Tarzan 04 - Tarzans Sohn
haben, denn sie hielten inne. Warum waren sie so ruhig? Warum begrüßte Korak sie nicht auf die gewohnte Weise? Die Ruhe war verdächtig. Dann folgte ein sehr leises Geräusch – einer von beiden kam zu ihr gekrochen. Wollte Korak nun seinerseits ihr einen Streich spielen? Dem würde sie zuvorkommen. Sie öffnete die Augen zu einem schmalen Schlitz, da blieb ihr vor Schreck das Herz stehen. Ein großes Affenmännchen, das sie nie zuvor gesehen hatte, kam lautlos auf sie zugekrochen. Ein weiteres Männchen folgte dichtauf.
Mit der Geschwindigkeit eines Eichhörnchens war Meriem auf den Füßen, und im gleichen Augenblick fiel der große Affe über sie her. Sie floh, von Ast zu Ast springend, durch den Dschungel, doch die zwei großen Affen blieben ihr auf den Fersen. Über ihnen folgte in rasendem Tempo ein Schwarm schreiender, schnatternder Meerkatzen und bedachte die Mangani mit Beschimpfungen und Schmähreden und das Mädchen mit ermutigenden Zurufen und Ratschlägen.
Von Baum zu Baum strebte Meriem in immer größere Höhen und auf dünnere Zweige, die das Gewicht ihrer Verfolger nicht tragen konnten. Immer schneller kamen die Affenmännchen hinterdrein. Immer wieder streckte der vorderste die Arme aus, um sie zu packen, und jedesmal konnte sie ihnen durch plötzliche Spurts oder riskante Sprünge über schwindelerregende Abgründe entrinnen.
Allmählich gelangte sie in eine so große Höhe, wo sie in Sicherheit sein konnte, aber da bog sich der schwankende Zweig, den sie nach einem besonders wagehalsigen Sprung gepackt hatte, unter ihrem Gewicht nach unten, schnellte jedoch nicht wieder nach oben, wie sie erwartet hatte. Noch vor dem berstenden Geräusch, das nun folgte, erkannte Meriem, daß sie seine Stärke überschätzt hatte. Zuerst gab er langsam nach, dann löste er sich krachend vom Stamm. Meriem ließ ihn los, fiel in das darunter befindliche Blattwerk und versuchte, einen neuen Halt zu finden. Sie fand ihn ein Dutzend Fuß unter dem abgebrochenen Ast. Viele Male war sie zuvor schon so gefallen, so daß sie sich deshalb nicht besonders ängstigte. Es war die Verzögerung, die sie am meisten beschäftigte, und zu Recht, denn kaum hatte sie wieder einen sicheren Platz gefunden, ließ sich der große Affe neben sie fallen, umfaßte ein großer behaarter Arm ihre Hüfte.
Fast zur gleichen Zeit war auch der andere Affe bei ihr. Er versuchte, Meriem zu packen, aber ihr Entführer schwenkte sie zur Seite, fletschte kampfwütig die Zähne und knurrte drohend. Sie versuchte, ihm zu entwischen, schlug gegen seine behaarte Brust und die von einem Bart bedeckte Backe und biß mit ihren kräftigen, weißen Zähnen in seinen zottigen Unterarm. Der Affe schlug sie böse ins Gesicht, dann mußte er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Kumpan zuwenden, der die Beute ganz offensichtlich für sich beanspruchte.
Der erste Affe konnte auf dem schwankenden Zweig nicht wirksam kämpfen, da er die widerstrebende, sich windende Gefangene halten mußte, deshalb ließ er sich schnell zu Boden fallen. Der andere folgte, und hier kämpften sie miteinander, wobei sie nur gelegentlich innehielten, um das Mädchen wieder einzufangen, die die Inanspruchnahme ihrer Widersacher durch den jeweiligen Gegner in jeder Weise ausnutzte und versuchte, ihnen zu entkommen; doch jedesmal holten sie sie wieder ein, und so befand sie sich bald in den Händen des einen, bald in denen des anderen, während sie trachteten, sich für die Beute gegenseitig in Stücke zu reißen.
Oft bekam sie viele Schläge ab, die eigentlich einem behaarten Gegner zugedacht waren, und einmal wurde sie niedergeschlagen und lag bewußtlos, während die Affen, die bei ihrer Auseinandersetzung nun nicht mehr durch das Einfangen des Mädchens gestört wurden, aufeinander losgingen, daß die Fetzen flogen.
Über ihnen schrien die kleinen Meerkatzen und huschten in einem Anfall hysterischer Erregung hin und her. Unzählige buntgefiederte Vögel flogen über dem Kampfplatz auf und ab und stießen heisere Schreie aus, um ihren Zorn und Trotz zu bekunden. In der Ferne brüllte ein Löwe.
Das größere Affenmännchen fügte seinem Gegner allmählich schwere Wunden zu. Sie wälzten sich beißend und schlagend auf der Erde. Dann stellten sie sich wieder auf die Hinterbeine und zogen und stießen einander wie menschliche Ringer. Doch immer kamen die riesigen Zähne zum Einsatz, bis beide Kämpfer und die Erde um sie herum rot von Blut waren.
Meriem lag die ganze Zeit still
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