Tarzan 04 - Tarzans Sohn
stand und ihrem heimkehrenden Gatten einen Willkommensgruß zuwinkte. Die Augen des Mädchens bekundeten jetzt mehr Furcht als in Gegenwart der fremden Männer oder wilden Tiere. Sie zögerte und blickte den Mann beschwörend an.
»Das ist meine Frau«, sagte er. »Sie wird sich freuen, dich willkommen zu heißen.«
Die Frau kam ihnen auf dem Weg entgegen. Der Mann küßte sie, dann wandte er sich an Meriem und machte die beiden miteinander bekannt, wobei er Arabisch sprach, damit das Mädchen ihn verstand.
»Das ist Meriem, meine Liebe«, sagte er und erzählte ihr die Geschichte des jungen Findelkindes, soweit er sie kannte.
Meriem fand, daß die Frau sehr schön aussah. Sie bemerkte die Güte und Sanftmut, die aus ihrem Gesicht sprach, und fürchtete sich nicht länger. Und als ihre kurze Geschichte zu Gehör gebracht worden war, die Frau die Arme um sie legte, sie küßte und »armer, kleiner Liebling« zu ihr sagte, da schnappte etwas in Meriems kleinem Herzen. Sie drückte ihr Gesicht an die Brust dieser neuen Freundin, in deren Stimme jener mütterliche Ton lag, den sie so viele Jahre nicht vernommen hatte. Sie hatte völlig vergessen, daß es so etwas gab, barg ihr Gesicht an dieser zärtlichen Brust und weinte, wie sie ihr ganzes bisheriges Leben nicht geweint hatte – Tränen der Erleichterung und grenzenloser Freude.
So kam Meriem, die wilde kleine Mangani, aus ihrem geliebten Dschungel in ein kultiviertes und elegantes Heim. Schon waren »Bwana« und »My Dear« – diese Anreden hatte sie zuerst gehört, und sie wurden auch weiterhin gebraucht – wie Vater und Mutter für sie. Nachdem ihre wilden Ängste geschwunden waren, verfiel sie in das andere Extrem, das von Zutrauen und Liebe. Nun war sie gewillt, hier zu warten, bis man Korak gefunden hatte oder er sie. Diesen Gedanken gab sie nicht auf – Korak, ihr Korak, kam stets an erster Stelle.
Kapitel 15
Und weit weg im Dschungel schwang sich Korak, mehrfach verwundet, steif von angebackenem Blut und erfüllt von brennendem Zorn und tiefer Sorge, auf der Spur der großen Paviane den Weg zurück. Er hatte sie dort nicht gefunden, wo er sie zuletzt gesehen hatte, auch nicht in irgendeiner ihrer üblichen Zufluchtsstätten, nun suchte er sie entlang der deutlich erkennbaren Spur, die sie hinterlassen hatten, und holte sie schließlich ein. Als er auf sie stieß, zogen sie langsam aber stetig in einer jener periodischen Wanderungen südwärts, deren Ursachen nur sie selbst am besten begründen können. Beim Anblick des weißen Kriegers, der mit dem Wind bei ihnen eintraf, verharrte die Herde auf den Warnruf des Auslugs hin, der ihn entdeckt hatte. Ein großes Knurren und Murmeln hub an und ein steifbeiniges Umherstelzen seitens der Männchen. Die Weibchen riefen die Jungen mit hohen, hysterischen Schreien zu sich und zogen sich mit ihnen in die Sicherheit hinter ihren Herren und Meistern zurück.
Korak rief laut nach dem König, der bei der vertrauten Stimme langsam nach vorn kam, noch immer mißtrauisch und steifbeinig. Es bedurfte erst der bestätigenden Witterung seiner Nase, ehe er wagte, sich allzu blindlings auf Ohren und Augen zu verlassen. Korak stand völlig still. Wäre er nach vorn getreten, so hätte er vielleicht einen sofortigen Angriff ausgelöst oder auch eine panische Flucht. Wilde Tiere sind die reinsten Nervenbündel. Es ist relativ einfach, sie in eine Art von Hysterie zu versetzen, die entweder tollwütige Mordlust auslösen kann oder eine ganz erbärmliche Feigheit – wobei natürlich die Frage ist, ob ein wildes Tier wirklich jemals ein Feigling ist.
Der Königsaffe näherte sich Korak, ging mehrfach in immer enger werdenden Kreisen um ihn herum und knurrte, grunzte und witterte. Korak sagte zu ihm:
»Ich bin Korak. Ich habe den Käfig geöffnet, in dem du gefangen warst. Ich habe dich von den Tarmangani gerettet. Ich bin Korak, der Killer. Ich bin dein Freund.«
»Huh«, grunzte der König. »Ja, du bist Korak. Meine Ohren haben mir gesagt, daß du Korak bist. Meine Augen haben mir gesagt, daß du Korak bist. Nun sagt mir auch meine Nase, daß du Korak bist. Die irrt sich nie. Ich bin dein Freund. Komm, wir wollen zusammen jagen.«
»Korak kann jetzt nicht jagen«, erwiderte der Affenmensch. »Die Gomangani haben Meriem geraubt. Sie haben sie in ihrem Dorf festgebunden. Sie wollen sie nicht gehen lassen. Korak allein konnte sie nicht befreien. Korak hat dich befreit. Wirst du nun dein Volk hinführen
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