Tarzan 01 - Tarzan bei den Affen
sie umgab, machten dieses Jahr zum glücklichsten ihres jungen Lebens.
Ihm war völlig bewußt, wie sehr sie von Ängsten und Sorgen gepeinigt würde, wäre sie im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten; bereitete es ihm auch große Qual, sie in diesem Zustand zu sehen, so war er zuweilen um ihretwillen nachgerade froh darüber, daß sie dies alles nicht richtig erfaßte.
Längst hatte er jegliche Hoffnung auf Rettung aufgegeben, die höchstens ein glücklicher Zufall herbeiführen konnte. Mit unermüdlichem Eifer ging er daran, das Innere der Hütte zu verschönen.
Löwen- und Pantherfelle bedeckten den Fußboden. An den Wänden standen Schränke und Bücherregale. Seltsame Vasen, die er eigenhändig aus dem Lehm dieser Gegend geformt hatte, waren mit schönen, tropischen Blumen gefüllt. Vorhänge aus Gras und Bambus verhüllten die Fenster. Die kniffligste Arbeit hatte darin bestanden, mit dem kümmerlichen Sortiment an Werkzeug Holz so zu bearbeiten, daß er Wände und Decke verkleiden und den Fußboden mit einem glatten Belag versehen konnte.
Daß er in der Lage war, derart ungewohnte Tätigkeiten zu verrichten, versetzte ihn immer wieder in Erstaunen. Aber er liebte, diese Arbeit, denn sie galt seiner Gattin und jenem kleinen Wesen, das zu ihrer beider Freude auf die Welt gekommen war, obwohl es Claytons Verantwortung angesichts ihrer grauenvollen Lage verzehnfachte.
Während des folgenden Jahres wurde er mehrfach von großen Affen angegriffen, die die nähere Umgebung der Hütte immer öfters heimzusuchen schienen; da er diese jedoch nie mehr ohne sein Gewehr und die Revolver verließ, fürchtete er die mächtigen Tiere kaum noch.
Er hatte die Fenstergitter verstärkt und die Tür mit einer einzigartigen hölzernen Verriegelung versehen, so daß er nicht befürchten mußte, daß ein Tier in ihre Behausung einbrach, wenn er auf Jagd ging oder Früchte sammelte. Dies war ständig vonnöten, da er ihren Lebensunterhalt sichern mußte.
Zuerst erlegte er viel Wild vom Fenster aus, aber schließlich lernten die Tiere, diese seltsame Höhle zu meiden, von der das schreckliche Krachen seines Gewehres ausging.
In Mußestunden las er seiner Gattin oft laut aus Büchern vor, von denen er sich einen kleinen Bestand mit an Land gebracht hatte. Darunter waren viele für Kinder – Bilderbücher, Fibeln, Lesebücher –, denn ihnen war klar gewesen, daß ihr Kind dafür alt genug sein würde, ehe sie hoffen konnten, nach England zurückzukehren.
Zu anderen Zeiten führte er sein Tagebuch weiter, auf französisch, wie er es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, und hielt darin alle Ereignisse ihres seltsamen Lebens fest. Das Buch bewahrte er unter Verschluß in einer kleinen Stahlkassette auf.
Ein Jahr, nachdem ihr kleiner Sohn geboren worden war, verschied Lady Alice friedlich eines Nachts. Ihr Leben endete so still, daß es Stunden dauerte, ehe Clayton erwachte und sah, daß seine Gattin tot war.
Langsam nur dämmerte ihm das Entsetzliche seiner Lage, und es steht zu bezweifeln, daß ihm das ungeheuere Ausmaß seiner Pflichten und die furchtbare Verantwortung je richtig bewußt wurden, die der Sorge um das winzige Wesen entsprangen, das sein Sohn war, ein Säugling noch.
Die letzte Eintragung in das Tagebuch erfolgte am Morgen nach Alices Tod. In nüchternem Ton, der die tiefe Tragik um so deutlicher werden läßt, bringt Clayton die traurigen Geschehnisse zu Papier; aus den Zeilen spricht Erschöpfung und Gleichgültigkeit, erzeugt durch endlose Sorgen und Hoffnungslosigkeit, die selbst dieser grausame Schicksalsschlag nicht zu weiterem Dulden anspornen konnte.
Mein kleiner Sohn schreit nach Nahrung – ach, Alice, Alice, was soll ich tun?
Als John Clayton die letzten Worte, die seine Hand je zu Papier bringen sollte, niedergeschrieben hatte, sank sein Kopf müde auf seine ausgestreckten Arme. Sie lagen auf dem Tisch, den er für diese Frau gezimmert hatte, die reglos und kalt im Bett neben ihm ruhte.
Lange Zeit störte kein Laut die Totenstille des Dschungelmittags außer dem kläglichen Weinen des winzigen Menschenkindes.
Die Affen
Im Wald auf der Hochebene, eine Meile von der Küste entfernt, ließ Kerchak der Affe an den Artgenossen seine Wut aus.
Die jüngeren und weniger beliebten Stammesmitglieder hatten sich in die Wipfel der großen Bäume geflüchtet, um seinem Zorn zu entrinnen; lieber riskierten sie ihr Leben auf Ästen, die ihr Körpergewicht gerade noch tragen konnten, als
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