Tascosa (German Edition)
Restaurant-Kleidung. Du kannst deine alten Sachen in deiner Freizeit
tragen, aber bei der Arbeit ziehst du dich ordentlich an, sonst gibt's
was!"
"Aha." Joey streichelte langsam über
die Ärmel von dem neuen Hemd und dachte darüber nach. "Ich glaube, Sie ham
Recht", nickte er schließlich mit beruhigtem Gewissen. Er stand auf und
zog das Hemd vorsichtig wieder aus.
"Was machst du?" fragte Amanda
erstaunt.
"Ich will keine Fettspritzer
drankriegen", erklärte er und schlüpfte schnell wieder in sein altes.
"Also gut." Amanda lachte über seine
Vorsicht. "Ach, und wenn du mal Zeit hast, geh rüber zu Mr. Garza. Ich hab
dir auch neue Schuhe gekauft, wusste aber die Größe nicht. Du kannst sie
aussuchen."
Joey wusste, dass Streit mit ihr zwecklos war,
nickte nur und stopfte sich das Spiegelei in den Mund.
* * *
Den Postkutschen-Imbiss bewältigten sie mit
dem übrig gebliebenem Roastbeef, Käse, Brot und Kaffee. Nach dem Mittagessen
nahmen sie die erste Schlafkammer in Angriff. Sie zogen alles Mögliche nach
draußen hinter die Küche. Joey machte das kleine Fenster ganz weit auf, damit die
schlechte Luft aus dem Raum zog. Bis auf einen schweren Bettrahmen, der an
einer Wand in der Mitte stand und eine alte, traurige Kommode in einer Ecke,
war der Raum jetzt leer.
Dann kümmerten sie sich um die zweite Kammer
und öffneten das Fenster. Amanda und Joey mussten mehrmals hin- und herlaufen,
bis sie leergeräumt war. Sie hatten keine Ahnung, was sie da alles hinaustrugen
— geheimnisvolle Kisten und Kästen voller Fragezeichen. Als die heiße,
schweißtreibende Arbeit schließlich getan war, setzten sie sich mit einem Glas
kühle Limonade an den Tisch und besprachen, was als nächstes zu tun war.
"Wir werden da drin alles gründlich
abschrubben müssen, vermutlich mit Bleichmittel, dachte sie laut. "Und
dann etwas Farbe, vielleicht."
"Was für ne Farbe?" fragte Joey.
"Welche Farbe gefällt dir?"
"Blau." Sagte er ohne zu zögern. Er
liebte Blau.
"Alles klar. Wenn ich blau finden kann,
kriegst du's. Du brauchst auch ein Bett."
"Ich kann am Boden schlafen. Ich bin's
gewöhnt."
"Wir werden sehn." Sie trommelte mit
den Fingern auf den Tisch. "Wir müssen draußen das Zeug aufräumen. Ich
denke, das meiste können wir verbrennen."
Nachdem sie sich ein bisschen ausgeruht
hatten, gingen sie nach draußen. Das meiste was sie rausgetragen hatten, waren
Zeitungen die schrecklich von Mäusen angefressen waren und alte von Motten
zerfressene Decken, und Dosen die so aufgebläht und verformt waren, dass Amanda
fürchtete sie würden platzen, wenn sie sie anfasste. In einer großen Kiste war
allerdings ein schöner hand-gemachter Sattel. Er sah ganz neu aus, obwohl sie
keine Ahnung hatte, wie lang er dort gewesen sein mochte. Sie zog ihn heraus
und trug ihn in die Küche.
"Möchte wissen, wem der gehört hat?"
sagte sie laut.
"Der gehört dir." Joey lächelte und
fuhr mit der Hand über das weiche Leder. "Das geht bestimmt in
Ordnung."
"Das ist in Ordnung. Den heben wir
auf. Vielleicht können wir ihn verkaufen und das Geld für den neuen Herd
nehmen."
* * *
Der Rest der Woche lief für Amanda nach Plan.
Sie öffnete mit Joey das Lokal für die Kutschen, die dreimal die Woche kamen.
Jeden Abend außer Montag und Dienstag boten sie Abendessen an. Und in ihrer
Freizeit ging's langsam in den Schlafkammern weiter. In seinem neuen Aufputz
stolzierte Joey herum wie ein Pfau und lief öfters durch den Speisesaal, damit
ihn die Gäste auch ja sehen konnten.
* * *
Am Freitagabend als es schon zu dämmern
begann, kam Brian durch die Restauranttür und wollte essen. "Wie geht's
meinem Lieblingsmädchen?" lächelte er, als er Amanda sah.
"Gut. Hallo Fremder." Sie führte ihn
zum Tisch. "Hoffentlich bist du hungrig."
"Bin am Verhungern." Er sah sich im
Lokal um, das voll besetzt war. "Sieht gut aus hier."
"Es ist richtig gut gelaufen. Bring dir
gleich Kaffee und das Essen."
Noch bevor sie in der Küche war, waren draußen
auf der Straße Schüsse zu hören. Ein Cowboy krachte durch die Eingangstür. Er
blutete am Bein und schwang sein Gewehr. Plötzlich schlugen Kugeln durch die
Fensterscheiben und Amanda sah, wie Glassplitter im Licht der Abendsonne
glitzerten, als sie durch die Luft flogen.
Alle suchten schnell Deckung und krochen unter
die Tische. Sie waren daran gewöhnt, dass hier die Fehden mit dem Gewehr
geklärt wurden. Alle — außer Amanda.
Wie angewurzelt stand sie verwirrt mitten
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