Tarzan 03 - Tarzans Tiere
hinbringen und Ihrem neuen Gatten zuführen – dem reizenden M’ganwazam. Geben Sie es mir!«
Er langte nach dem Kind. Jane stand jetzt und wandte sich von ihm ab.
»Ich werde es begraben«, sagte sie. »Schicken Sie ein paar Leute, die außerhalb des Dorfes ein Grab ausheben.«
Rokoff wollte die Sache schnell hinter sich bringen und mit seinem Opfer in sein Lager zurückkehren. Er glaubte, ihre Gleichgültigkeit als Schicksalsergebenheit deuten zu können. Außerhalb der Hütte gebot er ihr, ihm zu folgen, und bald darauf geleitete er sie mit seinen Leuten aus dem Dorf. Unter einem großen Baum huben die Schwarzen ein flaches Grab aus.
Jane wickelte den winzigen Körper in eine Decke, legte ihn sanft in das dunkle Loch und wandte den Kopf ab, um nicht mit ansehen zu müssen, wie die modrige Erde auf das armselige kleine Bündel fiel. Sie flüsterte ein Gebet am Grab des namenlosen Findelkinds, das sie so sehr ins Herz geschlossen hatte.
Dann erhob sie sich mit tränenlosen, doch leiderfüllten Augen und folgte dem Russen durch die pechschwarze Finsternis des Dschungels, immer den gewundenen, mit Laub bedeckten Pfad entlang, der vom Dorf des schwarzen Kannibalen M’ganwazam zum Lager Nikolas Rokoffs, des weißen Unholds, führte.
Im undurchdringlichen Dickicht neben ihnen, das den Weg säumte und sich über ihnen zu einem hohen Bogengang zusammenschloß, konnte sie immer wieder die leisen, gedämpften Schritte großer Tiere vernehmen. Ab und zu erscholl rings um sie herum das ohrenbetäubende Gebrüll jagender Löwen, daß die Erde unter ihnen bebte.
Die Träger entzündeten Fackeln und schwangen sie über ihren Köpfen, um die Raubtiere abzuschrecken. Rokoff drängte zu beschleunigtem Tempo, und an seiner zitternden Stimme erkannte sie, daß ihm vor Angst das Herz in die Hosen gerutscht war.
Die Geräusche der Dschungelnacht erinnerten sie lebhaft an die Tage und Nächte, die sie mit ihrem Waldgott, dem furchtlosen und unbesiegbaren Tarzan von den Affen, in einem ähnlichen Dschungel verbracht hatte. Damals war ihr jegliche Angst fremd gewesen, obwohl die Dschungelgeräusche für sie neu waren und Löwengebrüll ihr als der Laut erschien, der auf der ganzen Erde am meisten Ehrfurcht hervorrief.
Wie anders wäre alles jetzt, wüßte sie, daß er irgendwo in dieser Wildnis nach ihr suchte! Dann würde es sich lohnen, weiterzuleben, da sie Grund zu der Annahme hätte, daß Rettung nahe war – aber er war tot! Es war unglaublich, daß das so sein sollte.
Dieser mächtige Körper und die kraftvollen Muskeln schienen einfach nicht geschaffen für den Tod. Wäre Rokoff es gewesen, der ihr die Nachricht vom Tod ihres Gebieters überbrachte, so hätte sie gewußt, daß es eine Lüge war. Aber welchen Grund sollte M’ganwazam haben, sie zu täuschen, fragte sie sich. Sie wußte nicht, daß Rokoff wenige Minuten, bevor der Häuptling zu ihr kam, um ihr sein Märchen aufzutischen, mit ihm gesprochen hatte.
Schließlich erreichten sie die primitive Umzäunung aus Dornengestrüpp, die Rokoffs Träger um das Lager errichtet hatten.
Hier war alles in Aufruhr. Sie wußte nicht, was los war, sah jedoch, daß Rokoff fuchsteufelswild wurde, und erfuhr aus Gesprächsfetzen, die sie übersetzen konnte, daß in seiner Abwesenheit weitere Leute desertiert waren und sehr viel Lebensmittel und Munition mitgenommen hatten.
Als er seine Wut an den Dagebliebenen ausgelassen hatte, kam er wieder zu Jane, die von zwei weißen Seeleuten bewacht wurde. Er packte sie grob am Arm und wollte sie zu seinem Zelt ziehen. Sie wehrte sich und versuchte, sich zu befreien. Die beiden Seeleute sahen es und lachten amüsiert über das seltene Schauspiel.
Rokoff zögerte nicht, grobe Methoden anzuwenden, wenn sich ihm bei der Durchführung seiner Pläne Schwierigkeiten entgegenstellten. So schlug er Jane mehrfach ins Gesicht, bis sie schließlich halb bewußtlos in sein Zelt geschleift wurde.
Rokoffs Boy hatte die Lampe angezündet und verzog sich auf ein Wort seines Herrn. Jane war in der Mitte des Raumes zu Boden gesunken. Langsam kehrten ihre Lebensgeister zurück, und sie begann, blitzschnell zu überlegen. Sie ließ den Blick durchs Innere des Zeltes schweifen und erfaßte jede Einzelheit und jeden Gegenstand.
Der Russe stellte sie auf die Füße und versuchte, sie zum Feldbett zu schleppen, das an einer Seite des Zeltes stand. An seinem Gürtel hing ein schwerer Revolver. Ihre Augen hafteten einen Moment darauf. Es juckte sie, ihn an
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