Tascosa (German Edition)
verfallen und hast sofort gewusst, dass es
so sein muss?"
"Einmal bin ich in 'n Kaktus gefallen.
Bin ziemlich sicher, dass das nicht so sein musste." Er zuckte noch
beim Gedanken daran. Als Nate zu seinem Witz nix sagte, wurde er ernst.
"Sie ist ne prima Frau, soweit ich das seh. Hat doch ein gutes Geschäft
angefangen." Er zog die Schultern hoch. "Warum kannst du nicht da Geld
verdienen?"
"Ein Mann darf nicht von seiner Frau
leben. Nicht dieser Mann, jedenfalls."
Darauf konnte Randy nichts erwidern. Er dachte
genauso.
In dem Moment, kam der Vorarbeiter angeritten.
"Tratscht ihr Weiber den ganzen Tag, oder verdient ihr noch euern
Unterhalt?"
"Okay, Boss." Nate zügelte sein
Pferd, um noch ein Kalb aus der Herde zu holen.
* * *
Die Cowboys hatten einen ganzen Tag hart
gearbeitet und belagerten dann zum Essen die Küchenbaracke. Danach standen
Randy, Bill und Nate am Korral und rauchten in aller Ruhe vor dem
Schlafengehen. Die Mondsichel hing tief über dem Horizont im Osten, während der
Himmel im Westen noch rosarot gestreift war und ein paar ganz helle Sterne über
ihnen funkelten. Hinter der Scheune heulte ein Hund und antwortete dem fernen
Gesang eines Coyoten.
"Ich hab über deine Lage
nachgedacht", sagte Randy als er das Zigarettenpapier ableckte. Die Armee
in Fort Sill sucht Wrangler um Pferde einzureiten. Da könnten wir hingehn und
unser Glück versuchen.
"Wir?" In der hereinbrechenden Nacht sah Nate seinen Freund an. Ein Pferd wieherte
leise und schubste Nate am Ellbogen auf der Suche nach einem Apfel oder
Zuckerwürfel.
"Ja, wir", antwortete Bill. "Du
glaubst doch nicht, dass wir dir allein den Spaß lassen, oder? Zudem juckt's
mich, ich brauch ein Abenteuer. Ich steck hier schon verdammt lang fest."
"Lasst mich mal drüber nachdenken",
sagte Nate und streichelte dem Pferd die weiche Nase. Und er lächelte in sich
hinein.
In derselben Nacht, bevor die Lichter
ausgingen, schrieb Nate einen Brief an den Stallmeister von Fort Sill und
fragte, ob sie Arbeit für drei Wrangler aus Texas hätten. Er steckte ihn in den
Briefkasten an der Tür und ging ins Bett.
Kapitel 10 — Schießerei
Als Joey am Montag früh durch die Hoftür kam,
hatte Amanda schon Kaffee gemacht.
"Hungrig?" fragte sie.
"Könnt was essen."
Während sie Frühstück für sie beide machte,
ging Joey zum Regal und holte zwei Teller raus. Er stellte sie auf den Tisch
und fand ein Päckchen, das mit Zwirn zugebunden war.
"Was ist das?"
"Mach's auf, dann siehst du's."
Amanda schaute ihm vom Herd aus zu. Garza hatte ihr das Päckchen am Tag zuvor
gebracht. Nachdem Joey ein paar Minuten frustriert versucht hatte, die Knoten
aufzumachen, zog er schließlich sein Messer aus der Scheide und schnitt den
Faden durch. Er faltete vorsichtig das braune Papier auseinander und starrte
erst auf den Inhalt und dann zu Amanda.
"Was…? Is das für mich?" Der junge
Mann nahm ein fertig gekauftes Hemd heraus und schüttelte die Falten ab.
"Es is blau!"
"Gefällt's dir? Hoffentlich passt es. Oh,
Mist! Der Speck brennt an." Als sie sich zum Herd zurückwandte,
entblätterte Joey sich schnell aus seinem alten Hemd und zog das neue über. Er
sah an sich hinunter und streckte die Arme aus. Die Ärmel waren etwas zu lang,
aber so schnell wie er zurzeit wuchs, wusste er, dass das Hemd in ein paar
Monaten passen würde.
"Du meine Güte! Siehst du aber flott
aus!" rief Amanda und weckte ihn damit aus seiner Träumerei. Sie stellte
die Bratpfanne auf den Tisch und nickte. "Da ist noch mehr."
"Was?" Joey drehte sich um und da
erst bemerkte er ein zweites Hemd und, darunter, ein paar Hosen. "Ich — ich
kann nicht so viel bezahlen. Ich hab nur das Geld, das Sie mir gegeben
haben."
"Joey, du musst das nicht bezahlen. Ich
hab es für dich gekauft."
"Ich kann das nicht annehmen." Joey
schüttelte den Kopf, traurig, dass er sein neues Hemd zurückgeben müsste.
"Warum denn nicht?"
"Weil ich so erzogen bin, niemals Almosen
anzunehmen. Ich kann für mich selbst sorgen."
"Almosen? Joey, das ist kein
Almosen." Sie setzte sich hin und tätschelte den Stuhl an ihrer Seite.
"Setz dich und hör zu." Als er sich hingesetzt hatte, fuhr sie fort,
"ich führe ein Geschäft. Richtig?"
"Richtig."
"Und du arbeitest hier für mich.
Richtig?"
"Richtig."
"Ich kann's nicht zulassen, dass du wie
ein Depp in Lumpen aussiehst. Was sollen meine Gäste denken? Sie werden denken,
dass bei uns das Essen, das Geschirr, einfach alles so aussieht. Also, das ist
deine
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