Tastenfieber und Liebeslust
vielleicht sogar rauschhafte Beziehung, die, solange sie hält, genossen wird, aber wie alle anderen vorangegangenen auch nur von zeitlicher Dauer ist. So mein Liebling: Das war das Wort zum Wochenende! Ich freue mich, Dich nachher wiederzusehen.
Dein Schlingel
24. Juli – 12:02 Uhr
Normalerweise heiratet man in der Jugend, und da sehen Lebenseinsichten anders aus als mit 63.
Markus wollte ich für immer und ewig. Da war ich 20. Als ich heiratete, war ich 26, und überzeugt, dass ich mit Milan mein ganzes Leben zusammenbleiben würde. Ludwig und ich wollten ein großartiges Musikerpaar werden – für immer. Da war ich 37. Dann ging mir der Glaube ›für immer und ewig‹ verloren.
Was heißt das denn: ›zeitliche Dauer‹?
Alle Beziehungen sind von zeitlicher Dauer! Immerhin dauerten sie bei mir länger als bei Dir. Ich war 24 Jahre verheiratet! Ich weiß längst, dass ich nur sagen kann: Jetzt will ich, weil ich Dich jetzt liebe. Ewige Liebe kann man nur seinen Kindern schwören. Und dieser Schwur ist nicht willentlich, sondern tiefer angesiedelt. Alles andere ist Fiktion. Und ich kann mir vorstellen, dass Du nach zukünftigen Erfahrungen (die Du vielleicht wirklich machen musst) meine Ansicht einmal teilen wirst.
Ich meine, dass man seine Gefühle nicht unter ein selbst auferlegtes Diktat stellen kann, dass man bei dem Entschluss ›für immer‹ dem anderen vielleicht sogar größere Verletzungen zufügen kann. Es hat auch etwas mit Respekt dem Partner gegenüber zu tun, ihm nicht etwas zu versprechen, was man vielleicht nicht halten kann. Auch hier denke ich, wirst Du meine Ansicht einmal teilen können.
Mein ›Traummann‹ (diesen Begriff benutze ich nie ernsthaft) bist Du nicht, weil unsere Unterschiede zu groß sind, weil mir die innere Betroffenheit von Kunst bei Dir fehlt, Du eine andere, für mich oft begrenzte Wahrnehmung hast und anders denkst und fühlst, ein ausgeprägter Pragmatiker und Theoretiker bist.
Aber ich erlebte immer wieder eine so große innere Verbundenheit und Zusammengehörigkeit zwischen uns, dass ich glaubte, dies alles überbrücken zu können. Ich war trotzdem sehr glücklich mit Dir.
Doch, doch! Ich wünsche mir einen Geliebten, einen, der mein Wesen versteht und meine Empfindungen teilen kann.
Ich habe große Sehnsucht nach Geborgenheit. Aber wenn er sagen würde: ›Du für immer und ewig‹, ginge meine Skepsis schon wieder los. Das Leben hat seine Spuren bei mir hinterlassen. Bei uns allen. Warum fällt mir die Trennung von Dir nur so schwer – auch wenn ich sie wünsche und Dir vielleicht gerade jetzt dankbar sein muss, dass Du derjenige bist, der in dieser Abschiedsphase stur bleibt.
Deine Eva
24. Juli – 13:54 Uhr
Mein liebes Evamäuschen,
in manchem hast Du ja recht. Man kann nichts erzwingen, schon gar nicht Gefühle. Aber dennoch gilt, dass man dann, wenn man etwas hat, sich entscheiden muss, ob man es behalten will!
Natürlich ist nichts und niemand perfekt. Einen Traummann, nennen wir ihn mal so, der die gleiche Sensibilität in der Kunst hat und mit Dir dort übereinstimmt, schaut vielleicht – wenn er noch jung genug und gesund ist – kleinen Mädchen hinterher (auch Viagra-Freunde wie Dein Alberto sollen das ja machen), er ist vielleicht geizig, cholerisch, hat Achselschweiß oder einen dicken Bauch. Er trägt eventuell Altlasten mit sich herum. Vielleicht ist er egoman und versagt im Bett. Tausend Möglichkeiten!
Mein liebes Evachen: Das, was Du wünschst, gibt es doch gar nicht! Also muss man Kompromisse (zusätzlich zur Liebe oder wegen der Liebe) machen. Aber das ist nicht Deine Stärke! Wenn man eine gewisse Altersweisheit hat, weiß man das alles. Man hat dann genug Erfahrung, hat zig oder Hunderte von potenziellen Partnern gesehen und festgestellt, dass dieser aus jenen Gründen und jener aus diesen Gründen doch nicht das Gelbe von Ei ist.
Ich bin nicht stur. Jetzt, nachdem wir die Auseinandersetzung wieder aufgenommen haben, noch viel weniger. Aber wenn wir überhaupt eine Chance haben sollten, müssen wir uns über alles klar sein, und uns über alles ausgesprochen haben. Denn sonst fängt das Ganze in zwei Wochen oder zwei Monaten wieder von Neuem an. Das ist der Grund, warum ich so ›stur‹ bin.
Vielleicht sollten wir uns doch nach anderen Partnern umsehen, vor allem Du. Und falls wir dann in einem halben Jahr festgestellt haben, dass wir niemanden gefunden haben, mit dem wir uns in ähnlicher
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