Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
oder auf irre Weise paranoid ist.
»Wir sind hier sicher und wir haben unsere Freiheit.« Er zeigt mit einem dicken Finger auf meine Mom. »Mal sehen, wie viel Freiheit uns der Kern lässt, wenn sie diese Technologie ausbauen und rauskriegen können, wo wir alle sind.«
Bei seinen Worten kribbelt es unangenehm auf meiner Haut, denn erneut erinnere ich mich daran, wie ich im Labor meines Vaters stand und auf den Bildschirm mit den hoch- und runterzuckenden Bevölkerungszahlen starrte … Was, wenn mein Dad die Technologie schon ausgebaut hat ? Was hat er getan?
Meine Mutter macht eine wegwerfende Handbewegung. »Mit der Macht und den Waffen, über die Black Box inzwischen verfügt, können wir …«
»Brayton Alexander übernimmt seit Jahren Regierungsaufträge! Deshalb bin ich weggegangen!«, brüllt Rufus, wobei blaue Venen auf seiner Stirn hervortreten. »Wenn er das Ding in die Finger kriegt, verkauft er es ihnen wahrscheinlich!«
Meine Mutter trägt seinen Ausbruch mit Fassung. »Du weißt doch genau, dass er nur das verkauft, wozu er vom Vorstand autorisiert wurde. Auf diese Weise kennen wir ihr Potenzial und bleiben in der Lage, ihnen etwas entgegenzusetzen.«
»Klug ist das nicht!«, ruft er und scheint sich dann wieder zu fangen. Er verschränkt die Arme vor seiner sich hebenden Brust. »Fred muss es leid gewesen sein. Vermutlich ist er deswegen von Black Box weggegangen. Hab ich recht?«
Moms Lippen werden zu einer strammen Linie.
Rufus knurrt. »Dachte ich mir«, sagt er mit ruhigerer Stimme. »Fred und ich sind uns ähnlich. Er hat die H2 gehasst. Und er wusste, dass Brayton nur auf Profit aus war.« Er sieht mich an. »Brayton Alexander interessiert es nicht, dass er ein Mensch und kein H2 ist. Er interessiert sich nur für Geld und Macht.«
»Fred hat Brayton nicht getraut«, sagt meine Mutter, doch dann bricht sie ab. Sie erzählt nicht, was Brayton gestern getan hat, vielleicht, um zu vermeiden, dass Rufus wieder aufbraust.
Doch er ignoriert sie jetzt und spricht nur noch mit mir. »Das liegt daran, dass dein Vater klug war. Du hast das Richtige getan, als du hierhergekommen bist, statt zu Brayton zu rennen. Und als du um den Scanner gekämpft hast, statt ihn dem Kern zu überlassen. Du bist ein tapferer junger Mann«, sagt er zu mir und tätschelt seinen Bauch, als sei er das Familienhaustier. »Und jetzt, da wir ihn haben, können wir so viel damit anfangen.« Seine Augen haben dasselbe kalte, eifrige Flackern wie Braytons.
Mom sieht es. »Rufus …«, sagt sie mit leiser, zögerlicher Stimme.
» Alle Menschen haben das Recht zu erfahren, dass sie eine vom Aussterben bedrohte Spezies sind«, sagt Rufus und bedenkt sie mit einem warnenden Blick. »Und sie haben das Recht zu entscheiden, was sie deswegen unternehmen wollen. Diese Technologie könnte ihnen das Wissen und die Macht verschaffen.«
Ich stimme Rufus beinahe zu. Doch wenn man danach geht, was passiert ist, seitdem Race Lavin von der Existenz des Scanners erfahren hat, dann denke ich, dass mein Vater recht hatte, ihn geheim zu halten. Denn wenn der Scanner immer noch ein Geheimnis wäre, dann wäre Dad noch am Leben, und Christina wäre unversehrt und gesund. Er würde immer noch daran arbeiten, ihn als »Schlüssel zu unserem Überleben« einzusetzen – was immer das auch bedeuten mag. Jetzt fällt mir diese Aufgabe zu und ich will ihn nicht enttäuschen.
Rufus steckt den Scanner wieder in den Rucksack und ich will schon fast danach greifen. Doch die Zwillinge starren mich mit wachsamer Neugierde an. Ich würde es nicht einmal bis zur Tür schaffen, wenn ich jetzt versuchen würde, mit dem Ding abzuhauen.
»Eure Telefone, bitte«, sagt Rufus, wobei sich sein Ton augenblicklich von kompromisslos in heiter verändert und klarmacht, dass die Unterhaltung beendet ist. »Wir werden sie an einem sicheren Ort aufbewahren, bis ihr so weit seid, uns wieder zu verlassen. Hier draußen gibt’s eh keinen Empfang.«
Meine Mutter nickt mir zu und rückt ihr Telefon raus, also folge ich ihrem Beispiel und gebe Rufus auch Dads Telefon.
Rufus lässt beide in ein Rucksackfach fallen. »Ihr müsst ganz schön hungrig sein«, sagt er dann und zaubert ein fröhliches Lächeln auf sein Gesicht. Dann ruft er einem der Zwillinge zu: »Paul, sag in der Küche Bescheid, sie sollen den Speisesaal noch eine halbe Stunde offen lassen.«
»Ja, Sir«, erwidert Paul. Wenig später höre ich, wie er durch den Flur trampelt.
»Wir haben eine
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