Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
hatte. Er fand einfach keinen Spaß daran. Er liebte den fairen Kampf – die Begeisterung am Sieg. Und die zielgerichtete und erfolgreiche Jagd auf Eßbares, wobei er seine Fähigkeiten und Schläue mit der eines anderen Geschöpfes maß; aber aus einer Stadt zu kommen, in der es genügend zu essen gab, um eine sanftäugige, zierliche Gazelle niederzuschießen, erschien ihm grausamer als der kaltblütige und brutale Mord an einem Mitmenschen. Er wollte keines von beiden, und so jagte er allein, damit ihm niemand auf die Schliche käme.
Einmal hätte er, wahrscheinlich weil er allein unterwegs war, dabei beinahe sein Leben verloren. Er ritt gemächlich eine kleine Schlucht entlang, als direkt hinter ihm ein Schuß krachte und eine Kugel seinen Tropenhelm durchschlug. Obwohl er sofort wendete und schnell zur höchsten Stelle der Schlucht sprengte, konnte er keine Spur von einem Feind entdecken. Auch traf er auf dem Heimweg nach Bou Saada kein anderes menschliches Wesen.
Ja, Olga hat die zwanzigtausend Franc tatsächlich umsonst ausgegeben, sagte er sich, als er über den Vorfall nachdachte.
An diesem Abend war er zu einem kleinen Dinner bei Hauptmann Gerard eingeladen.
»Ihre Jagd war wohl nicht sehr erfolgreich?« fragte der Offizier.
»Nein«, erwiderte Tarzan. »Das Wild hier ist scheu, auch habe ich keine besondere Freude daran, Wildvögel oder Antilopen zu jagen. Ich denke, ich sollte weiter gen Süden reiten, und mich an den algerischen Löwen versuchen.«
»Gut!« rief der Hauptmann. »Wir marschieren morgen nach Djelfa. Bis dort werden Sie also Gesellschaft haben. Leutnant Gernois, ich und hundert Männer sind nach Süden beordert worden, wo wir ein Gebiet kontrollieren sollen, in dem zur Zeit Räuberbanden ihr Unwesen treiben. Vielleicht machen wir uns die Freude und gehen gemeinsam auf Löwenjagd – was sagen Sie dazu?«
Tarzan war mehr als erfreut und zögerte auch nicht, das zu sagen; der Hauptmann wäre jedoch erstaunt gewesen, hätte er den wahren Grund seiner Begeisterung gekannt. Gernois saß Tarzan gegenüber. Er schien sich nicht sonderlich über die Einladung des Hauptmanns zu freuen.
»Sie werden sehen, daß die Löwenjagd spannender ist als das Schießen von Gazellen, aber auch gefährlicher«, erklärte Hauptmann Gerard.
»Sogar das Schießen von Gazellen birgt Gefahren in sich«, erwiderte Tarzan darauf. »Besonders, wenn man allein jagt. Heute erging es mir so. Mir fiel auch auf, daß die Gazelle zwar das scheueste aller Tiere ist, aber nicht das feigste.«
Nach diesen Worten streifte sein Blick Gernois nur zufällig, denn er wollte den Mann nicht spüren lassen, daß er unter Verdacht und Beobachtung stand, ungeachtet dessen, was er denken mochte. Das Ergebnis seiner Bemerkung zeigte indes eindeutig, daß der Leutnant bei bestimmten Geschehnissen der letzten Zeit seine Hand im Spiel hatte oder zumindest davon wußte, denn er lief bei Tarzans Worten dunkelrot an. Das genügte diesem, und er wechselte schnell das Thema.
Als die Kolonne am nächsten Morgen von Bou Saada Richtung Süden ritt, folgten ihr ein halbes Dutzend Araber.
»Sie gehören nicht zu unserem Kommando, sondern leisten uns nur Gesellschaft«, antwortete Hauptmann Gerard auf Tarzans diesbezügliche Frage.
Dieser hatte seit seiner Ankunft in Algerien genügend Kenntnisse über den Charakter des Arabers gesammelt, um zu wissen, daß das nicht das wahre Motiv sein konnte, denn ein Araber ist über die Anwesenheit von Fremden nie sonderlich erbaut, zumal wenn es sich um französische Soldaten handelt. So wurde sein Argwohn geweckt, und er beschloß, die kleine Gruppe im Auge zu behalten, die der Kolonne im Abstand von etwa hundert Metern folgte. Jedoch näherten sie sich auch bei den Marschpausen nicht weiter, so daß er sie sich nicht genauer ansehen konnte.
Schon seit langem war er überzeugt, daß ihm gedungene Mörder auf den Fersen waren; auch bestanden für ihn kaum Zweifel, daß hinter der ganzen Verschwörung Rokoff steckte. Ob nun aus Rache, weil Tarzan seine Pläne in der Vergangenheit so oft zunichte gemacht und ihn gedemütigt hatte, oder ob es in irgendeiner Weise mit seinem Auftrag bezüglich Gernois zu tun hatte, konnte er nicht sagen. Wenn letzteres zutraf, und das erschien glaubhaft, da er von Gernois’ Mißtrauen ihm gegenüber wußte, dann hatte er es mit zwei nicht zu unterschätzenden Gegnern zu tun, zumal sich viele Gelegenheiten ergeben würden, sich auf ihrem Weg ins tiefste Algerien eines
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