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Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)

Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)

Titel: Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jury , S.E. Fine
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daran, dass er sich immer mehr für meinen Dad zu interessieren scheint als für mich.
    Es gibt nur wenige Dinge, die ich mehr hasse.
    Und tatsächlich, kaum dass ich auf meinem Platz in der ersten Reihe sitze und meinen Notizblock rausgeholt habe, da steht Mr Lamb auch schon vor meinem Tisch. Er ist merkwürdig groß, hat eine Hakennase und schütteres Haar. Er sieht aus wie eine Mischung aus Mensch und Geier.
    »Wie war dein Wochenende, Tate?«, fragt er.
    Er hat einen Fleck auf seiner dunklen Hose, genau neben seinem Hosenschlitz. Als ich den Kopf hebe, sehe ich, dass er auf mich herabgrinst. Zwischen seinen Schneidezähnen hat er einen ganzen Millimeter Platz, und ich merke, dass ich Lust hätte, sie ihm einzuschlagen.
    »Unspektakulär, Mr Lamb«, antworte ich.
    Mit einem schmuddeligen Fingernagel schiebt er sich die Brille hoch, während sein freundliches Lächeln langsam skeptisch wird. »Ausgeschlossen. Ich weiß doch, dass du ein Turnier hattest! Will hat es letzte Woche erwähnt. Ist dein Dad mitgegangen?«
    Dafür muss ich mich noch bei Will bedanken, wenn ich ihn beim Mittagessen sehe. Vielleicht, indem ich ihm die Hand verdrehe oder ihm mit der flachen Hand einen Schlag verpasse. Ich liebe den Kerl. Er ist schon mein bester Freund, seit wir im Kindergarten waren. Aber er weiß nie, wann er besser den Mund halten sollte.
    »Nein, mein Dad hat gearbeitet.« Ich schaue hinüber zur Uhr und hoffe, dass es endlich klingelt, sodass ich von den langsamen Todesqualen dieser Unterhaltung erlöst werde.
    Und weil heute mein Glückstag ist, passiert genau das, als Mr Lamb gerade den Mund aufmacht, um eine weitere Frage zu stellen. Er hält inne, den Mund schon zum nächsten Wort geformt. »Tate, kannst du nach vorne gehen und die Gleichungen für schwache und strikte Dominanz an die Tafel schreiben?«, sagt er stattdessen.
    Ja, ja, das kann ich. Nur zu gern mache ich das. Mr Lamb ist ein Kriecher, ein unterwürfiges Werkzeug, aber mit Spieltheorie kennt er sich aus – wahrscheinlich weil es dabei nicht um richtigen Spaß geht. Es geht um mathematische Gleichungen, die Konflikte und Zusammenarbeit im wahren Leben abbilden, aber das ist okay für mich. Die nächsten vierzig Minuten verliere ich mich in iterativer Eliminierung dominierter Strategien. Ein Nash-Gleichgewicht erreiche ich genau in dem Moment, in dem mein knurrender Magen mich aus meiner Konzentration reißt.
    Sobald es zum Mittagessen klingelt, trifft mich die Erinnerung an das, was ich Christina sagen muss, wie einer von Chicãos raffinierten Ellbogenstößen vor die Brust. Wie ein wandelnder Toter schleppe ich mich in die Cafeteria. Ich stehe so neben mir, dass ich Christina nicht einmal registriere, als sie mit ihrer besten Freundin Lisa und einem Pulk anderer Mädels aus ihrem Fußballteam hereinkommt; jedenfalls nicht, bis sie sich bei mir einhakt und meinen Arm drückt. Die Berührung ist wie ein kleines Wunder, als ginge bloße Euphorie mit einem Ruck durch mein Nervensystem. Mit einem süßen Lächeln auf dem Gesicht sieht sie zu mir hoch, und da beschließe ich auf der Stelle, dass ich diese Unterhaltung mit ihr erst später führen kann. Schließlich sind wir mit unseren Freunden zusammen und das Mittagessen ist für uns alle wie eine Oase in der Wüstenlandschaft Schule. Dreißig Minuten flirten und lachen, eine halbe Stunde entkommen.
    Lisa und die anderen verwenden ein paar Minuten darauf, Tickets für den Abschlussball zu kaufen, während Christina und ich uns schon mal für das Mittagessen anstellen, bevor die Schlange zu lang wird. Ich habe unsere Tickets letzten Freitag gekauft, sofort nachdem sie gesagt hatte, dass sie mit mir hingeht.
    Wir belegen unseren üblichen langen Tisch. Obwohl wir die Ersten dort sind, rutschen wir so dicht zusammen, dass ihre Brust meinen Arm berührt, als sie sich zu mir dreht und fragt: »Wie war dein Tag so bisher?«
    Ich grinse. »Nichts, verglichen mit jetzt.« Damit beuge ich mich vor, um ihr blitzschnell einen Kuss zu geben.
    Doch in dem Augenblick tippt mir jemand auf den Arm – ein kleiner Junge, der seine Hand schnell zurückzieht, als hätte er all seinen Mut zusammennehmen müssen, um die Hand auszustrecken und meine Aufmerksamkeit zu erregen. Er sieht aus, als wäre er zehn Jahre alt. Mit Sicherheit ist er neu an der Schule. Er hat ein Mondgesicht und eine beinahe nach oben weisende Stupsnase und sieht mich an, als wäre ich ein Rockstar.
    »Hey«, sage ich.
    »Ähm, hallo«, antwortet er und

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