Tastenfieber und Liebeslust
hatten, wieder mit Dir im Bett landen. Auch hier sind wir leider so unterschiedlich. Ich suche nichts Praktisches. Wir haben nun genug darüber geredet. Jetzt Kopf hoch!
Du wirst die Frau finden, die ebenso veranlagt ist wie Du, und dann gibt es weniger Streit oder Auseinandersetzung und Nachdenken und Gefühlsgewitter wie mit mir.
Abends gehe ich in den PianoSalon. Darf ich Dir dann Claudio anvertrauen?
Eva
PS: Ich danke Dir, dass Du so taktvoll warst, Dich nicht über meine Altersdefekte auszulassen und an meiner Figur herumzunörgeln. Das verbindet uns. Ich habe mich ja auch niemals über Deine Altersdefekte beklagt. Oder siehst Du nie in den Spiegel?
24. Juli – 00:17 Uhr
Mein Liebling,
eben hörte ich Rachmaninows II. Klavierkonzert. Wunderschöne Musik! Ich würde, als dummer, ungebildeter Kleinbürger, sagen: Sphärisch aus einer anderen Welt! Du spielst großartig. Mein Kompliment! Ich habe Deine Leidenschaft vor Augen, wie ich sie – von woanders her kenne. Ich werde mir die CD gern noch einmal oder mehrere Mal anhören, erbitte aber dazu etwas Hintergrundwissen.
Du alter Nörgelpeter! »Falls sie denn je da war«! Typisch Evachen! Genauer sollte es heißen: Falls sie denn bei meinem geliebten kleinen Evachen je da war! Du hast doch immer rumgezweifelt und nicht ich! Ich hatte Dich, wie Du mehrfach zu Deinem eigenen Erstaunen einräumen musstest, und was Dir absolut neu war, für immer und ewig gesehen, als Lebenspartner, Teil meiner Familie. Aber, mein Liebling: Du wolltest es ja nicht!
Sei einfach mir und Dir gegenüber ehrlich!
Du hast mich nach dem Bett süchtig gemacht. Auf Zigaretten und Alk kann ich leichter verzichten als darauf. Vielleicht finde ich eine Frau dafür. Aber diese wird nicht wie Du sein, und Du wirst mir immer fehlen. Wahrscheinlich werde ich bei der anderen auch immer nur an Dich denken. Wir beide, mein Liebling, haben immer noch alle Zeit der Welt! Denke daran! Ich freue mich jedenfalls sehr, wenn ich Dich dauernd sehen kann, wenn ich Dich dabei – fast wie ein Bruder – berühren kann. Diese Berührung, Deine Haut und Deine Wärme möchte ich nicht missen.
Bis morgen – Dein Schlingel
24. Juli – 01:38 Uhr
Ich freue mich, wenn Dir Rachmaninow gefällt. Ja, es ist ein herrliches, tief empfundenes Werk. Wenn Du im IN nachsiehst, wirst Du vieles darüber finden.
Nur zur Korrektur: Ich habe nicht an meiner Liebe zu Dir gezweifelt und sie Dir in vielen Facetten gezeigt. Ich konnte nur nicht sagen: ›Dich für immer und ewig, mein Lebenspartner.‹ Wie kann man so etwas ernsthaft sagen? Na ja, irgendwann mehr darüber.
Schlaf schön.
Eva
24. Juli – 10:56 Uhr
Carissima,
es geht doch nicht ums Sagen: Es geht um das Wollen!
Schau Dir doch die vielen Paare an, die heiraten. Sie dokumentieren nach außen und untereinander, dass sie zusammenbleiben wollen. Die sind auch nicht blöde und wissen, dass viele Ehen später wieder geschieden werden. Aber erst mal muss der eindeutige Wunsch dahinterstehen, dass man zusammenbleiben will. Das kann man sehr wohl ernsthaft sagen. Sagt man etwas nicht, meint man es auch nicht (anders herum geht es aber: Nicht alles, was gesagt wurde, meint man wirklich).
In Deinem Fall: Du genießt die Zeit mit mir, schon wissend und einkalkulierend, dass diese Zeit früher oder später beendet sein wird. Dieses tief im Unterbewusstsein oder auch in höheren Hirnregionen angesiedelte Wissen führt dazu, dass man eben leichter die Beziehung gefährdet, keine Kompromisse eingeht, um die Partnerschaft zu erhalten, den anderen öfter als notwendig und mit leichter Hand verletzt, weil einem gerade danach zumute ist, man sich nicht ändern will – denn wozu, man ist mit sich im Prinzip zufrieden, und die Partnerschaft endet doch ohnehin irgendwann. Man entschuldigt sich nicht, wenn der andere verletzt wurde, man toleriert kleinere oder größere Marotten nicht etc. Insoweit hatten meine Freunde schon recht, wenn sie sagten:
»Sie müssen es aber auch wollen«.
Damals, als ich zum ersten Mal diesen Satz hörte, habe ich auch gelächelt. Aber heute ist mir klar, dass dieser kurze Satz viel Lebensweisheit in sich birgt.
Es gibt für Deine Einstellung wohl nur zwei Erklärungsformen. Entweder ich war für Dich zwar ganz nett, aber doch nicht der Traummann, den Du Dir erhofftest und zu dem Du bereit gewesen wärest, ›Lebenspartner‹ zu sagen, oder Du suchst gar keinen Lebenspartner, sondern nur eine aufregende,
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