Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
den anderen. »Ich helfe heute beim Abendessen«, sagt sie.
»Ja? Kannst du gut kochen?«
Sie schenkt mir ein strahlendes Lächeln. »Kartoffelpüree kann ich gut.«
Ich lege eine Hand auf meinen Magen und sehe sie bedauernd an. »Normalerweise könnte ich eine Tonne davon verdrücken, aber mein Magen fühlt sich irgendwie …«
Sie verzieht das Gesicht. »Oh. Alles klar mit dir?«
Ich zucke die Schultern und ziehe eine Grimasse. »Ich weiß auch nicht, vielleicht hab ich was Falsches gegessen oder so. Auf jeden Fall könnte ich eine … weiß auch nicht … Magentablette oder so vertragen. Habt ihr hier eine Apotheke?«
Und dann gibt mir die kleine Theresa, was ich will. Ihr Blick huscht zu einem zweistöckigen Gebäude am südöstlichen Ende der Lichtung hinüber, etwa zweihundert Meter vom Haupteingang entfernt und nahe der Stelle, an der die Jungs mit den Angelruten im Wald verschwunden sind. »Hm … ich könnte dir vielleicht … ein Medikament bringen, oder?«
Ich lächele sie an. »Damit würde es mir sicher gleich wieder besser gehen.«
Sie sieht mich mit demselben gefühlsduseligen Blick an, den ich dieses Jahr schon in den Gesichtern einiger neuer Schülerinnen gesehen habe. »Ich bin gleich wieder da!«, kündigt sie an, als sie die Stufen runterhüpft und direkt auf das Gebäude zurennt, das sie eine Sekunde zuvor angestarrt hat.
Ich beobachte Theresa, bis sie durch die Vordertür des Gebäudes verschwindet, und gehe dann rein, um mit meiner Mom zu sprechen.
SECHZEHN
Meine Mutter sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an, als ich durch die Tür trete.
»Heute Abend gibt’s Kartoffelpüree«, sage ich.
»Ich hoffe, bis dahin geht es deinem Magen besser«, antwortet sie und wirft einen Blick auf das alte Radio auf dem Tisch. Wahrscheinlich vermutet sie dort das Überwachungsgerät.
Ich nehme mir ein Handtuch und einen Satz Kleider. »Ich geh mal duschen.«
Ich gehe ins Badezimmer, das ziemlich schlicht gehalten ist, bloß eine Toilette mit Spülkette, ein Waschbecken und eine Duschkabine. Ich stelle das Wasser an – und setze mich dann auf den geschlossenen Toilettendeckel und warte. Meine Mutter klopft an und kommt eine Sekunde später herein. Sie schließt die Tür hinter sich. Wahrscheinlich ist das hier der einzige Ort, an dem wir nicht abgehört werden.
»Ich denke, ich hab rausgekriegt, wo die Klinik ist. Wenn es Christina besser geht, können wir dann gehen?«, frage ich.
Meine Mutter bedenkt mich mit einem mitleidigen Blick. »Sie wird mehr als eine Stunde brauchen, um sich zu erholen, Tate«, sagt sie mit sanfter Stimme.
Meine Fäuste verkrampfen sich. »Was, wenn sie wach wird und aus Versehen ausplaudert, dass sie H2 ist oder so?«
»Ich halte Christina für klüger.«
»Ich muss zu ihr. Diese Leute sind unheimlich. Man merkt ja, dass sich Rufus mit Technologie auskennt. Wieso ziehen sie sich dann so an und verhalten sich so, als ob sie irgendwo in der Prärie leben würden?«
»Rufus ist entschlossen, seine Familie vor der Welt zu schützen. Durch Isolation und Uniformität fällt es ihm leichter, sie zu kontrollieren.«
»Im Grunde sind die Bishops also nicht nur eine Familie, sondern eine Sekte.« Und meine verletzte H2-Freundin ist ihnen schutzlos ausgeliefert.
»Ich fürchte, du hast recht.« Zögernd berührt meine Mutter meine geballte Faust, als wolle sie mich entspannen. »Ich schwöre dir, Tate, ich tue, was ich kann. Es tut mir leid, dass er den Scanner genommen hat. Wir kriegen ihn wieder zurück.«
Ich betrachte die Hand meiner Mutter auf meiner und spüre die Freundlichkeit dieser Geste, aber auch ihre Kraft. Ich löse meine Finger und ihre Hand fällt seitlich ab. »Ich weiß, Mom, ich glaube es dir.« Dann kommt mir etwas anderes in den Sinn, als ich darüber nachdenke, wie altmodisch Rufus und seine Familie sind. »Sag mal, heißt irgendeiner von den Bishops Josephus?«
Sie runzelt die Stirn. »Nicht, dass ich wüsste. Warum?«
»Dad hat jemanden namens Josephus erwähnt. Ganz am Ende. Als wäre er wichtig.«
Sie wird ganz still. »Erzähl mir, was er genau gesagt hat.« Nachdem ich die letzten Worte meines Vaters wiederholt habe, sagt sie: »Unter den Fünfzig gibt es niemanden, der so heißt. Bist du sicher, dass ›Josephus‹ eine Person ist?«
Ich schüttele den Kopf. »Davon bin ich ausgegangen, aber … ich schätze, das war nicht so schlau. Hat er dir gegenüber jemals diesen Namen erwähnt?«
»Nein. Aber dein Vater und ich haben in den
Weitere Kostenlose Bücher