst später raus. Aber der erste Eindruck ist entscheidend.
Je mehr PCs auf dem Tisch stehen, desto wichtiger bist du
Das ist ja wohl klar. Als wichtiger Projektleiter hast du zwei Rechner. Einen Standrechner und einen Laptop, um deine Arbeit zu Hause und auf den Baustellen zu bewerkstelligen.
Wenn schon nicht zwei, dann ein tragbares Modell der Spitzenklasse. Keine Kompromisse. Wer Spitzenleistung will, muss Spitzenmaterial bereitstellen. Auch so ein Insignium der Macht. Hans Brav erhält den alten Rechner des Chefs, du den neuen mit den Extrafeatures. Du kannst damit zwar auch keinen anständigen Geschäftsbrief schreiben, weil du die Textverarbeitung auch nur im Adler-Such-System bedienst und nicht weißt, wie man die Tabulatoren richtig verwendet. Somit kannst dudamit auch nicht mehr anfangen als Hans Brav, aber es sieht halt besser aus.
Und ganz wichtig: Du bist wichtiger als Hans Brav. Das ist die Botschaft. Und wer wichtig ist, bekommt von der Firma auch den größeren Wagen und die bessere Ausstattung. Mehr Geld und sogar noch eine hübsche Sekretärin. Das ist für einen Mann schon die halbe Miete.
Das ist schon so seit alters und deshalb für dich wichtig. Lass dir da nichts einreden. Wenn du nun ganz wichtige Projekte machst, dann bitte auch mit der richtigen Ausstattung im Büro zum See und nicht zur Hauptstraße. Gleich neben der Geschäftsleitung.
Denn wie sollen die an dich denken, bei der nächsten Beförderung, wenn sie dich nicht kennen. So begegnet man sich auf dem Gang und kann da auch mal die Schwierigkeiten mit der Finanzierung platzieren, so ganz nebenbei und nicht plump: Ich habe da mal ein Problem. Ne, ne, ganz zart und richtig dosiert.
Und weil dein Büro neben den Chefs ist, müssen auch die Ausstattung und die Möbel stimmen. Sonst sieht das ein Kunde und denkt sich: «So alte Möbel, der Firma geht’s nicht gut. Preise drücken.» Und das will man doch vermeiden, oder?
Ich bin noch nicht geschult, also kann ich es nicht tun.
Arbeit ohne Schulung? Also wo sind wir denn? Nur nach entsprechender Einweisung wird gearbeitet. Bildung ist wichtig. Andere sollen arbeiten, du bildest dich weiter, um für die Firma das Optimum bieten zu können. Man will von dir Höchstleistung.
Und ohne Schulung keine Höchstleistung. Ist doch klar. Wenn man nicht bereit ist, dir diese zu bezahlen, dann eben nicht. Dann kannst du diese Aufgabe auch nicht übernehmen. Autodidaktisch? Das ist nicht möglich. Deine Freizeit brauchst du, um dich zu erholen vom harten Einsatz für die Firma. Ne, so geht das nicht. Arbeit gegen Bildung. Basta.
Da darf’s dann ruhig mal auch ein Kurs Einführung ins tibetische Mantra sein. Je ausgefallener, umso besser. Nur wersolche Kurse bewilligt bekommt, ist wichtig und vor allem:
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