Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
ich starre einfach zurück. Will hat gerade fast alle Leute in dieser Kantine gescannt – insgesamt mehrere Hundert. Außer bei mir, der Kantinenfrau und einer Handvoll anderer hat das Gerät bei allen rot aufgeleuchtet. Ganz offensichtlich geht es nicht darum, ob jemand männlich oder weiblich, schwarz oder weiß, jung oder alt ist. Aber worum geht es dann? Vielleicht ist es eine biologische Markierung? Eine genetische Sache? Doch wahrscheinlich ist sogar das zu einfach. Die Erfindungen von meinem Dad sind rettungslos kompliziert. Manchmal brauche ich Tage, um sie auseinanderzunehmen und seine verschlüsselten Computerdateien durchzugehen, bis ich ihre Geheimnisse enthüllt habe. Aber als ich Christina ansehe und mich frage, was sie – und auch fast alle anderen – von mir unterscheidet, da weiß ich, dass ich nicht aufgeben werde, bis ich es herausgekriegt habe.
Sobald ich diesen Tag hinter mich gebracht habe – idealerweise ohne noch mehr Aufmerksamkeit auf mich oder auf den Scanner zu ziehen –, werde ich mich an die Arbeit machen.
FÜNF
Ich bin gerade dabei, mir eine Pommes von Will zu schnorren, als ich eine Stimme höre, die mich innerlich erschaudern lässt.
»Das Spielzeug sieht ja cool aus.« Mr Lamb steht in seiner fleckigen Hose direkt neben unserem Tisch. Meine Hoffnung, mich unauffällig verhalten zu können, ist zunichte. Er hat wohl heute Pausenaufsicht.
»Das sieht ja aus wie ein Handdetektor«, meint er.
Ich funkele Will an, der sich gerade hinsetzt. Auf seinem Gesicht sehe ich Bedauern. Christina greift nach meiner Hand und ich halte sie fest. Sie könnte genauso gut auch eine Hab-ich-es-dir-nicht-gesagt-Haltung einnehmen, aber stattdessen ist sie genau hier bei mir.
Mr Lamb sieht mich erwartungsvoll an. »Wo hast du das her?«
»Das ist der neue Controller für meine Spielkonsole«, behaupte ich. »Ich hab ihn mitgebracht, um ihn meinen Freunden zu zeigen.«
Will nickt mir kaum merklich zu. Er wird mit mir untergehen, wenn es sein muss. Ich bete nur, dass er nichts Wildes sagt oder zu viel verrät.
Mr Lamb zieht eine Augenbraue hoch, bis in die Nähe seines schwindenden blonden Haaransatzes. Das Spiel beginnt. »Wirklich? So einen hab ich ja noch nie gesehen.«
Bevor ich ihn daran hindern kann, nimmt er den Scanner in die Hand und untersucht ihn. »Ich hab es nicht so mit Computerspielen, ob ihr es glaubt oder nicht.« Wieder entblößt er seine Zahnlücke.
»Tatsächlich, Mr Lamb?«, fragt Will mit übertrieben unschuldigen, großen Augen. »Ich hatte Sie für den totalen Ninja-Zocker gehalten.«
Mr Lambs Lächeln wird nachsichtig. »Na ja, vielleicht hab ich das ein oder andere Spiel gespielt. Genug, um zu wissen, dass das Teil hier brandneu sein muss!«
Er fuchtelt mit dem Scanner herum, als ob er ein leichter Säbel wäre. Christina neigt den Kopf, und ihre Schultern erbeben vor leisem Lachen, weil er wie eine erstklassige Marionette aussieht. Ich wünschte, ich könnte das auch so lustig finden. Aber in diesem Moment will ich einfach nur, dass er Dads Erfindung wieder hinlegt und verdammt noch mal verschwindet.
»Für welches System ist das Ding denn?«, fragt Mr Lamb. »Es sieht gar nicht aus wie von Nintendo oder einem der anderen.«
»Es ist ein Zubehör für PlayStation 2, das es nur in limitierter Auflage gibt«, behauptet Christina. »Für ein neues Spiel.«
Mr Lambs Augen flackern auf, als er zu ihr hinabblickt, aber ich kann nicht erkennen, wieso. »Gibt es denn da irgendeine Verbindung zum wahren Leben, Ms Scolina?«, fragt er. »Ich meine, weil es auf seine Umwelt reagiert, obwohl es gar nicht an ein System angeschlossen ist.«
Er schaltet den Scanner ein und fährt damit über meinen Kopf, woraufhin blaues Licht über den gesamten Tisch strahlt. Und dann über seine eigene Brust.
Rot.
In meinem Hirn dreht sich alles. »Es ist nur Ihr standardmäßiges, konsolenbasiertes MMORPG , Mr Lamb.« Ich wedele mit der Hand vor dem Scanner herum und sträube mich gegen den Impuls, ihn an mich zu reißen und loszurennen. »Sie wissen schon: so ein Online-Rollenspiel. Sie … laden die Ergebnisse auf das System und … sammeln Punkte für Ihren Charakter …«
Scheiße. Ich hätte das Christina überlassen sollen, sie hat sich gut geschlagen, aber ich klinge bloß wie ein verdammter Idiot.
»Bis zum Sommer gibt es die Teile überall«, sagt Will so laut, dass sich am Tisch hinter ihm alle umdrehen, um zu glotzen.
Am liebsten würde ich ihm meine Sportsocken in den
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