Tastenfieber und Liebeslust
des Pergamonmuseums mit falschen Eintrittskarten täuschen und anschließend ein Restaurant der Oberklasse dann verlassen, wenn wir das gute Mittagessen mit einem Chablis heruntergespült, die Speisen weitgehend verdaut und den Zahlkellner mit einem Hinweis auf zwei Al Quaida-Koffer, je einer in der Damen- und der Herrentoilette, von albernen Rechnungslegungen abgelenkt haben.
Nach der Heimfahrt, bei der ich einem kleinbürgerlichen Kontrolleur mit dramatischen und überzeugenden Worten schildere, dass wir uns zwar in guter Hoffnung auf dem Wege zur Gynäkologie des weltberühmten Professore befinden, uns aber wegen der Notlage kein Ticket kaufen konnten, ruhen wir uns aus. Danach prüfen wir gut erholt alle Möglichkeiten zur Schädigung der verhassten, kapitalistischen, bundesrepublikanischen Gesellschaftsordnung zu prüfen, wobei wir immer wieder von Neuem feststellen, dass wir mit einem illegalen Geldtransfer in das benachbarte, uns und dem Geld freundlich gesinnte Ausland unseren edlen politischen Motiven am ehesten gerecht werden könnten.
Nachdem wir während eines Spaziergangs bei herrlichem Sonnenuntergang mit unserem geliebten Hund vor dem Abendessen noch einige kleinere Scheckbetrügereien durchgeführt und drei übergewichtige Schlipsträger um ihre Bankkarte inkl. Geheimnummer erleichtert haben, feiern wir mit zartesten Garnelen und saftigen Steaks, mit Sekt, Wein und Whisky in bester Stimmung und enthusiastisch unseren Tageserfolg, wobei wir uns ausgelassen langsam vom Speisezimmer in das Schlafzimmer begeben. Über alles Weitere schweigt des hochmusikalischen Sängers Höflichkeit.
Das laute und rüde Klingeln und Klopfen am frühen Morgen beendet eine traumhafte Nacht. Schicksalsergeben stelle ich mich einer Übermacht von uniformierten Häschern in der Gewissheit, dass Neid und Missgunst der Kleinbürger dem Henker das Scharfbeil sicher und zielgerichtet führen werden. Auf meinem Grabstein werden meine Kinder in ehernen Lettern die Worte einmeißeln lassen:
›Des Morgens schon um achte trank Eva roten Wein und lachte!‹
16. Juli – 06:26 Uhr
Am 11. Juli schriebst Du mir: »Ich werde nach Dir auch keine Frau mehr ansehen.« Am 12. Juli kam diese Nachricht: »Ich habe mal eine Anzeige aufgegeben. Die erste meines Lebens!«
Sicher wirst Du verstehen, dass ich mit einem Mann, der seine Versprechen so schnell vergisst, niemals Zechprellerei oder Scheckbetrügereien unternehmen würde. Versprechen über das Teilen des Raubzuges wären auch am nächsten Tag vergessen. Da kann man nicht mehr vertrauen.
Eva
16. Juli – 09:58 Uhr
Du alte Reichsbedenkenträgerin!
Bevor es zum Streit über die Aufteilung der Beute kommen kann, hat mir der Scharfrichter doch schon längst den Kopf vor die Füße gelegt. Du sackst ohnehin alles ein! Außerdem bin ich, wie Du weißt, an Geld nicht interessiert. Ich wäre doch mit dem Hundefutter zufrieden gewesen.
Dein Schlitzohr
16. Juli – 12:36 Uhr
Um 6.26 Uhr versendest Du Mails! Da ich weiß, dass Du keine Frühaufsteherin bist, musst Du ja die ganze Nacht auf Achse gewesen sein und hast mir in Deiner unendlichen Güte und Zuneigung vor dem Schlafengehen noch die Mail gesandt.
Was hast Du denn die ganze Nacht gemacht? Hast Du Dich mit Deinen kriminellen Gelüsten neuerdings auf Raubzüge im Dunkel und im Schutz der Nacht verlegt? Hast Du einen neuen Partner, der Dich auf seine nächtlichen Einbruchstouren mitnimmt? Ich bin enttäuscht! Nun meidest Du nicht nur mich, sondern auch die Schönheit der Sonne und die Klarheit des Lichts! Es wird böse mit Dir enden!
Dein Schlawiner
16. Juli – 14:56 Uhr
Es kommt immer mal wieder vor, dass ich sehr früh wach werde. In der Tat bin ich nun also schon seit 6 Uhr auf. Claudio genießt die ganz frühen morgendlichen Spaziergänge immer sehr. Heute ist es ziemlich heiß. Wünsche Dir trotzdem einen schönen Tag.
Eva
16. Juli – 15:15 Uhr
Ich habe bald frei und überlege angestrengt, was ich mit dem angebrochenen Abend machen könnte. Hast Du eine pfiffige Idee?
Vom Schlingel ein kleines und unverfängliches
Küsschen hinters Ohr.
16. Juli – 18:38 Uhr
Komme gerade aus der Stadt zurück. Es ist total schwül. Auf Ischia hätte es längst ein krachendes Gewitter gegeben, einen erlösenden Regensturz! Und dann ist die Luft wie neugeboren. Ich bin ziemlich lethargisch, sodass ich über gar keine Ideen verfüge, und über pfiffige schon gar nicht.
Eva
16.
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