Tarzan 03 - Tarzans Tiere
halbes Dutzend Mosulas mitnahmen, die ihre Vorräte und die Zelte trugen, die Anderssen bei der Vorbereitung ihrer Flucht an Bord des kleinen Bootes geschmuggelt hatte.
Die Tage und Nächte voller Strapazen, die die junge Frau zu ertragen hatte, verschmolzen in ihrem Bewußtsein zu einem einzigen langen, grauenvollen Alptraum, so daß sie bald jegliches Zeitgefühl verlor. Sie konnte nicht sagen, wieviel Tage oder Wochen sie unterwegs waren. Der einzige Lichtblick in dieser Ewigkeit von Furcht und Leiden war das kleine Kind, das sie inzwischen fest ins Herz geschlossen hatte.
In gewisser Weise füllte es die schmerzende Leere, die die Entführung ihres eigenen Kindes hinterlassen hatte, und nahm dessen Platz ein. Natürlich konnte es nie dasselbe sein, dennoch umgab sie das kleine Ding jeden Tag mehr mit ihrer Mutterliebe, so daß sie manchmal mit geschlossenen Augen dasaß und sich ausmalte, dieses kleine Bündel Mensch sei wirklich ihr eigen Fleisch und Blut.
Eine Zeitlang kamen sie auf ihrem Marsch ins Landesinnere außerordentlich langsam voran. Ab und zu erreichte sie durch Eingeborene, die von der Küste zum Jagen landeinwärts streiften, die Kunde, daß Rokoff noch keine Kenntnis von ihrer Fluchtrichtung hatte. Diese Tatsache im Verein mit dem Wunsch, der zarten, schwachen Frau die Reise nach Kräften zu erleichtern, veranlaßte Anderssen zu einem langsameren Tempo in kurzen Etappen und mit vielen Ruhepausen.
Er bestand darauf, das Kind während des Marsches zu tragen, und achtete auch sonst in jeder Weise darauf, daß das ganze Unternehmen nicht allzu sehr über Janes Kräfte ging. Nach der Entdeckung, daß das Kind nicht ihres war, hatte er sich schwere Vorwürfe gemacht und sich allein die Schuld gegeben, aber da Jane sehr bald zu der Einsicht gelangte, daß seine Motive wirklich ehrenhaft gewesen waren, duldete sie nicht, daß er sich weiterhin grämte und unter dem Fehlgriff litt, den er beim besten Willen nicht hätte vermeiden können.
Am Ende eines jeden Tagesmarsches achtete er darauf, daß für sie und das Kind ein bequemer Unterschlupf errichtet wurde. Stets wählte er den günstigsten Platz für ihr Zelt aus. Die aus Dornengestrüpp errichtete Umzäunung war bei ihr stets am stärksten und so undurchdringlich, wie die Mosula sie nur zuwegebrachten.
Ihr Essen war das beste, was sich aus den begrenzten Vorräten und dank des Jagdglücks von Anderssen zubereiten ließ, doch was sie am meisten berührte, war die zuvorkommende Rücksichtnahme und Höflichkeit, die er ihr entgegenbrachte.
Sie wunderte sich immer wieder, wie sich hinter einem so abstoßenden Äußeren ein so gütiger und anständiger Charakter verbergen konnte, bis seine angeborene Rücksichtnahme, seine unermüdliche Fürsorge und sein Mitgefühl das äußere Erscheinungsbild dieses Mannes in ihren Augen soweit veränderten, daß sie bei ihm nur noch den ehrenhaften Charakter sah.
Sie kamen allmählich etwas schneller voran, als sie die Nachricht erreichte, daß Rokoff nur wenige Tagesmärsche hinter ihnen war und nun genau wußte, in welche Richtung sie flüchteten. Da wandte sich Anderssen zum Fluß und kaufte dem Häuptling eines Dorfes, das am Ufer eines Nebenflusses des Ugambi und nicht weit von diesem entfernt lag, ein Kanu ab.
Von nun an floh die kleine Gruppe den breiten Ugambi stromauf, und bald so schnell, daß sie nichts mehr von ihren Verfolgern hörten. Als sie die Stelle erreichten, wo der Strom nicht mehr schiffbar war, ließen sie ihr Kanu liegen und drangen in den Dschungel. Hier kamen sie wieder nur sehr mühsam und langsam vorwärts und waren mancherlei Gefahren ausgesetzt.
Am zweiten Tag nach Verlassen des Ugambi bekam das Kind Fieber. Anderssen war sich im klaren, was das bedeutete, hatte jedoch nicht den Mut, Jane Clayton die Wahrheit zu sagen, denn er hatte beobachtet, daß die junge Frau das Kind fast ebenso leidenschaftlich liebte wie ihr eigen Fleisch und Blut.
Der Zustand des Kleinen schloß einen Weitermarsch aus, deshalb bog Anderssen von dem Hauptweg ab, dem sie bis jetzt gefolgt waren, und errichtete auf einer natürlichen Lichtung am Ufer eines kleinen Flusses ein Lager.
Hier widmete Jane jede Minute der Fürsorge für den kleinen Kranken, doch als hätte sie nicht schon Sorgen und Ängste genug, erfolgte ein weiterer Schicksalsschlag in Gestalt der Meldung eines der Mosulaträger, der auf der Suche nach Eßbarem den umliegenden Dschungel durchstreift hatte. Danach lagerte Rokoff und seine
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